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'Nicht ausreichend'

14. August 2009

Die UN-Verhandlungen über ein neues internationales Klimaschutzabkommen kommen nur schleppend voran. Der Chef des UN-Klimasekretariats Yvo de Boer warnt im Interview eindringlich vor dem Scheitern der Verhandlungen.

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Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariates (Foto: dpa)
Yvo de BoerBild: picture-alliance/ dpa

DW-WORLD.DE: Herr de Boer, vor Beginn der Klimaschutzgespräche in Bonn haben Sie die Teilnehmer dazu gedrängt, grundlegende und konkrete Fortschritte bei den Verhandlungen zu erreichen. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?

Yvo de Boer: Nein, ich bin nicht zufrieden. Als wir hier das erste Mal am Montag zusammenkamen, hatten wir ein sehr langes Dokument auf dem Tisch mit über 200 Seiten. Es gab zu wenig Fortschritte, diesen Text knapper zu formulieren. Es sind noch heute 200 Seiten. Das bedeutet, dass im Grunde alle Bereiche der Verhandlungen noch diskutiert werden müssen. Es gab einige Verbesserungen, etwa bei den Themen Anpassung an den Klimawandel oder technologische Unterstützung der Industriestaaten für ärmere Länder. Kaum Fortschritte gab es jedoch bei der Frage, was die Mitgliedstaaten tatsächlich unternehmen möchten, um ihre Treibhausgasemissionen zu verringern.

Wie nah kommen die Industriestaaten dem wissenschaftlich empfohlenen Ziel einer Emissionsminderung um bis zu 40 Prozent bis zum Jahr 2020?

Betrachtet man die Angebote, die derzeit auf dem Tisch liegen, sind wir noch weit von dieser Marke entfernt.

Insbesondere die US-Regierung unter Präsident Obama hat ihre Haltung zum Klimawandel massiv verändert. Macht sich das auch positiv beim Verhalten der US-Delegation bemerkbar?

Seit der Wahl von Obama gab es tatsächlich sehr große Veränderungen bei den Positionen der USA in den Kopenhagen-Verhandlungen, die die Bemühungen und Ziele des neuen Präsidenten widerspiegeln.

Wie hilfreich ist der Einfluss der US-Delegation bei den Klimaschutzgesprächen?

Ihre Arbeit ist sehr hilfreich und sie sind bei den Verhandlungen sehr einflussreich. Gleichzeitig muss ich sagen, dass sie den großen Entwicklungsländern sehr viel abverlangen.

Viele Entwicklungsländer sind frustriert wegen der Ablehnung der USA und weiterer Industriestaaten, sich bis zum Jahr 2020 ambitionierte Emissionsminderungen vorzunehmen. Haben aber nicht insbesondere die Entwicklungsländer weitreichende Vorschläge verdient?

Ich denke, die gesamte Weltgemeinschaft verdient ambitioniertere Pläne von Seiten der Industrieländer. De facto sind die Vorschläge dieser Gruppe, die bisher vorliegen, nicht ausreichend. Da sollten sie noch grundlegend nachbessern. Aber auch in anderen Bereichen brauchen wir Verbesserungen, etwa bei den Finanzhilfen für Entwicklungsländer, wie effiziente Technologien in der Welt verteilt und wie die Entwicklungsländer auf die Klimaveränderungen vorbereitet werden.

Anscheinend traut sich niemand so recht mit weitreichenden Emissionsminderungen aus der Deckung. Welche Staaten sollten ihrer Ansicht nach den nächsten Schritt machen?

Es ist ja nicht so, dass es keine mutigen Angebote gibt. Die Europäische Union hat etwa eine Minderung von 20 bis 30 Prozent vorgelegt. Auch andere Länder haben recht ambitionierte Vorschläge gemacht. Die entscheidende Frage ist, wie die Industrieländer durch stärkere Zusammenarbeit ihr Engagement bei den Verhandlungen verstärken können. Genau darum ging es ja bei den Debatten in Bonn.

Das Interview führte Moritz Schröder.

Redaktion: Oliver Pieper