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Fokus verloren, Tabellenführung verpasst

1. Oktober 2022

Der BVB zeigt wieder zwei Gesichter: Nach gutem Beginn und Führung verliert das Team von Trainer Edin Terzic erst seine Linie und dann das Spiel beim 1. FC Köln - symptomatisch für die aktuelle Situation.

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Borussia Dortmund Stürmer Anthony Modeste (links) fasst sich bei seiner Rückkehr nach Köln enttäuscht an die Stirn.
Unglücklich an alter Wirkungsstätte: Anthons Modeste bei seiner Rückkehr nach Köln im BVB-TrikotBild: INA FASSBENDER/AFP

Es sah gut aus zur Halbzeit für den BVB beim Auswärtsspiel in Köln: Julian Brandt hatte das Team von Trainer Edin Terzic in der 31. Minute nach einer starken Kombination in Führung gebracht, Union Berlin lag zur Halbzeit mit 0:2 in Frankfurt zurück - Blitztabellenführer BVB.

Doch der Vizemeister verpasste an diesem Nachmittag in Köln trotz Führung die drei Punkte - wieder mal. Zu passiv agierten die Dortmunder nach einer guten ersten Hälfte im zweiten Durchgang, besonders zu Beginn. Denn es waren keine acht Minuten nach dem Seitenwechsel absolviert, da fiel der Kölner Ausgleich durch Florian Kainz (53.). "Geht doch", dachten die Kölner wohl und legten direkt nach: Steffen Tigges erzielte nach einem Eckball per Kopf die Führung für die Hausherren - Spiel gedreht (56.). 

Umarmung und Pfiffe für Modeste

Es war der erste Treffer von Tigges im vierten Bundesliga-Einsatz für den 1. FC Köln, zu dem er im Sommer nach zwei Jahren beim BVB gewechselt war. Dabei hatte im Vorfeld ein anderer Stürmer im Fokus gestanden: Anthony Modeste, im Sommer den entgegengesetzten Weg von Köln nach Dortmund gegangen, wurde bei seiner Rückkehr nach Köln, wo er von 2015 bis 2017 und von 2018 bis 2022 unter Vertrag gestanden hatte, mit Pfiffen von den Rängen bedacht. 

Kölns Trainer Steffen Baumgart, der zu Modeste ein besonderes Verhältnis pflegte und seinen ehemaligen Top-Stürmer vor der Partie mit einer herzlichen Umarmung begrüßte, hatte auf einen versöhnlichen Empfang der Kölner Fans für Modeste und den ebenfalls im Sommer zum BVB gewechselten Salih Özcan gehofft. "Ich hoffe, dass keiner vergisst, dass die Jungs viel für den FC getan haben und ich hoffe, dass sie vernünftig begrüßt werden, so wie sich das aus meiner Sicht gehört", hatte Baumgart vor dem Wiedersehen mit seinen Ex-Spielern gesagt. 

Kölns Trainer Steffen Baumgart (rechts) umarmt BVB-Stürmer Anthony Modeste (links) vor der Partie 1. FC Köln - Borussia Dortmund
Umarmung für den Ex: Kölns Trainer Steffen Baumgart herzt BVB-Stürmer Anthony Modeste vor der Partie Bild: Revierfoto/IMAGO

Doch diesen gewährten die Kölner Fans nur Özcan. Jeder Ballkontakt von Modeste, der für Köln insgesamt 79 Tore in 135 Pflichtspielen erzielt hatte, wurde mit einem gellenden Pfeifkonzert begleitet. Und das zeigte seine Wirkung: Modeste agierte an alter Wirkungsstätte über nahezu die gesamte Spielzeit unglücklich und kam kaum zu Abschlüssen. Beim BVB läuft es für den Franzosen einfach nicht. Nur ein Treffer gelang Modeste bislang im Dress des deutschen Vizemeisters - beim 1:0-Auswärtssieg bei Hertha BSC nach Vorarbeit von Salih Özcan. 

Dortmund und die Mentalitätsfrage

Sein "altes Wohnzimmer" verlassen Modeste und sein neuer Klub nicht als Tabellenführer, sondern mit leeren Händen. Und das nicht zu unrecht, bei allen drei Gegentreffern fehlte der Dortmunder Hintermannschaft der Zugriff. Es mangelte entweder im Stellungsspiel oder im konsequenten Angehen der Gegenspielers. So wie beim 3:1 für Köln durch Dejan Ljubicic, den Niklas Süle abwartend agieren ließ und der diese Einladung mit einem schönen Schlenzer ins lange Eck sehenswert nutzte. 

Mittelfeldspieler Julian Brandt (Mitte) von Borussia Dortmund jubelt mit Teamkollegen über seinen Treffer zum 1:0 beim 1. FC Köln.
Da war die Schwarz-Gelbe Welt noch in Ordnung: Julian Brandt (Mitte) jubelt über seinen Treffer zum 1:0Bild: INA FASSBENDER/AFP/Getty Images

An die Glücksgefühle aus der ersten Hälfte erinnerte sich da keiner mehr im Schwarz-Gelben Dress. Abwehrspieler Nico Schlotterbeck schimpfe, Anthony Modeste schaute resigniert ins Leere - der BVB wirkte nicht nur geschlagen, sondern war es auch. Daran konnte auch der Anschlusstreffer durch ein Eigentor von Benno Schmitz nichts mehr ändern - beim BVB stellt sich mal wieder die Mentalitätsfrage. 

Wie schon am am 3. Spieltag, als man gegen Werder Bremen bis zur 89. Minute mit 2:0 führte, verliert der BVB ein Spiel nach eigener Führung mit 2:3 Wieder musste ein enttäuschter Edin Terzic nach dem Spiel die zwei Gesichter seiner Mannschaft erklären. "Es ist sehr enttäuschend für uns, es ist sehr bitter. Wir haben eine sehr gute erste Halbzeit gezeigt. Wir haben genau das angesprochen in der Halbzeit, was nicht passieren darf", sagte der BVB-Trainer bei Sky und fasste treffend zusammen: "Wir waren in den ersten 15, 20 Minuten der zweiten Halbzeit nicht bereit, Zweikampfhärte zu zeigen. In einer sehr wichtigen Phase des Spiels waren wir nicht bereit, unser Tor zu verteidigen." 

"Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, hatten viele, viele Chancen", haderte Nationalspieler Julian Brandt. "Da hätten wir uns einen Gefallen tun sollen - und nachlegen müssen. So kommen wir zur zweiten Halbzeit raus, verteidigen es sehr schlecht und fressen drei Gegentore in kurzer Zeit", sagte der enttäuschte Torschütze nach dem Spiel bei Sky. Dabei hatte doch zwischenzeitlich alles so gut ausgesehen. "Es war wieder mal sichtbar, woran es seit Jahren hapert, um da oben anzuklopfen", sagte Edin Terzic. Man trete nach jedem Sieg auf die Euphoriebremse, "da es wiederholt auftritt, dass wir Spiele, die wir komplett kontrollieren, weggeben". Die nächste Chance, oben anzuklopfen hat der BVB am kommenden Samstag im Heimspiel gegen den punktgleichen Meister Bayern München.

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion