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Kontaminiertes Essen im Profisport

9. November 2011

Positiv getestet – weil das Essen kontaminiert war. Diese Schlagzeilen gab es zuletzt häufig im Sport. Mittlerweile wurden die Sportler vor dieser Art von Doping gewarnt und müssen künftig auch mit Strafen rechnen.

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Ist dieses Fleisch Clenbuterol verseucht? Foto: ap
Ist dieses Fleisch mit Clenbuterol verseucht?Bild: AP

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das ist eine alte Volksweisheit. Profisportler sollten diese Regel derzeit besonders beherzigen. Denn in den letzten Wochen und Monaten haben sich die Fälle gehäuft, in den Athleten kontaminiertes Essen, also mit chemischen oder biologischen Stoffen verunreinigte Lebensmittel, zu sich genommen haben – und dadurch positiv auf Doping getestet worden sind.

Fleisch in China gegessen

So wie beispielsweise Tischtennisspieler Dimitri Ovtscharov im vergangenen Jahr. "Ich bin schockiert. Ich hatte noch nie in meinem Leben Zugang zu irgendwelchen Dopingmitteln. Mir war nicht einmal geläufig, dass es eine Substanz Clenbuterol gibt", so Ovtcharov damals. Der Weltranglisten-Dreizehnte hatte jedoch noch Glück: Er konnte nachweisen, dass er bei seinem Aufenthalt in China kontaminiertes Fleisch gegessen hatte, in dem das verbotene Mastmittel enthalten war. Zudem war zu diesem Zeitpunkt die Problematik von kontaminierten Lebensmitteln noch nicht so präsent.

Hat unwissentlich Clenbuterol-verseuchtes Fleisch in China gegessen: Ovtscharov. Foto: dpa
Hat unwissentlich Clenbuterol-verseuchtes Fleisch in China gegessen: OvtscharovBild: picture-alliance/dpa

Das ist jetzt aber anders. "Die Ausrede, ich war in China oder Mexiko, von daher habe ich halt Clenbuterol im Urin, kann nicht mehr gelten", meint Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der deutschen Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). "Wir haben im April eine Warnung für die Ahtleten herausgegeben, es gibt auch Ernährungsempfehlungen für Sportler, die sich in den Ländern China und Mexiko aufhalten. Und von daher kann das nicht mehr als Ausrede gelten."

Auffällig viele Proben in Mexiko

Clenbuterol wird zur Behandlung von Asthma eingesetzt. Außerdem besitzt es eine zuverlässige tokolytische (wehenhemmende) Wirkung, die in der Tiermedizin ausgenutzt wird. Clenbuterol unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht. Darüber hinaus kam der Stoff durch seine missbräuchliche Anwendung in der Sportmedizin als Dopingmittel in Verruf. Quelle: Wikipedia:
Chemische Zusammensetzung von ClenbuterolBild: gemeinfrei

Clenbuterol stellt derzeit das größte Problem bei kontaminiertem Essen dar - ein Wirkstoff, der verbotenerweise Tieren verabreicht wird, um mageres Fleisch zu erzeugen. Oder aber er kann Sportlern helfen, schnell Muskeln aufzubauen. Dass dies keine Einzelfälle sind, hat die U-17-Weltmeisterschaft im Fußball in Mexiko im vergangenen Sommer gezeigt. Dort hat es 109 positive Proben auf Clenbuterol gegeben. Alle Befunde seien auf verunreinigstes Fleisch zurückzuführen, so der Chefmediziner Jiri Dvorak vom Fußball-Weltverband FIFA.

Der Fall Contador

Wurde positiv auf Clenbuterol getestet: Alberto Contador. Foto: dpa
Positiv auf Clenbuterol getestet: ContadorBild: AP

Ob das auch für den spektakulärsten Clenbuterol-Fall gilt? Der spanische Radsportprofi Alberto Contador, dreimaliger Gewinner der Tour de France, war ebenfalls im vergangenen Jahr bei der Frankreich-Rundfahrt positiv auf Clenbuterol getestet worden. Er hatte sich jedoch nicht in China oder Mexiko aufgehalten. "Europa ist Clenbuterol-frei", meint dazu Gotzmann, die jahrelang als Biochemikerin bei der Sporthochschule Köln gearbeitet hat. Zudem war Contador schon zuvor schon mal unter Dopingverdacht geraten. Der spanische Verband hatte seinen Sporthelden freigesprochen, doch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gebracht. Eine Entscheidung soll jetzt im November fallen. "Bei Dopingfällen aufgrund von kontaminierten Essen wird immer eine Einzelfallprüfung stattfinden", meint Gotzmann. "Die Umstände des Zustandekommens der Ergebnisse werden genaustens untersucht."

Vorsicht beim Moschushirsch

Neben Clenbuterol gibt es noch andere Substanzen in Lebensmitteln, die zu einer positiven Dopingkontrolle führen können. Die wohl merkwürdigste ist die im Fall der nordkoreanischen Fußball-Nationalmannschaft. Bei der Frauen-Weltmeisterschaft in Deutschland wurden bei fünf Spielerinnen aus Nordkorea illegale Steroide im Blut gefunden. Die Erklärung. "Dort sind aus der traditionellen chinesischen Medizin Extrakte einer Drüse des sibirischen Moschushirsches eingesetzt worden", so Gotzmann. "Diese Drüsen enthalten hohe Konzentrationen von Steroiden und diese Steroide werden explizit auf der Dopingliste auch erwähnt."

Der Weltverband FIFA hat daraufhin Nordkorea von der Teilnahme an der WM 2015 in Kanada ausgeschlosen. Zudem muss der Verband eine Geldstrafe zahlen und die Spielerinnen wurden bis zu 18 Monate gesperrt.

Risiko Mohn und Nahrungsergänzungsmittel

NADA-Vorsitzende Dr. Andrea Gotzmann. Foto: dpa
NADA-Chefin Andrea GotzmannBild: picture-alliance/dpa

Sportler sollten generell auch keinen Mohnkuchen essen. Denn Mohn enthält Morphin, das ebenfalls auf der Dopingliste steht. "Wenn das in größeren Mengen gegessen wird, kann dies bei Dopingkontrollen nach dem Wettkampf zu Problemen führen", meint Gotzmann. Die vierte Risikogruppe sind laut der NADA-Vorstandsvorsitzenden Nahrungsergänzungsmittel. "Durch unreine Prozesse können sie Doping kontaminierte Substanzen enthalten - vollommen unbeabsichtigt." Im Jahr 2005 sei diese Problematik erstmals aufgetaucht, seitdem gibt es für die Ahtleten eine Warnung vor der Nutzung dieser Präperate und gleichzeitig eine Empfehlung, wie man an sichere Nahrungsergänzungsmittel herankommt.

Was ist mit den Olympischen Spielen 2012?

Ob kontaminiertes Essen zum Dopingproblem beim nächsten großen Sportereignis, den Olympischen Sommerspielen 2012 werden kann? "Nein", ist sich Gotzmann sicher. "Die Ahtleten halten sich während der Spiele alle im Olympischen Dort auf und verpflegen sich dort. Zudem gibt es in Europa kein Clenbuterol-Problem." Problematisch könnte es dann werden, wenn verbotene Substanzen in Essen auftaucht, von dem man bisher nichts wusste. "Wir sind wachsam und wir beobachten die Entwicklungen. Aber tatsächlich ist man nie vor Überraschungen gefeit."

Autorin: Sarah Faupel
Redaktion: Wolfgang van Kann