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Dschihad Made in Kosovo

Bahri Cani24. August 2014

In der vergangenen Woche wurden im Kosovo innerhalb von zwei Tagen 43 islamistische Extremisten verhaftet, und es gibt Dutzende weitere Verdächtige. Gleichzeitig wächst die Angst vor terroristischen Anschlägen.

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Ein Mann wird von Polizisten abgeführt (Foto: REUTERS/Laura Hasani)
Festnahme der Islamisten im Kosovo am 12 August 2014Bild: Reuters

Der Auslöser der größten Verhaftungsaktion im Kosovo seit dem Krieg von 1999 war schrecklich und barbarisch: Der kosovarische Dschihadist Lavdrim Muhaxheri postete auf Facebook einige Fotos vor und nach der Enthauptung eines 19-Jährigen in Syrien, wo er für den "Islamischen Staat" (IS) kämpft. Die Fotos wurden von fast allen kosovarischen Zeitungen und Internetportalen gedruckt und lösten bei den Kosovaren Empörung und einen tiefen Schock aus. Die Präsidentin des jüngsten Staates Europas, Atifete Jahjaga, kündigte sofort entsprechende Maßnahmen an: "Das Kosovo wird keinen sicheren Hafen für Terroristen bieten."

Angst vor terroristischen Anschlägen

Eine genaue Zahl, wie viele kosovarische Extremisten und Terroristen sich in Syrien und Irak aufhalten, gibt es nicht. Die kosovarische Polizei schätzt, dass es zwischen 100 und 200 sein könnten. Offiziell weiß man nur, dass in den letzten Wochen mindestens 16 Leichen aus dem Irak und Syrien in das Kosovo zurückgebracht worden sind. Es wird vermutet, dass es innerhalb des Kosovo noch ein paar Hundert radikal-islamische Extremisten geben könnte. "Vergangene Woche haben wir 43 verdächtige Extremisten verhaftet. Wir sind mitten in den Ermittlungen. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass es in den nächsten Tagen weitere Verhaftungen geben wird", so der Pressesprecher der Kosovo-Polizei, Baki Kelani, im Gespräch mit der DW.

Die Medien im Kosovo berichten von mindestens weiteren 56 Verdächtigen, die unmittelbar vor einer Verhaftung stünden. "Die Sicherheitslage im Kosovo ist stabil", sagt Kelani, die Gefahr von terroristischen Aktionen könne man aber nicht völlig ausschließen. "Dennoch sind Polizei und die anderen Sicherheitsstrukturen des Kosovo in der Lage, die Ordnung und die Sicherheit des Landes zu gewährleisten", so der Polizeisprecher.

Suzi Moschee in Prizren (Foto: DW/Refki Alija)
Die Mehrheit der Bevölkerung im Kosovo sind MuslimeBild: DW/R. Alija

Im Kosovo und in Albanien wächst die Angst vor möglichen Angriffen der radikalen Islamisten und Terroristen. So gab es laut kosovarischen Medien Drohungen für eine mögliche terroristische Aktion der Islamisten während des Filmfestivals "Dokufest" (14. bis 24.08.2014) in der Stadt Prizren, wo auch die Basis der insgesamt 700 deutschen Soldaten im Kosovo liegt. Und jüngst sorgte eine Botschaft des Dschihadistenführers Abu Bekr el-Bagdadi für Aufregung, der während des heiligen Monats Ramadan die Pläne für ein "Islamisches Kalifat" bekannt gab. Diese Pläne wurden in sechs Sprachen veröffentlicht: Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch, Türkisch und Albanisch.

Ungebetene "Gäste"

Der Islam hat im Kosovo eine über 500-jährige Tradition. Mehr als 90 Prozent der rund 1,8 Millionen Einwohner des Landes sind Muslime - fast ausschließlich Sunniten. Schon vor dem Kosovokrieg im Jahre 1999 gab es im Kosovo 560 Moscheen, heute sind es fast 700 muslimische Gotteshäuser. Die Islamische Gemeinschaft des Kosovo (Bashkesia Islame e Kosoves - BIK) gilt als sehr gut organisiert. "Mit voller Verantwortung sage ich: Wir haben alle Moscheen und Imame unter Kontrolle ", sagt der Vorsitzende der BIK, Naim Trnava, in einem Interview mit der Deutschen Welle. Es kämen aber viele "Gäste" von außen, da die Grenze sehr offen ist. "Nach dem Krieg konnte jeder kommen und gehen, wie er will. Deswegen ist es zur Indoktrination eines Teils unserer Jugend gekommen", so Trnava.

Den Grund für die Anfälligkeit der jungen Menschen im Kosovo für die radikalislamische Propaganda sieht Analyst Haki Abazi, Vorsitzender der Rockfeller-Brothers-Stiftung in Prishtina, vor allem in der schweren wirtschaftliche Lage. Die Arbeitslosigkeit liegt in Kosovo bei geschätzten 40 Prozent, viele Menschen leben in Armut und ohne Perspektive, dass es bald besser wird.

IS-Kämpfer an der Grenze zwischen Irak und Syrien (Foto: EPA/ALBARAKA NEWS)
Bis zu 200 Kämpfer aus Kosovo soll es in Syrien und dem Irak gebenBild: picture-alliance/dpa

Einfluss von außen

Das macht viele empfänglich für den Einfluss aus den arabischen Ländern. Nach dem Krieg haben sie im Kosovo mehrere Nichtregierungsorganisationen gegründet und finanzieren sie seitdem. Laut jüngsten Medienberichten bekamen diese Organisationen alleine in den letzten zwölf Monaten aus Libyen, dem Libanon, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien finanzielle Hilfe von mehr als 25 Millionen Euro. Die Sicherheitsorgane vermuten aber, dass hinter diesen NGOs radikal-extremistische Gruppen stecken könnten.

Polizisten einer Spezialeinheit führen einen Mann ab (Foto: REUTERS/Laura Hasani)
Die kosovarische Regierung hat angekündigt, entschieden gegen die Extremisten vorzugehenBild: Reuters

Darüber hinaus gab es im Kosovo bis vor kurzem auch vier sogenannte Gebetshäuser, also privat gemietete Häuser, die als Gebetsorte dienen. Laut Trnava versammelten sich dort Vertreter radikaler Gruppen und ihre Anhänger. Das ist wohl auch einer der Gründe gewesen, weswegen die Polizei eines dieser Gebetshäuser vor wenigen Tagen in Prishtina schließen ließ.

Das ist Teil des angekündigten "kompromisslosen Kampfes" der kosovarischen Regierung gegen alle Extremisten. "Im Kosovo wird es keinen Platz für Extremismus, Radikalismus und Terrorismus geben. Das Kosovo ist ein freies und unabhängiges Land, das mit der Hilfe der Europäischen Union und den USA den Kampf für das Gute und gegen das Böse weiterführen wird", sagte Premierminister Hashim Thaçi im Gespräch mit der Deutschen Welle.