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Ein Museum der deutschen Satire

Marc von Lüpke-Schwarz31. Oktober 2012

Deutsche haben nicht nur Sinn für Humor, sondern sogar ein ganzes Museum voll mit Karikaturen. Das Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zeigt, was Deutsche lustig finden. Jetzt feiert das Museum seinen 75. Geburtstag.

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Eine Szene aus "Max und Moritz" (1865) gehört zu den Werken des Künstlers Wilhelm Busch, die vom 31. Oktober in einer Ausstellung im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover präsentiert werden. 120 Exponate aus Buschs rund 50-jähriger Schaffenszeit sollen unter dem Titel "Wilhelm Busch - populär und unbekannt" zu sehen sein - darunter zahlreiche bislang unveröffentlichte Exponate. Foto: Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst _ Wilhelm Busch dpa/lni (zu lni "Wilhelm-Busch-Werke aus 50 Jahren Schaffenszeit" vom 20.10.2010) (Achtung Redaktionen: Nur zur redaktionellen Verwendung bei vollständiger Nennung der Quelle "Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst _ Wilhelm Busch") +++(c) dpa - Bildfunk+++
Wilhelm-Busch-AusstellungBild: picture-alliance/dpa

Mit dem deutschen Humor ist es angeblich so eine Sache – so manches Klischee spricht den Deutschen gar die Fähigkeit zur Heiterkeit ab. Dass dem nicht so ist, beweist ein kleines Juwel unter den deutschen Museen: das Wilhelm-Busch-Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover. Wohl an keinem anderen Ort in Deutschland konzentriert sich so viel Humor, Scharfsinnigkeit und Gesellschaftskritik.

Über 35.000 Karikaturen aus vier Jahrhunderten gehören bereits zum Fundus – Tendenz steigend. In diesem Jahr feiert das Museum sein 75-jähriges Jubiläum. Grund genug, eine reiche Auswahl der schönsten Werke des Hauses zu zeigen. Der Titel der großen Sonderausstellung lautet "Karikatur und Zeichenkunst". Für Lachen, das einem mitunter im Halse stecken bleibt, ist gesorgt, denn es sind Zeichnungen von Größen des 19. Jahrhunderts wie Wilhelm Busch und des 20. Jahrhunderts wie Marie Marcks, Tomi Ungerer und Robert Gernhardt ausgestellt. Und natürlich darf auch die Speerspitze des feinen, deutschen Humors nicht fehlen: der im vergangenen Jahr verstorbene Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot .

Loriot, um 1965: "Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen schlafen Frauen schwerer und später ein als Männer" © Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst, 2012
Loriot, um 1965Bild: Wilhelm Busch-Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst

Die Ausstellung erhellt auch die Anfänge der Bildsatire: Abbildungen hochkarätiger Künstler wie William Hogarth, der im 18. Jahrhundert mit beißender Ironie seine englischen Landsleute karikierte, finden sich ebenso wie Werke des spanischen Künstlers Francisco de Goya, der mit seiner Serie aus der Zeit von 1800 bis 1814 "Desastres de la Guerra" wie kaum ein anderer den Terror des Krieges illustrierte. Ebenso treibt der französische Meisterkarikaturist Honoré Daumier, ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert,in der Ausstellung seines kritisches "Unwesen".

Wilhelm Busch zum Gedenken

Das Karikaturen-Museums gibt es ausgerechnet seit 1937, mitten in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte. Es geht auf die Initiative der 1930 gegründeten Wilhelm-Busch-Gesellschaft zurück, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Werk des Künstlers zu erhalten, zu erforschen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die jüdischen Mitglieder der Wilhelm-Busch-Gesellschaft bekamen bald nach 1933 zu spüren, dass sie in Deutschland nicht mehr willkommen waren. Die Nazis streckten ihre Hand auch nach dem weltberühmten Humoristen Wilhelm Busch aus, um ihn und sein Werk für ihre Zwecke propagandistisch zu missbrauchen. Einige der in dieser Zeit erworbenen Bilder stammen übrigens aus jüdischem Eigentum – das Karikaturen-Museum bemüht sich um eine Klärung der ursprünglichen Besitzverhältnisse.

Szene aus "Das Bad am Samstagabend" von Wilhelm Busch: "Jetzt will der Fritz beim Untertauchen, nur seinen einen Finger brauchen." Permalink:http://www.zeno.org/nid/20004610865 Lizenz:Gemeinfrei Kategorien:Literatur
Szene aus "Das Bad am Samstagabend" von Wilhelm Busch: "Jetzt will der Fritz beim Untertauchen, nur seinen einen Finger brauchen."

In Hannover wird der größte Teil des Werkes Wilhelm Buschs aufbewahrt und in Auszügen ausgestellt. Neben den bis heute populären Arbeiten wie Max und Moritz befinden sich dort unter anderem 50 weitere seiner Bilderhandschriften, über 350 Ölgemälde sowie knapp 900 Briefe. In der NS-Zeit und während des Zweiten Weltkriegs kam zunächst der Erhaltung von Buschs Lebenswerk eine besondere Bedeutung zu. Nur dank einer Auslagerung im Jahre 1943 blieb die Sammlung von Zerstörung durch Bombardierungen verschont.

Deutsches Karikaturen-Museum

Vom braunen Mief konnte sich das Museum befreien – und entwickelte sich vom reinen "Wilhelm-Busch-Museum" zu einem bedeutenden Ausstellungs- und Sammlungsort für nationale und internationale Karikatur, kritische Grafik und Zeichenkunst. 1956 zeigte man beispielsweise zum Beispiel die Ausstellung "Amerikanische Karikaturen". Über den Standort des Museums hätte der "Vater" der frechen Lausbuben Max und Moritz, Wilhelm Busch, wohl erstaunt die Augenbrauen gehoben. Denn das Museum residiert seit 1950 in einem prachtvollen frühklassizistischen Prunkbau: dem Wallmodenpalais, oder auch Georgenpalais inmitten des wunderschönen Georgengartens in Hannover. Das Karikaturen-Museum bietet somit neben seinen Exponaten auch für Architekturliebhaber eine sehenswerte Anlaufstelle.

Das Wallmodenpalais, errichtet von 1779 bis 1782, ist seit 1950 Sitz des Deutschen Karikaturen-Museums © Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst, 2012
Das Wallmodenpalais, errichtet von 1779 bis 1782, ist seit 1950 Sitz des Deutschen Karikaturen-MuseumsBild: Wilhelm Busch-Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst

Mit der gleichzeitig zur Jubiläumsausstellung eröffneten Schau "Bildrollen und Manga" wird das Museum auch dem Bereich "Zeichenkunst" gerecht und schlägt sehenswert eine Brücke zur ostasiatischen Zeichenkunst und ihrer Rolle in Europa. Für das nächste Jahr sind zwei Ausstellungen geplant, die sowohl die erwachsenen als auch die jüngeren Besucher ansprechen werden: Nick Knatterton aus der Feder von Manfred Schmidt und der Grüffelo werden 2013 in Hannover zu sehen sein. Bis dahin ist mit der Jubiläumsausstellung "Karikatur und Zeichenkunst" für Unterhaltung und Erheiterung gesorgt. Ergänzt wird die Schau durch einen Katalog, in dem man die schönsten Bilder daheim in Ruhe Revue passieren lassen kann – und wahrscheinlich auch beim wiederholten Betrachten immer wieder Schmunzeln muss.

Hinweis zum Katalog:

Karikatur & Zeichenkunst. Katalog zur Ausstellung. Hrsg. von Gisela Vetter-Liebenow, Verlag Hirmer, München 2012, 288 Seiten mit über 250 Abbildungen, 39,90 € (ISBN: 978-3-7774-5511-2)