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Politik

Edel Rodríguez: Der Künstler, der Trump ärgert

Evan Romero-Castillo
12. Dezember 2018

Für ihn sind Bilder politisch und können mehr bewirken als Texte. Im DW-Interview spricht Edel Rodríguez über seine international bekannten Karikaturen - und seine Erfahrungen als kubanischer Flüchtling in den USA.

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Edel Rodríguez, US-Künstler | Galerie Affenfaust
Bild: DW/E. Romero-Castillo

Deutsche Welle: Herr Rodríguez, viele Menschen haben Sie durch Ihr Titelbild für das deutsche Wochenmagazin "Der Spiegel" vom 4. Februar 2017 entdeckt: Zu sehen war Donald Trump, der den Kopf der Freiheitsstatue mit durchgeschnittener Kehle in der Hand hält. Was bedeutet diese Illustration für Ihre Karriere?  

Edel Rodríguez: Meine frühere Illustration "Meltdown", die am 22. August 2016 auf dem Cover des "Time"-Magazins erschien, war schon ziemlich umstritten, aber die Illustration, auf die Sie sich beziehen, schlug zehn Mal stärker ein. Es war dieses Cover für den Spiegel, das mich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellte und die "Washington Post" dazu brachte, über meine Biografie und nicht nur über meine Arbeit zu schreiben. Ich wusste, dass das Bild von Trump mit dem Kopf der Freiheitsstatue sehr stark war, aber ich hätte mir die heftigen Reaktionen, die es dann ausgelöst hat, nicht vorstellen können. Die Trump-Anhänger waren sehr wütend… 

Viele Exil-Kubaner in Miami, die Trumps Politik gegen die kubanische Regierung unterstützen, waren auch verärgert. Ist das für Sie ein Problem?

Manchmal. Aber ich bin nicht daran interessiert, für die eine oder die andere politische Partei zu kämpfen. Ich möchte die Ereignisse von außen betrachten und dokumentieren, was vor sich geht. Ich bin gegen Autoritarismus jeglicher Art und gegen totalitäre Ideen - ob sie von links oder von rechts kommen. Trotz aller Unterschiede spielt Trump für mich allerdings in einer Liga mit Fidel Castro, insbesondere beim Thema Menschenrechte. Mit anderen Worten: Ich habe keine Angst vor der Provokation.

Vor vier Jahren haben Sie an einer Kunstausstellung in Kuba teilgenommen. Glauben Sie, dass Sie dort jemals wieder ihre Arbeiten ausstellen dürfen? Das umstrittene kubanische Dekret 349 verbietet jede künstlerische Aktivität, die nicht explizit von der Regierung genehmigt wurde. 

Die kubanische Regierung kontrolliert bereits das gesamte Kulturleben. Kubanische Künstler müssen zum Beispiel jeden Scheck, den sie aus dem Ausland bekommen, in staatlichen Ämtern gegen Bargeld umtauschen. In meinen Augen ist das sogenannte Dekret 349 nur ein neuer Anstrich für viele Mechanismen der Kontrolle, die es schon seit langer Zeit gibt. Ich beklage das, aber das grundsätzliche Problem ist das derzeitige Regime und sein System. Wir müssen jene Kubaner unterstützen, die dafür kämpfen, dass sich die Dinge grundlegend ändern.

Deutschland Titelseite DER SPIEGEL - mit Donald-Trump-Karikatur
Titelbild des Magazins "Der Spiegel" vom 4. Februar 2017Bild: DER SPIEGEL/Handout via Reuters

Welche Rolle spielt Ihre Erfahrung als Flüchtling für Ihre gezeichneten Kommentare zum politischen Geschehen in den USA? 

Ich arbeite seit über 20 Jahren für die "New York Times" und zeichne meine politischen Kommentare in Form von Illustrationen. Aber meine Arbeiten sind in letzter Zeit wegen ihres herausfordernden Charakters stärker beachtet worden. Meine Illustrationen sind keine lustigen Cartoons, sondern Bilder, die zusammenfassen, was viele Menschen im Sinn haben, aber nicht sagen - weil sie es nicht wollen oder nicht wissen, wie man diesen Gedanken artikuliert. Ich versuche auch, eine Lücke zu füllen, die viele Illustratoren in den USA offen gelassen haben, weil sie sich nicht an heißen Themen die Finger verbrennen wollen.

Ich kam als Flüchtlingskind mit acht Jahren in die USA und erhielt die US-Staatsbürgerschaft, als ich 20 war. Die Tatsache, dass Trump jetzt nach Gründen sucht, um selbst eingebürgerte Amerikaner abschieben zu können, gibt meinen Illustrationen sicher eine schärfere Note.

Sehen Sie eine Gefahr wegen Ihrer exponierten Haltung?

Viele fragen mich schon, ob ich demnächst wohl abgeschoben werde. Ich glaube es eigentlich nicht, aber ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich mir überlegte, ob ich selbst auf Inlandsreisen in den USA meinen Pass einstecken sollte. Oder ob ich bei meiner Rückkehr aus Deutschland bei der Einreise in die USA Ärger bekomme. Wenn ich mir schon solche Gedanken mache, wie fühlen sich dann erst diejenigen, die keine US-Staatsbürgerschaft haben? 

Als Bürger der Vereinigten Staaten habe ich aber das Recht, meine Meinung frei zu äußern. Und ich werde gerade jetzt nicht die Klappe halten. Meine Familie und ich haben Kuba wegen der fehlenden Meinungsfreiheit verlassen. Und in gewisser Weise schützt mich meine Bekanntheit auch ein wenig. Das gilt für viele Künstler, wie beispielsweise auch für Ai Weiwei in China.

Was motiviert Sie beim Malen und Illustrieren - und was sind die Vorteile der bildenden Kunst für politische Botschaften?

Man muss überall Widerstand leisten gegen autokratischen Populismus und Faschismus. Denn diese Gefahr wächst nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland und in anderen europäischen Ländern. Diejenigen von uns, die Freiheit schätzen und gegen institutionalisierten Rassismus und andere Formen der Diskriminierung sind, diejenigen von uns, die eine moderne und offene Welt bevorzugen, müssen nach vorne treten und Ideen formulieren, die dies ermöglichen. Wir müssen mehr schreiben und wir müssen mehr zeichnen. 

Allerdings finde ich, dass Bilder mehr bewirken als Texte. Denn Letztere verlangen eine bewusste Aufmerksamkeit. Dem Lesen kann man sich entziehen, aber Bilder setzen sich sofort im Kopf fest. 

Edel Rodriguez ist 1971 in Havanna geboren. 1980 flüchtete seine Familie mit ihm in die USA. Von 1994 bis 2008 war er Art Director beim Time Magazine, später konzentrierte er sich auf seine eigenen Illustrationen und Bilder.

Seine Arbeiten sind bis zum 12. Januar in Hamburg zu sehen: In der Paul Roosen Contemporary Gallery präsentiert er zusammen mit Marc Burckhardt dystopische, symbolträchtige Bilder, die sich radikal von seinen grafischen Arbeiten für Magazine unterscheiden. In der Hamburger Galerie Affenfaust sind die bekanntesten Werke von Rodríguez zu sehen: seine Darstellungen von US-Präsident Donald Trump .