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Amnesty Jahresbericht

13. Mai 2011

Seit 50 Jahren beklagt Amnesty international die Verweigerung der Menschenrechte in vielen Teilen der Welt. Die Brisanz der Menschenrechte hat indes akut zugenommen - meint Ulrike Mast-Kirschning

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Die weltweiten Unrechtserfahrungen und der Kampf um die Wahrheit haben viele Energien bei der Verteidigung der Menschenrechte freigesetzt. Der aktuelle Jahresbericht von Amnesty International dokumentiert bewegte Zeiten: Dass der Gemüsehändler mit Studienabschluss bei dem Versuch, sich seinen Lebensunterhalt mit einem Verkaufsstand zu verdienen, die Repressionen und Schikanen des tunesischen Staatsapparates nicht mehr ertrug, gehört zu den vielen traurigen Geschichten rund um den Erdball. Dass er mit seiner Selbstverbrennung die Jasminrevolution in Tunesien und in seiner Folge den Aufstand in der gesamten arabischen Welt auslöste, gehört zu den großen Hoffnungen der Menschheit auf mehr Gerechtigkeit und Freiheit.

Ein mächtiges Instrument

Ulrike Mast-Kirschning (Foto: DW)
Ulrike Mast-KirschningBild: DW

Im Einsatz für die Menschenrechte haben Amnesty und andere Aktivistinnen inzwischen ein mächtiges Instrument an ihrer Seite - die digitale Technik. Mit Fernsehen, Internet, SMS-Diensten und sozialen Netzwerken können sie informieren, recherchieren, organisieren und kommunizieren - über Mauern und Staatsgrenzen hinweg.

Amnesty Generalsekretär Salil Shetty spricht gar von eine Zeitenwende in der Geschichte der Menschenrechte. Informationen schaffen eben auch neues Bewusstsein und stärken die Kräfte, die sich dagegen wehren, dass Regierende ihren Bürgern grundlegende Rechte vorenthalten.

Wenn Staatsmacht vor allem auf Gewalt, Repression und Informationskontrolle statt auf Zustimmung durch faire Wahlen beruht, bleibt das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung und das damit eng verbundene Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unerfüllt. Die neue Transparenz per Internet aber entlarvt die Mächtigen und ihre wahre Machtlosigkeit.

Regierende in Erklärungsnot

Das weckt die Gegenwehr der Regierenden in Syrien, im Iran, in China und anderswo. Auch wenn diese nach wie vor über einen repressiven Staatsapparat verfügen, um Oppositionelle in Geheimgefängnissen wegzuschließen oder sie umzubringen - mundtot machen lassen sie sich längst nicht mehr. Sobald Informationen, Fotos oder Videos ins Netz gestellt sind, werden sie in Bruchteilen von Sekunden über den gesamten Erdball verbreitet. Am Ende bleibt jede Regierung, die solche Meinungen und Informationen noch unter Kontrolle halten will, chancenlos.

Auch westliche Regierungen mussten das erfahren, allen voran die USA: Hunderttausende von Dokumenten auf Wikileaks zum Krieg in Afghanistan, im Irak und zum diplomatischen Umgang miteinander werden derzeit von Journalisten und Menschenrechtlern ausgewertet. Auch hier sind die Mächtigen in Erklärungsnot.

"Ein wildes Pferd"

Amnesty bestätigt den Kampf um die Macht der Informationen im Netz, der auch mit Hackerangriffen geführt wird und bei dem auch der Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit der Einzelnen immer mal wieder auf der Strecke bleiben.

Kein Grund aber für Amnesty International, im 50. Jahr des Kampfes für die Menschenrechte auf diese technischen Möglichkeiten zu verzichten. Die Organisation hält sich an die Erfahrungen der kubanischen Bloggerin Yoani Sánchez. Für sie ist das Internet "ein wildes Pferd, das sich nicht zähmen lässt". Vor allem aber eine Hoffung, damit Unterdrückung, Ausgrenzung, Repression und Chancenlosigkeit überwinden zu können.

Autorin: Ulrike Mast-Kirschning
Redaktion: Helle Jeppesen