1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Diplomaten auf Probe

Das Gespräch führte Anika Busch23. März 2005

Studenten aus aller Welt simulieren jedes Jahr die Vereinten Nationen beim National Model United Nations. Die Berliner Freie Universität vertritt in diesem Jahr Guatemala. DW-WORLD sprach mit der Studentin Sabine Wilke.

https://p.dw.com/p/6NWN
Die Delegation der Freien Universität Berlin in den UN-Headquarters

DW-WORLD: Vom 22. bis 26. März findet in New York das "National Model United Nations" (NMUN) der Vereinten Nationen (UN) statt. Jede teilnehmende Hochschule vertritt die Interessen eines UN-Mitgliedstaates oder einer Nichtregierungsorganisation. Sie repräsentieren mit Ihrer Gruppe Guatemala. Was ist ihre Motivation, an dem Planspiel teilzunehmen?

Sabine Wilke: Ehemalige Teilnehmer haben sich im Vorfeld sehr positiv über das Planspiel geäußert. Mich und die anderen Studenten der Freien Universität (FU) Berlin lockt vor allem die Tatsache, dass wir uns in den tatsächlichen Hauptquartieren der UN in New York aufhalten werden. Besonders reizt uns auch, ein Land zu repräsentieren und dessen Interessen zu vertreten, die oftmals konträr zu unseren persönlichen Meinungen sein werden.

Müssen Sie die Teilnahme selber finanzieren oder werden die Kosten erstattet?

Das Geld ist unser großes Problem. Die bisher vom Auswärtigen Amt und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst bereitgestellten Gelder wurden zur Hälfte gekürzt. Da wir leider keine anderen Sponsoren finden konnten, liegt unser Eigenanteil bei rund 700 Euro pro Person. Wir hoffen natürlich, im Nachhinein noch Unterstützung zu erhalten.

Mussten Sie einen harten Bewerbungsprozess durchlaufen, um an dem Model teilnehmen zu können?

In der Tat. Es haben sich natürlich sehr viel mehr Studenten beworben, als mitgenommen werden konnten. Aus diesem Grund haben Auswahlgespräche stattgefunden, und wir mussten eine Minisimulation durchführen.

Wen schickt die FU Berlin nun nach New York?

Wir sind überwiegend Politikwissenschaftler und Juristen. Ein Mathematiker ist auch dabei. Die meisten von uns haben bereits Auslandserfahrungen gesammelt. Wir sind eine sehr motivierte Gruppe und haben uns trotz der Probleme des Landes sehr mit Guatemala angefreundet. Unser Motto lautet "Vamos Guatemala" - in Anlehnung an eine Politik der Regierung mit gleichem Namen.

Wie haben Sie sich auf New York vorbereitet?

Wir haben uns seit Monaten sehr intensiv mit Guatemala auseinandergesetzt und ein wirkliches Interesse für das Land entwickelt. Zudem haben wir bereits an mehreren kleineren Simulationen teilgenommen. Dabei konnten wir feststellen, dass in den Sitzungen knallharte Verhandlungen geführt werden. Man fühlt sich nicht mehr als Student, sondern als Diplomat.

Warum vertritt die FU Berlin ausgerechnet das Land Guatemala?

Wir haben uns Guatemala nicht ausgesucht, sondern uns um die Vertretung eines kleineren Landes beworben. Aufgrund unserer begrenzten Finanzmittel können nicht mehr als 20 Studenten aus Berlin anreisen, weshalb wir kein großes Land wie die USA repräsentieren können. Guatemala wurde uns dann zugeteilt, und wir sind mit der Entscheidung sehr zufrieden.

Konnten Sie im Vorfeld bereits Kontakte zu Mitarbeitern der Vereinten Nationen aufnehmen?

Wir haben in Berlin die Botschaft Guatemalas besucht, mit den zuständigen Ländereferenten im Auswärtigen Amt gesprochen und mit Amnesty International Kontakt aufgenommen. Mitarbeiter der Vereinten Nationen haben wir in den vergangenen Tagen in New York kennen gelernt. Unsere Gruppe hatte das Glück, eine Study Tour unternehmen und mit hochrangigen Diplomaten der UN sprechen zu können.

Worüber haben Sie mit den Diplomaten gesprochen?

Vereinte Nationen Logo UN UNO

Unsere Betreuerin Peggy Wittke hat für uns Treffen mit Experten aus sehr unterschiedlichen Bereichen vereinbart. Gefragt haben wir sie nach ihrem Karriereweg, und wir haben mit ihnen über Themen wie Terrorismus und ökonomische Entwicklung gesprochen. Einige von uns konnten auch die Möglichkeit nutzen, um Beziehungen zu knüpfen. So haben viele der Diplomaten einst selber an dem Planspiel teilgenommen und sind nun tatsächlich Mitarbeiter der UN.

Am Dienstag, 22. März, beginnt das eigentliche Model. In welchen Komitees arbeitet die Gruppe aus Berlin mit?

Wir verteilen uns auf elf Komitees. Darunter sind die Generalversammlung, die United Nations Commission on Human Rights (UNCHR), die United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) und die World Health Organization (WHO). In manchen Gremien sitzt nur ein Student von uns, in anderen sind wir zu mehreren vertreten. Die Aufteilung richtet sich nach der realen Teilnahme Guatemalas an den Komitees.

Was genau wird Ihre Aufgabe in den verschiedenen Gremien sein?

In allen Komitees stehen jeweils drei Themen auf der Agenda, z.B. das Thema AIDS in der WHO, die bereits seit langer Zeit feststehen. Jede Ländervertretung musste im Vorfeld ein Positionspapier vorlegen. In den Sitzungen geht es darum, zu diskutieren und die Interessen des eigenen Landes durchzusetzen. Dies geschieht selbstverständlich in Anlehnung an die Meinungen, die Guatemala auch in Wirklichkeit vertritt. Im Idealfall wird vom Plenum eine Resolution verabschiedet, die auch die eigenen Interessen berücksichtigt. Am Ende werden die Ergebnisse jeder Gruppe evaluiert.

Wünschen Sie sich, nach Ihrem Studium bei den Vereinten Nationen arbeiten zu können?

Ja, die Arbeit bei den Vereinten Nationen ist für mich ein Traumberuf. Ist stelle mir die Tätigkeit sehr spannend vor, auch wenn Entscheidungsprozesse manchmal mühsam und langwierig sind.