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Glaube

Die Tür ist offen

2. Dezember 2022

Viele Menschen suchen einen Zugang zu Gott. Dass Gott seinerseits einen Zugang zu uns Menschen sucht, gerät dabei leicht aus dem Blick. Gut, dass er nicht aufhört, daran zu arbeiten.

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Ladengeschäft, Hackesche Höfe, Berlin
Bild: imageBROKER/picture alliance

Sie kam teils ärgerlich, teils amüsiert nach Hause. Sie erzählte ihrem Ehemann: „Was mir passiert ist! Ich rüttelte an einem Tor, es ging nicht auf. Da kam der Gärtner, und ich beklagte mich über die so schwergängige Pforte. Er kam heran und drückte sie mit Leichtigkeit auf. Was war passiert? Ich hatte versucht, die Tür in die falsche Richtung zu öffnen, durch Drücken. Sie ging aber nur durch Ziehen auf.“

In die andere Richtung

Das hat mich daran erinnert, auf welche Weise viele Menschen Zugang zu Gott suchen. Sie machen sich viel Arbeit mit Gott, wollen ihn erreichen durch Andachtsübungen, durch gute Taten, durch ein bewusstes Leben. Aber so viel sie auch rütteln an der Tür, es ist vergeblich. Die Tür bleibt zu. Sie müssten nur die Richtung an der Tür wechseln, und sie erführen, dass sie offen ist. Denn lange bevor sie zu Gott kommen, ist Gott schon bei ihnen in seiner Liebe. Die Arbeit des Menschen an Gott ist vergeblich. Deshalb arbeitet sich Gott ab am Menschen.

Es ist ein merkwürdiger Gedanke, dass Gott arbeitet. Ist er nicht allmächtig, genügt nicht ein Hauch seines Mundes, um Leben zu stiften und Leben zu beenden? Aber es ist ein biblischer Gedanke, dass Gott arbeitet. Im Buch Jesaja lässt er den Propheten wissen: „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten“ (Jesaja 43, 24). Dass der Mensch ein Sünder ist, dass er entfremdet in der Gottferne lebt und es nicht erkennt, ist der Grund für Gottes Arbeit.

Gottes Arbeit

Aus dem Kontext dieses Bibelverses geht hervor: Gottes Arbeit am Menschen besteht in der Vergebung. Gott leidet unter der Gottlosigkeit seiner Menschen. Sie äußert sich in Habgier und Geiz – sogar noch das fehlende Opfer am Altar legt dafür Zeugnis ab. „Mir hast du nicht die Schafe deines Brandopfers gebracht noch mich geehrt mit deinen Schlachtopfern“ (Jesaja 43.23). Aber Gott hat den Menschen die Arbeit mit Opfergaben und anderen religiösen Tätigkeiten nicht zugemutet. Gott mutet sich selbst die Arbeit zu.

Das Ergebnis dieser Arbeit soll die Vergebung sein. Gott wollte dem Volk Israel einen neuen Zugang zu sich selbst verschaffen. Die bösen Taten, die Vernachlässigungen und Übertretungen des göttlichen Gesetzes, derer es sich schuldig gemacht hatte, sollten nicht mehr trennend zwischen Gott und Israel stehen. Das Volk konnte es nicht selbst aus dem Weg räumen – damals und wir heute nicht, wo Gottes Rufe zur Vergebung in der ganzen Welt erschallen. Man kann sich nicht selbst vergeben. Der Täter kann nicht zum Opfer sagen: „Ich vergebe dir!“ Vergebung kann nur das Opfer aussprechen. Genau das will Gott tun, aber damit scheitert er oft. Kaum jemand will die Vergebung wirklich haben. Viele wollen lieber auf ihre eigene Art daran arbeiten, dass sie Gott finden.

Adventshoffnung

Ich muss mir das auch manchmal selbst sagen: Wir brauchen die Tür zu Gott nicht mehr selbst zu öffnen. Gott hat uns diese Arbeit abgenommen und sie selbst geöffnet. Jetzt arbeitet er daran, dass wir erkennen: Die Tür ist ja offen. Es reicht, sie in die andere Richtung zu öffnen – dorthin, wo am Ende die Erfahrung wartet: Gott steht selbst an dieser Tür und heißt mich willkommen. Gott hat sie geöffnet in Jesus Christus. Er macht sich auf den Weg zu den Menschen, mitten hinein in ihre Welt, in ihre Herzen. Das ist die Botschaft des Advents. Und die Hoffnung sagt: Gottes Arbeit am Menschen hört niemals auf.