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Die Unterlegene

22. Mai 2009

Eine wilde blonde Lockenpracht, aufgetürmt auf dem Kopf und ein breiter lachender Mund - das sind die Markenzeichen von Gesine Schwan. Sie wollte erste Frau im höchsten Amt der Bundesrepublik Deutschland werden.

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Gesine Schwan (Foto: AP)
Die Herausforderin: Gesine SchwanBild: AP

"Ich habe mich dafür entschieden, weil mein lebenslanges Engagement der Demokratie gilt", sagte Gesine Schwan vor einem Jahr, als der damalige SPD-Parteichef Kurt Beck sie in Berlin als Gegenkandidatin zu Amtsinhaber Horst Köhler präsentierte. Sie glaube, dass das Amt des Bundespräsidenten eine sehr gute Chance biete, die Demokratie, die gegenwärtig in einer kulturellen Krise sei, wieder zu stärken, sagte sie damals.

Der zweite Versuch

Schwan und Köhler (Foto: AP)
Schwan und Köhler kandidierten bereits im Jahr 2004 um das BundespräsidentenamtBild: AP

Es war bereits Schwans zweite Kandidatur. Im Jahr 2004 war sie dem gemeinsamen Kandidaten von CDU/CSU und FDP, dem geschäftsführenden IWF-Direktor Horst Köhler, unterlegen. Auf die Frage, warum sie nach dieser Niederlage noch einmal - und wieder gegen Köhler - antrat, sagte sie auf ihrer Internet-Seite: "Ich tue dies, weil ich davon überzeugt bin, Gutes für Deutschland bewirken zu können."

Dem amtierenden Präsidenten warf sie vor, den Graben zwischen Politik und Gesellschaft zu vertiefen und damit die Erosion der Demokratie in Kauf zu nehmen. Später distanzierte sie sich von diesen Äußerungen, die im Januar in der Wochenzeitung "Die Zeit" zitiert worden waren. Sie selbst sei für das Amt des Staatsoberhaupts gut gerüstet. Ihre Eignung liege in ihrem Lebenslauf und ihrem politischen Engagement begründet.

Geboren wurde Gesine Schwan am 22. Mai 1943 in Berlin. Sie studierte in Berlin und in Freiburg Romanistik, Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft. Außerdem lernte sie polnisch und hielt sich immer wieder zu Studienaufenthalten in Polen auf. In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit dem polnischen Philosophen Leszek Kolakowski. Im Jahr 1975 habilitierte sie sich im Alter von nur 32 Jahren.

Engagierte Geisteswissenschaftlerin

Gesine Schwan an der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder im Juni 2008 (Foto: dpa)
Gesine Schwan war Präsidentin der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder im Juni 2008Bild: picture-alliance/ dpa

Zwei Jahre später wurde sie ordentliche Professorin mit dem Schwerpunkt Politische Theorie. Im Jahr 1999 wurde sie die Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder.

Im Jahr 1972 trat Gesine Schwan in die SPD ein. Sie gehörte dem rechten Flügel der Partei an. Als engagierte Antikommunistin stand sie der Entspannungspolitik der SPD kritisch gegenüber und verlor im Jahr 1984 ihren Sitz in der Grundwertekommission ihrer Partei. Im Frühjahr 1996 wurde sie wieder in dieses Gremium aufgenommen.

Sie war in erster Ehe mit dem Politikwissenschaftler Alexander Schwan verheirat, mit dem sie zwei Kinder adoptierte. Sein Krebstod im Jahr 1989 stürzte sie in eine tiefe Lebenskrise, aus der sie sich mit Hilfe einer Psychoanalyse herausarbeitete. Im Jahr 2004 heiratete sie den Gründer der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Peter Eigen.

Meinungsstark und optimistisch

"Für mich war mein Lebensthema immer die Demokratie, die rechtsstaatliche Demokratie", sagte sie im Jahr 2004, als sie zum ersten Mal für das höchste Staatsamt kandidierte. Seit damals ist Gesine Schwan den Bundesbürgern als selbstbewusste und temperamentvolle Frau bekannt, die gerne lacht und ohne Scheu ihre Meinung sagt.

Ihre erneute Kandidatur um das höchste Staatsamt nahm sie entschlossen in Angriff. Unermüdlich reiste sie durch das Land, hielt Reden zu politischen Fragen, gab Interviews, trat in Talkshows auf und sprach mit den Wahlleuten der Bundesversammlung. "Wenn ich mir keine Chance ausrechnen würde, wäre ich nicht angetreten", sagte sie einmal.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Kay-Alexander Scholz