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Taiga schützt Klima

2. März 2010

Bilder von fallenden Baumriesen in den Tropen dominieren die Debatte um den globalen Waldschutz. Doch für die Erhaltung des Weltklimas spielen die Wälder der gemäßigten und kalten Breitengrade auch eine Schlüsselrolle.

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Waldpanorama (Foto: DW/ Mareike Aden)
Trügerische Idylle - Dieser Wald ist bedrohtBild: Mareike Aden
Holzfäller im Bikin Tal in Russland (Foto: DW / Mareike Aden)
Starke Maschinen - Stundenlang werden im Bikin-Tal Stämme verladenBild: Mareike Aden

Mühelos hebt der Kran einen Baumstamm nach dem anderen in die Höhe. Schon seit Stunden werden auf einer Lichtung im Bikin-Tal im fernen Osten Russlands bei minus 30 Grad Kälte Baumstämme verladen. Forstexperte Jewgenij Lepjoschkin aus dem WWF-Büro Wladiwostok macht ein Foto nach dem anderen. Was hier geschieht, ist für ihn ausnahmsweise Grund zur Freude: Die Holzfäller müssen das Gebiet räumen.

Auf einer Fläche von 460.000 Hektar des Bikin-Tals haben nun die Umweltorganisation WWF und die Naturvölker der Region das Sagen: Für 49 Jahre haben sie das von Abholzung bedrohte Gebiet vom russischen Staat gepachtet. "Die Urwälder hier spielen eine wichtige Rolle für den Klimaschutz – allein auf unserem Pachtgebiet werden 48 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid gebunden", sagt Lepjoschkin. Die deutsche Bundesregierung und WWF Deutschland unterstützen das Projekt im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative mit 2,5 Millionen Euro für drei Jahre. Danach soll die Pacht mit dem Verkauf von Emissionszertifikaten finanziert werden.

Boreale Wälder: Schlüsselregion fürs Weltklima

Große Teile des Bikin-Tals sind von den sogenannten borealen Wäldern aus Kiefern, Fichten, Birken und Lärchen bedeckt. Solche Taigawälder machen mehr als ein Drittel der weltweiten Waldfläche aus und bilden einen grünen Gürtel nördlich des Äquators zwischen dem 40. und 70. Breitengrad. 60 Prozent dieser Wälder liegen in Russland, aber laut Schätzungen der Nichtregierungsorganisation "Russischer Waldclub" sind nur zwei bis drei Prozent davon ausreichend geschützt.

Blick auf einen Wald im Schnee (Foto: DW / Mareike Aden)
Unberührte Natur - Bewohner und Umweltschützer haben den Wald gepachtetBild: Mareike Aden

Deshalb unterstützt das internationale "Taiga Rescue Network" vor allem russische Umweltorganisationen und Naturvölker bei ihren Anstrengungen, die Taiga vor großflächigen und unkontrollierten Abholzungen zu schützen. "Die borealen Wälder sind eine ökologische Schlüsselregion, die wegen ihrer Sensibilität und ihrer Größe das Klima beeinflussen können", schreibt das Netzwerk in einem neuen Bericht zum Thema.

Klima-Zeitbombe im Boden

Doch auch in Kanada und den skandinavischen Ländern sind die borealen Wälder durch nichtnachhaltige Holzproduktion und eine immer weiter fortschreitende Erschließung der Gebiete durch den Menschen bedroht. Die Umweltorganisation Greenpeace ist seit Jahren in Nordkanada und Finnland tätig, um dort in den borealen Wäldern eine extensive Abholzung für die Papierproduktion zu unterbinden oder zumindest einzuschränken.

Ein intakter borealer Wald kann nicht nur große Mengen Kohlenstoff speichern, sondern ist auch resistenter gegen die Folgen der Erderwärmung. Das Gegenteil gilt für boreale Wälder, die durch intensiven Holzabbau gerade ihrer kräftigsten Bäume beraubt werden, so das Fazit einer umfassenden Studie kanadischer Wissenschaftler im Auftrag von Greenpeace. Ein Problem ist dabei insbesondere das Tauen des Permafrost-Bodens, auf dem große Teile dieser Nadelwaldgebiete wachsen. In dem Boden sind seit Jahrtausenden Klimagase eingelagert, doch wenn der Permafrost auftaut, dann gelangen klimaschädliche Methangase in die Atmosphäre. Gesunde Wälder würden davon immer noch einen großen Teil im Boden festhalten. "Dagegen könnte ein sterbender borealer Wald zur Zeitbombe für das Klima werden", sagt Greenpeace-Waldexperte Oliver Salge.

Öffentliche Debatte: Tropen verdrängen Taiga

In der Diskussion um den internationalen Waldschutz spielen die Wälder der kalten Gebiete oft eine Nebenrolle: "Da gibt es leider eine Wahrnehmungslücke in der öffentlichen Meinung", sagt WWF-Waldkoordinator Frank Mörschel, der von deutscher Seite das Projekt im russischen Bikin-Tal koordiniert. "Tropenwälder und deren Schutz scheinen zunächst anziehender und exotischer, weil die Bilder von fallenden Riesenbäumen, die wir im Fernsehen sehen, so dramatisch sind", sagt er. Die Veränderungen in den borealen Wäldern seien nicht so auffällig und visuell spektakulär, aber ebenso eklatant. "Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen", sagt Mörschel.

Sibirischer Tiger frontal (Foto: WWF / Vasily Solkin) # Die digitalisierten Bilder sind ausschließlich für die jeweilige Pressemitteilung und im Zusammenhang mit inhaltlichen Bezügen zum WWF zu verwenden. Die Nutzung der Bilder ist ausschließlich Journalisten deutscher Medien vorbehalten. Die Verwendung ist kostenlos. # In der Legende muss das Bildmaterial des WWF mit dem Kürzel © WWF-Canon resp. © WWF und der jeweiligen benannten Autoren in Erscheinung treten, dies gilt auch für eine Veröffentlichung im Internet. Die Bildunterschrift und der Bildautor befinden sich in der IPTC. Bei einer Veröffentlichung im Internet ist dem WWF die Internetadresse in Form eines Links an e.bildarchiv@wwf.de mitzuteilen. Im Falle einer nicht genehmigten Veröffentlichung gehen sämtliche Schadensansprüche zu Lasten des oben genannten Vertragspartners, der den WWF von jeglicher Inanspruchnahme Dritter freizustellen hat.
Gefährdete Art - Freilebende Tiger sind hier vom Aussterben bedrohtBild: WWF / Vasily Solkin

Zumindest im Bikin-Tal in Ostsibirien haben die Umweltaktivisten nun 49 Jahre Zeit, die Urwälder zu schützen. Danach, so hoffen sie, wird der russische Staat dem Gebiet offiziellen Schutzstatus verleihen. Dank des vom Aussterben bedrohten Amur-Tigers, des wohl berühmtesten Einwohners der Bikin-Region, könnte das schneller gehen als gedacht: Im Herbst 2010 treffen sich im russischen Wladiwostok Politiker aller Länder, in denen es noch Tiger gibt. Wenn der russische Premier Wladimir Putin dort den Schutz der Region zur Chefsache erklären würde, dann könnte davon nicht nur der Amur-Tiger, sondern auch das Weltklima profitieren.

Autorin: Mareike Aden