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"Elektroautos werden die Straßen erobern"

Klaus Ulrich
4. Dezember 2019

Seine Firma baut bereits bezahlbare Elektroautos: Startup-Gründer Günther Schuh fordert im DW-Gespräch vom Staat mehr Konsequenz bei den Förderprämien für Elektrofahrzeuge.

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Günther Schuh (r), Gründer der e.Go Mobile AGBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Deutsche Welle: Herr Professor Schuh, Sie kritisieren die höheren Förderprämien bei dem Verkauf von Elektroautos. Was stört Sie?

Günther Schuh: Ich kritisiere diese Förderprämie nicht grundsätzlich. Es ist offensichtlich notwendig, die zunächst einmal relativ teuren Elektroautos etwas zu unterstützen, damit der Markt anspringt. Als reiner Elektroautohersteller stört mich allerdings die jetzige Planung, nach der diese Förderprämie zur Hälfte vom Staat und zur Hälfte von den Herstellern erbracht werden soll. Die klassischen Autohersteller können Gewinne oder Margen aus dem Verbrennerfahrzeug-Geschäft dazu verwenden und verrechnen. Von meiner Firma kann man das aber meines Erachtens nicht verlangen. Ich kann dieses Geld nicht von margenträchtigen Großfahrzeugen abzweigen. Erstens haben wir von vorne herein schon ein maximal kostengünstiges Fahrzeug konstruiert und zweitens haben wir schon mit einer sehr knappen Marge kalkuliert.

Unser Elektrofahrzeug würde mit einer guten Ausstattung 22.000 Euro kosten, während die Wettbewerberfahrzeuge von etablierten Marken deutlich über 30.000 Euro kosten würden, wenn sie nicht schon quersubventioniert wären. Normalerweise wäre ich mit meinem Preis-Leistungs-Verhältnis klar überlegen und hätte auch als Newcomer ohne Marke damit gute Verkaufsargumente. Meine Chancen werden aber durch die Konstruktion der Förderprämie deutlich gesenkt. Ich glaube nicht, dass das von Seiten der Politik so geplant war, aber für meine Firma wird es hart werden.

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Blick auf die Produktionshallen des e.GO Life in Aachen Bild: picture-alliance/dpa/R. Pfeil

Wie könnte dieser Konflikt gelöst werden?

Prinzipiell müsste man den Eigenanteil an der Umweltprämie für kleine Elektroautos den reinen Elektrofahrzeugherstellern wie uns erlassen. Man will ja die Elektrofahrzeuge möglichst günstig auf den Markt bringen, also sollte in diesem Fall der Staat auch den Firmenanteil übernehmen.

In Deutschland fokussieren sich ja auch durch die Elektroauto-Offensive von VW viele Kräfte auf den batteriegespeisten Elektroantrieb. Ist es nicht fahrlässig, alles auf eine Karte zu setzen?

Das sehe ich nicht so. Auf jeden Fall brauchen wir erst mal für alle städtischen und stadtnahen Verkehre den großen Schub, bis dreißig, vierzig, fünfzig Prozent der Fahrzeuge rein elektrisch betrieben werden. Keine andere Technologie kann das besser.

Wir können und wir sollten uns die Brennstoffzelle und den Wasserstoff aber auch erschließen, die Brennstoffzelle ist aber erst bei größeren Fahrzeugen bezahlbar, also bei People Movern, Transportern, Bussen und LKW. Und wir sollten uns gleichzeitig den Kolbenmotor, den Verbrennungsmotor nicht abschreiben, weil wir ihn beispielsweise mit synthetischen Kraftstoffen auch noch betreiben können. Beides ist aber bei weitem noch nicht so weit, dass wir es verfügbar hätten. Jetzt geht es darum, mit Nachdruck einen großen Anteil der Fahrzeugflotten in den nächsten zehn Jahren in Elektrofahrzeuge zu überführen.

e.Go Autos werden vernetzt
Elektro-Pionier Günther SchuhBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Der US-Elektroautobauer Tesla hat kürzlich angekündigt, eine neue Fabrik in Deutschland zu bauen. Bringt das auch neue Dynamik in die Branche und in den Markt?

Natürlich hat Tesla das rein batterieelektrische Fahrzeug, ich würde fast sagen, gesellschaftsfähig und attraktiv gemacht. Dafür kann man sich gar nicht genug beim Tesla-Chef Elon Musk bedanken. Kalifornien, wo er her kommt, ist aber eine Wüste, was die Autoindustrie anbelangt. Es gibt keine Zulieferer dort.

Deswegen war es schon schwierig, eine erfolgreiche Autofabrik im Umfeld von Kalifornien hochzuziehen. Dass er mit seinen weiteren Ausbauplänen in die Autoländer, also nach China und möglichst auch nach Europa, geht, ist folgerichtig. Es ist auch gut für unsere Dynamik und für einen möglichen Austausch. Elon Musk ist ein Visionär, auch deshalb geht er mit einer gewissen Logik ins weltbeste Autoland. Er hat richtig erkannt, dass er für seine Expansionspläne auch sinnvollerweise dringend eine Fabrik in Deutschland braucht.

Deutschland Elektromobilität Paketzusteller bei der Post
Elektrisch angetriebener Kleintransporter "Streetscooter"Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Herr Professor Schuh, was glauben wie, wie lange es dauern wird, bis in Deutschland wirklich eine nennenswerte Anzahl Elektrofahrzeuge auf der Straße hat?

Das wird im Jahr 2021 mit Hochgeschwindigkeit losgehen. Wir werden so viele gute Angebote sehen. Der Staat hat verstanden, dass er das unterstützen muss. Der Kunde wird die bei traditionell gebauten e-Fahrzeugen hohen Mehrkosten nicht alleine tragen. Die Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene Autos wird in Kürze schon relativ gut sein und mit großer Geschwindigkeit jetzt weiter ausgebaut. Eigentlich liegt es jetzt nur noch an der Sensibilität und der Neugierde der Kunden. Deutschland ist ein Erfinder- und Tüftlerland. Die Kunden werden nicht mehr abwarten, ob der Nachbar oder der Kollege sich ein Elektroauto anschafft und auf Dauer damit zufrieden ist. Sie werden diese Angebote schon sehr bald annehmen, da bin ich ganz sicher. Also in 2021 und 2022 geht das richtig los.

Das Gespräch führte Klaus Ulrich.

Günther Schuh ist Professor an der RWTH Aachen und Chef der Firma e.Go Mobile. Das Startup wurde 2015 von Schuh gegründet und baut kleine, bezahlbare Elektroautos. Bereits 2010 hatte Schuh den elektrisch angetriebenen Kleintransporter Streetscooter mitkonstruiert. 2014 verkaufte er die dazugehörige Firma an den wichtigsten Auftraggeber, die Deutsche Post DHL.