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Ein deutsch-arabisches Bildungsabenteuer

13. März 2012

Im Juli 2011 startete der Studiengang "Internationales Bildungsmanagement" der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Helwan Universität Kairo. Jetzt geht das Studium in seine zweite Phase.

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Eröffnungszeremonie des Studiengangs International education management (INEMA) an der Universität Ludwigsburg. (Foto: Universität Ludwigsburg)
Bild: Universität Ludwigsburg

Als das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit 2007 den ersten bi-kulturellen Studiengang "Integriertes Wasserressourcenmanagement" ins Leben gerufen hat, rechnete wohl kaum einer mit dem enormen Erfolg des Projekts.

Seitdem starteten drei weitere deutsch-arabische Programme ihre akademische Laufbahn. Ziel ist es, "Reformmanager" auszubilden, die in Zukunft auf beiden Partnerseiten Projekte - besonders der deutschen Entwicklungszusammenarbeit - verantwortlich betreuen können.

Enge Verquickung von Theorie und Praxis

Je zehn deutsche und arabische Studierende eröffneten im Oktober 2011 gemeinsam mit ihren deutschen und ägyptischen Dozenten gespannt das Vorzeigeprojekt. Nach erstem Kennenlernen begann das akademische Programm, das neben Bildungs- und Management-Komponenten einen besonderen Wert auf die Vermittlung interkultureller Kompetenzen legt.

Hierfür wird vorteilhaft immer wieder die Praxis der berufserfahrenen Studierenden zur Erschließung der Theorie herangezogen. Besonders der berufliche Erfahrungshorizont der Teilnehmer ist dafür gewinnbringend:

"Die Studierenden sollen ihr Wissen aus dem Arbeitsalltag im Studium nutzen, die Studieninhalte sollen aber für sie auch direkt auf ihrer Arbeitsstelle umsetzbar und nützlich sein", sagt Gerd Schweizer, Leiter der Instituts für Bildungsmanagement in Ludwigsburg und deutscher akademischer Kopf des Studiengangs.

Gleiches gilt für die im Studiengang gelebte Interkulturalität, die auch fächerübergreifend immer wieder thematisiert wird. "Anwendungsorientierung" ist hier das Leitmotto, das als Prinzip über allen Inhalten steht.

Zwei arabische und eine deutsche Studentin in einem Hörsaal an der Universität Ludwigsburg (Foto: Universität Ludwigsburg)
Gelebte Interkulturalität: Studierende des Programms "Internationales Bildungsmanagement" in LudwigsburgBild: Universität Ludwigsburg

Pioniere im interkulturellen Grenzgebiet

Nicht nur die Teilnehmer trauen sich dafür in kulturelle Grenzgebiete: Auch die Dozenten stehen vor ganz neuen Herausforderungen. So sollen die Module immer in einem deutsch-ägyptischen Lehrertandem gelehrt werden. Es kostet viel Zeit und Absprache, die teilweise sehr unterschiedlichen Lehr-Mentalitäten und -Erfahrungen in einen gemeinsamen Rahmen zu bringen. In diesem Punkt sind sich beide Seiten einig. Die von Unsicherheit und überraschenden Veränderungen geprägte Situation in Kairo trägt weiter dazu bei, dass von allen Seiten viel Flexibilität gefordert wird.

Interkulturalität könnte man auch mit "Herausforderung" übersetzen. Das dürfen nicht nur die Initiatoren des Studiengangs, sondern alle Beteiligten immer wieder lernen. Gerd Schweizer muss lächeln: "Ohne ein bisschen Pioniergeist kann man so ein Projekt nicht starten. Da funktioniert auch mal etwas nicht wie am Schnürchen. Von uns allen wird viel Pragmatismus und Kreativität gefordert, aber darin liegt ja auch das Spannende. Gerade im Unvollkommenen entdecken wir viel Potential".

Schweizer hat, wie die meisten deutschen Dozenten, bereits in einem ähnlich konzipierten deutschen Studiengang für Bildungsmanagement Erfahrung in der Materie gesammelt. Neu ist die Zusammenarbeit zwischen zwei Universitäten und zwei kulturellen Räumen. Da kommt es schon vor, dass die unterschiedlichen Einschreibungsformalitäten an den Universitäten mehr Zeit in Anspruch nehmen als die ersten Hausarbeiten.

Ferienlager-Atmosphäre

Für solche Fälle gibt es aber sowohl auf Seiten der Studierenden, als auch bei den Dozenten, echte kulturelle Grenzgänger, die sicher zwischen dem deutschen und dem ägyptischen Kontext wechseln und bei Missverständnissen helfen können. Dr. Manar Omar ist so ein Fall. Die Ägypterin hat unter anderem in Gießen und Tübingen studiert, spricht fließend und akzentfrei Deutsch, und unterrichtet "Cross-Cultural Competencies" - ein Fach, das ihr sichtbar Spaß bereitet.

Begeistert läuft Manar Omar zwischen ihren Studierenden hin und her und folgt den immer sehr lebendigen Diskussionen gespannt, fast euphorisch: "Hier stellt man eine Frage und die Debatte läuft wie von selbst. Die Studierenden sind sehr offen dafür, voneinander zu lernen und zu profitieren."

Die Unterrichtssprache ist zwar Englisch, aber diskutiert wird je nach Sprachkenntnissen der Beteiligten in einem "babylonischen Mischmasch" aus Deutsch, Arabisch, Englisch und - dank der libanesischen Teilnehmer - auch mal auf Französisch.

Daher erlebt man das anspruchsvolle und dichte Programm immer ein wenig wie ein Ferienlager: Die Themen aus dem Unterricht werden ins gemeinsame Hotel und zum Abendessen mitgenommen und morgens im Unterricht weiter reflektiert. Lernen, das haben die Studierenden hier schnell bemerkt, hört nie an den Türen des Lehrsaals auf.

Aktuell läuft die Bewerbungsphase für die zweite Runde von INEMA. "Wir hoffen natürlich, dass sich wieder viele engagierte und neugierige Bewerber finden, die mit uns auf diese Abenteuerreise gehen wollen", meint Schweizer. Die Studierenden des ersten Jahres stehen dabei gespannt Pate. "Unsere Feedbacks fließen immer sofort in die Umsetzung der nächsten Aufgaben ein", sagt Iris Grobenski, eine Teilnehmerin erster Stunde, "so gestalten wir den weiteren Prozess mit. Es ist eine großartige Chance dabei zu sein."


Autorin: Hanna Labonté
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de