Die Verlierer der WM: Die Fußballnäher aus Sialkot | Top-Thema – Podcast | DW | 13.06.2006

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Top-Thema – Podcast

Die Verlierer der WM: Die Fußballnäher aus Sialkot

Markenfußbälle, wie sie auch bei der Fußball-WM zum Einsatz kommen, kosten hierzulande über 100 Euro. Den Profit machen die internationalen Sportkonzerne jedoch auf Kosten der Näher in armen Ländern - wie in Pakistan.

Fußbälle werden oft in Billiglohnländern produziert. Auch solche für die WM.

Fußbälle werden oft in Billiglohnländern produziert. Auch solche für die WM.

Während der WM dauert ein Spiel 90 Minuten - mindestens. In dieser Zeit fertigt ein Näher, wie es sie beispielsweise im pakistanischen Sialkot gibt, vielleicht einen halben Fußball. Rund 80 Prozent der Weltfußballproduktion stammen aus Werken in und um das Industriezentrum im pakistanischen Nordosten. Global Player wie Adidas oder Nike lassen in Sialkot und Wazirabad nähen.

Während so ein Leder in deutschen Läden stolze 90 bis 190 Euro kostet, verdient Muhammad Nadin gerade einmal 40 Rupien, knapp 60 Cent, wenn er im Hof eines von 15 Produktionszentren des Fußballgiganten Saga einen Lederball fertig hat. Er arbeitet Akkord, schafft vier bis fünf Bälle pro Tag, bringt also maximal 200 Rupien, knapp drei Euro.

Seit kritische Berichte über die Ausbeutung in Betrieben der Weltkonzerne Nike und Adidas die Fußballwelt ein wenig angekratzt haben, sind sie abgeschottet wie Hochsicherheitstrakte. Interviews mit Arbeitern? Völlig unmöglich. Wer mit Medienvertretern redet, riskiert seinen Job.

Für die anderen Arbeiter sind bis zu 14 Stunden in dunklen Hallen auf dem Boden keine Ausnahme. Dazu kommt die ungesunde Politur, die vielen Probleme macht - von den Verhältnissen in den Gerbereien ganz zu schweigen. Seit Kinderarbeit von den Konzernen verboten wurde, hat man die Kinder in noch abgelegenere, noch verkommenere Klitschen abgeschoben, wo sie die frischen Häute mit Urin gerben.

Die wenigsten der Näher werden eines der Spiele anschauen - denn der Volkssport in Pakistan ist Cricket und einen Fernseher hat keiner von ihnen. Wer Verlierer wird, stand aber schon vor dem Eröffnungsspiel fest: Die Fußballnäher aus Sialkot.

GLOSSAR:

stammen aus – kommen aus

Leder, das – hier: der Fußball

stolze 90 Euro – (zu) teure 90 Euro

knapp 60 Cent – etwas weniger als 60 Cent, nicht ganz 60 Cent

Akkord arbeiten – nach der Menge der geleisteten Arbeit bezahlt werden, nicht nach der Zeit

angekratzt – beschädigt; nicht mehr so perfekt

abgeschottet – isoliert, ohne Kontakt

Hochsicherheitstrakt, der – ein sehr stark gesicherter Teil eines Gefängnisses

keine Ausnahme sein – üblich sein, normal sein

Politur, die – ein Mittel, mit dem man etwas reinigt, damit es glänzt

abgelegen – weit von einem Ort entfernt und isoliert

verkommen – in einem schlechten Zustand

Klitsche, die – ein ganz einfacher Betrieb / Raum

gerben – die Haut eines Tieres zu Leder verarbeiten

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