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Politik

Durchbruch: Große Koalition einigt sich auf Asylpaket

5. Juli 2018

Überraschend schnell haben die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD im Koalitionsausschuss einen Konsens erzielt. Zuvor hatten die Sozialdemokraten noch eigene Vorschläge angekündigt.

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Deutschland Asylstreit Koalitionsausschuss Seehofer
Hochzufrieden - Innenminister Horst SeehoferBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Nach wochenlangem Machtkampf in der Union und Ärger in der Koalition haben sich CDU, CSU und SPD auf ein Paket gegen illegale Migration und eine Verschärfung der Asylpolitik geeinigt. Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigte sich sehr zufrieden mit dem von der großen Koalition erzielten Asylkompromiss. "Das ist alles von A bis Z so, wie man sich das als zuständiger Minister wünscht", sagte der CSU-Politiker.

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz erklärten nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin, man habe sich darauf verständigt, dass Asylverfahren beschleunigt werden. Zudem solle ein Einwanderungsgesetz noch in diesem Jahr durchs Kabinett gebracht werden. Letzteres war eine zentrale SPD-Forderung gewesen.

Vor Beginn des nur etwa einstündigen Treffens hatte Nahles erklärt, dass es einen neuen Vorschlag gebe. Ebenso wie Innenminister Seehofer hatte sie sich optimistisch gezeigt. Bis dahin hatten vor allem die Unionsvorschläge für verschärfte Maßnahmen gegen illegale Migration an der deutsch-österreichischen Grenze im Blickpunkt gestanden.

Einwanderungsgesetz und Schleierfahndung

Die SPD hatte im Gegenzug für eine Zustimmung zum Unionsvorschlag unter anderem die rasche Vorlage eines Einwanderungsgesetzes gegen den Fachkräftemangel gefordert. Zudem gab es zuletzt Koalitionsvorschläge zu einer bundesweit verstärkten Schleierfahndung, um nicht nur in Bayern verschärft gegen illegale Migration vorzugehen und die Verfahren für Rückführungen deutlich zu beschleunigen.

Deutschland Asylstreit Koalitionsausschuss Nahles
Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles nach der EinigungBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Beim Unionskompromiss geht es vor allem darum, an der deutsch-österreichischen Grenze Migranten abzufangen und zurückzuschicken, die schon in anderen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt haben. Seehofer warb am Abend in Berlin für "Transferzentren" an der Grenze zu Österreich. Bisher hatte die Union den Begriff "Transitzentren" genutzt, den die SPD aber abgelehnt hatte.

"Kein Stacheldraht"

Diese "Transferzentren" würden in bestehenden Polizeistationen untergebracht. "Da gibt es keinen Stacheldraht oder Ähnliches", sagte der CSU-Chef. Da kämen jeden Tag zwischen zwei und fünf Flüchtlinge an, die spätestens nach 48 Stunden wieder die "totale Freiheit" haben müssten, sie dürften nur eben nicht nach Deutschland einreisen. Es handele sich nicht um "Massenlager", wie teilweise behauptet

"Die Bundespolizei nutzt für das Transitverfahren ihre bestehenden Einrichtungen in unmittelbarer Grenznähe, sofern die Personen nicht unmittelbar in die bestehende Unterbringungsmöglichkeit im Transitbereich des Flughafens München gebracht werden und von dort aus in den Erstaufnahmestaat zurückkehren können", heißt es in dem Einigungspapier der Koalition. "Für Familien und besonders schutzwürdige Personen wird es gesonderte Räume in den Unterkünften geben.". Wie beim bestehenden Flughafenverfahren würden die Personen rechtlich nicht nach Deutschland einreisen. Die Zurückweisung erfolge innerhalb von 48 Stunden. 

Deutschland Asylstreit Koalitionsausschuss Merkel
Bundeskanzlerin Merkel vor der Sitzung des KoalitionsausschussesBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Damit könnte der Asylkompromiss am Ende weit weniger Migranten betreffen als zunächst geplant. Anfangs hatte es geheißen, dass auch alle Migranten betroffen sein sollen, die an der Grenze aufgegriffen werden und schon woanders mit Fingerabdrücken registriert wurden. Das wären deutlich mehr als diejenigen, die bereits woanders einen Asylantrag gestellt haben.

Österreich mauert

Dennoch dürfte für Seehofer die Umsetzung nicht einfach werden: Anders als geplant, lehnt Österreich es ab, Flüchtlinge einreisen zu lassen, die in Deutschland abgewiesen werden und bei denen der EU-Staat, in dem sie Asyl beantragt haben, eine Rücknahme verweigert. Damit könnte einer von drei Punkten im Unions-Kompromiss hinfällig sein - und sich die Zahlen rasch zurückgeführter Migranten weiter verringern.

Weder Österreichs Kanzler Sebastian Kurz noch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der am Donnerstag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte, ließen sich zu Zugeständnissen bewegen bei der Rücknahme von Asylbewerbern, die an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden sollen.

Auch Italien blockt ab

Beide sehen sich als nicht zuständig für Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Auch eine entsprechende Vereinbarung mit dem wichtigen Ersteinreiseland Italien erscheint nahezu aussichtlos, nachdem die Regierung in Rom bereits abgeblockt hat. "Das werden nicht ganz einfache Verhandlungen", räumte Seehofer ein. Letztlich sehe er die Verantwortung für Rücknahmevereinbarungen mit anderen EU-Ländern bei Kanzlerin Merkel.

jj/qu/kle (dpa, afp, rtr)