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Die Ware Kind

Hans Jürgen Mayer14. Juli 2003

Südostasiens Kinder werden täglich gekauft und verkauft. Die Organisation Terre des Hommes hat jetzt eine Studie über den Markt mit der menschlichen Ware veröffentlicht.

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Mädchen in Kambodscha warten auf ausländische FreierBild: AP

Die UN-Kinderrechtskonvention verbietet in Artikel 35 die Entführung und den Verkauf von Kindern sowie den Handel mit Kindern zu welchem Zweck auch immer schon seit 1989. Doch obwohl fast alle Staaten diesem Vertragswerk beigetreten sind, werden weltweit die elementarsten Menschenrechte von Kindern immer noch mit Füßen getreten. 210 Millionen Kinder müssen weltweit arbeiten, 1 Million davon in der Prostitution, sagt die Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

Gegen den Handel mit Kindern hat die Entwicklungshilfeorganisation Terre des Hommes in Kooperation mit anderen Vereinigungen, die sich für den Schutz von Kindern einsetzen, im Herbst 2001 eine internationale Kampagne gestartet. In diesem Rahmen hat Terre des Hommes nun in Bonn die erste umfangreiche Studie über Kinderhandel in sieben Staaten Südostasiens vorgestellt.

Sextourismus ist gang und gäbe

Prostitution und Armut in Kambodia
Gruppe von teilweise sehr jungen kambodschanischen ProstituiertenBild: AP

Die Philippinen und Indonesien, die Staaten am Oberlauf des Mekongs - Thailand, Kambodscha, Vietnam und Laos - sowie Birma und die südchinesische Provinz Yünnan sind besonders stark vom Problem der Kinderarbeit und Prostitution betroffen, besagt die Studie "Asiens Kinder in Gefahr". So müssen die Kinder beispielsweise Souvenirs an Touristen verkaufen oder werden im schlimmsten Fall selbst an diese verkauft. Denn die Fremden kommen nicht immer wegen der Schönheit der Länder, sondern wegen eben dieser Kinder.

Die Anwältin und Menschenrechtlerin Chanthol Oung berichtet, dass Touristen die Kinder mit Versprechungen wie "Wenn du mit ins Hotel kommst, dann kauf ich alle Souvenirs, die du hier anbietest!" ins Hotel lockten. Dort wartete dann aber ein ganz anderes Schicksal auf sie: Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Meistens geschähe dies ohne jegliche Konsequenzen für die Täter. Die Polizei verschließe die Augen oder sei so korrupt, dass es nicht viel koste, sich frei zu kaufen.

Kinderhändler haben leichtes Spiel

Doch Kindern drohen nicht nur durch den Sextourismus Gefahren. Weltweit ist der Kinderhandel nach Angaben von Terre des Hommes ein lukratives Geschäft. Nach Waffenschmuggel und Drogenhandel ist er mittlerweile zur drittgrößten Profitquelle der organisierten Kriminalität geworden. Allein in Südostasien werden jährlich schätzungsweise 200.000 Kinder Opfer der Menschenhändlerringe.

Die skrupellosen Geschäftemacher treffen in Südostasien auf ein "äußerst günstiges" Umfeld, wie die Studie auflistet. Dabei seien nicht nur die Armut und andauernde Militarisierung die Ursachen, erzählt Chanthol Oung, sondern auch der Zerfall des Familienverbandes durch Kriege. Die Kinderhändler geben den Familien Geld und stellen den Kindern gut bezahlte Arbeit und schulische Ausbildung in Europa oder den USA in Aussicht, um sie später zur Prostitution, zum Drogenhandel oder zu anderen illegalen Arbeiten zu zwingen.

Konzepte gegen die Ausbeutung von Kindern fehlen

Logo von Terres des hommes
Kampagne "Stoppt Kinderhandel" von Terres des Hommes

Die betroffenen Staaten haben eine ganze Reihe von Konventionen über Kinderrechte und die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern unterzeichnet. Doch laut Terre des Hommes gäbe es immer noch keine umfassende Strategie gegen den Kinderhandel - weder national noch regional. Immer noch fehle eine gemeinsame Definition von Kinderhandel und in den meisten Staaten sei dies noch kein Straftatbestand.

Zudem würden die komplexen Zusammenhänge zwischen Kinderhandel und gesellschaftlichen Problemen wie Drogenhandel, bewaffneten Konflikten oder AIDS kaum berücksichtigt. Und es fehlt wohl auch der Wille dazu, denn Chanthol Oung bemerkt: "Viele Schmuggler und Bordellbetreiber werden außerdem von hochrangigen Militärs oder einflußreichen Personen geschützt und unterstützt. Es gibt sogar Fälle, wo sie selbst Bordelle betreiben."