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Harmonie-Gipfel

Christoph Hasselbach13. Dezember 2012

Zwei große Streitpunkte sind ausgeräumt, die Staats- und Regierungschefs können über die Arbeit der kommenden Monate nachdenken. Ausnahmsweise herrscht mal ein wenig vorweihnachtliche Harmonie.

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Merkel und Hollande lächeln Photo: Reuters
Bild: Reuters

Der Gipfel beginnt diesmal unter guten Vorzeichen. Mit Entscheidungen zur europäischen Bankenaufsicht und zur jüngsten Griechenland-Hilfe haben die Finanzminister zwei wichtige Probleme schon kurz vorher ausgeräumt, die sonst den Gipfel belastet hätten. Die Einigung zur Bankenaufsicht war nur durch einen französisch-deutschen Kompromiss zustandegekommen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande lobte bei seiner Ankunft in Brüssel ausdrücklich die deutsche Seite: "Es gab die Befürchtung, als würde Deutschland die Bankenunion verzögern, aber es ist ja nicht so gekommen, und ich danke der deutschen Regierung."

Merkels großes Thema: Wettbewerbsfähigkeit

Jetzt können sich die Staats- und Regierungschefs weiteren Zukunftsprojekten widmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: "Wir haben noch viel Arbeit zu leisten, vor allen Dingen, die wirtschaftliche Koordinierung zum Zwecke der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone voranzubringen." Die Wettbewerbsfähigkeit ganz Europas, das ist Merkels großes Thema.  In vielen Vorschlägen sieht sie eher eine Ablenkung von diesem Ziel. Dazu gehören auch einige Punkte im Papier von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und der Kommission. Darin taucht erneut die Idee einer Schuldenvergemeinschaftung auf - für Merkel ein rotes Tuch, weil sie meint, dadurch nehme der Konsolidierungsdruck ab. Auch den Vorschlag eines eigenen Haushalts nur für die Euro-Länder fasst die Bundesregierung mit spitzen Fingern an. Berlin kann sich solche Haushaltsmittel nur als Anreiz für Reformen in einzelnen Ländern vorstellen, nicht aber zur Abfederung allgemeiner Härten.

Cameron und Hollande im Gespräch Photo: Reuters
Mehr oder weniger Integration? Cameron (li) und HollandeBild: Reuters

Cameron will weniger Europa

Alle Vorschläge laufen aber auf mehr Abstimmung, Zusammenarbeit und Integration hinaus. Die lehnt der britische Premierminister David Cameron allerdings rundheraus ab. Trotzdem kann er der Debatte über die Zukunft der EU etwas abgewinnen. "Wir werden nicht Teil dieser Integration sein. Aber die Veränderungen geben uns die Möglichkeit, uns für die Dinge einzusetzen, die wir von Europa wollen, und für uns mehr herauszuholen." Ob sich die anderen auf solche britischen Versuche einlassen werden, ist eine ganz andere Frage. Doch Cameron gilt ohnehin als Außenseiter, man erwartet zur Zeit nicht viel von ihm.

Junckers geistreiche Bemerkungen

Insgesamt gilt der Gipfel schon vorher als Harmoniegipfel, weil die großen Streitpunkte vorher ausgeräumt wurden. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker warnt dagegen in seiner unnachahmlichen Art vor übereilten Schlussfolgerungen: "Ich bin ein erfahrener Gipfelstürmer, und ich weiß deshalb, dass man Gipfel nicht im vorauseilenden Schreibensgehorsam erwähnen, sondern sich immer nur im Moment der Autopsie dazu äußern soll." Juncker will als Eurogruppenchef möglichst bald aufhören. Wenn er geht, wird man ihn nicht nur wegen seiner Fachkenntnis, sondern auch wegen seiner geistreichen Bemerkungen vermissen.

Juncker legt sich Schal um Photo: AFP/Getty Images
Juncker mag keinen "vorauseilenden Schreibensgehorsam".Bild: AFP/Getty Images