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Meinung ist gefragt

Suzanne Cords13. Mai 2013

Welche Verantwortung tragen westliche Länder für die demokratische Entwicklung anderer Staaten - und wie glaubwürdig treten sie dabei auf? Dazu haben unsere Aktivisten unterschiedliche Auffassungen.

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Journalistin Tetiana Chornovol aus der Ukraine:

Die amerikanische Demokratie leidet an eigenen Krankheiten. Im Bereich "Terrorbekämpfung" haben sich Zustände entwickelt, die sich kaum als demokratisch bezeichnen lassen. Die Außenpolitik ist oft aggressiv. Doch der Beitrag der Vereinigten Staaten und anderer westlichen Länder zur demokratischen Entwicklung in der Welt ist nicht zu leugnen. Das Wichtigste ist, dass der Westen Werte wie Demokratie und Freiheit auf seine Fahnen schreibt, auch wenn er dabei oft doppelte Maßstäbe anlegt. Die Außen- und Innenpolitik des Westens mag zwar oft nicht wirklich sauber sein, doch wird auf der ganzen Welt wohl kaum ein Mensch zu finden sein, der die unvollkommene Demokratie der USA gegen die eiserne Ordnung Nordkoreas austauschen möchte.

Die Aktivistin Tetiana Chornovol aus der Ukraine (Foto: DW)
Bild: DW

Oppositionspolitiker Amr Badr aus Ägypten:

Westliche Länder tragen eine doppelte Verantwortung für die Demokratie: Zum einen müssen sie ihre Erfahrungen mit Ländern in der Übergangsphase von einer Diktatur zur Demokratie teilen; zum anderen müssen sie auf jeden Fall dabei helfen, freie und faire Wahlen zu garantieren. Ich finde, ausländische Wahlbeobachter sollten den Prozess immer begleiten und überwachen.

Oppositionspolitiker Amr Badr aus Ägypten (Foto:DW)
Bild: DW

Umweltaktivist Quentin James aus den USA:

Die USA klingt zwar glaubwürdig, wenn sie sich für die Demokratie als Staatsform einsetzt, aber wir sind auch nach 263 Jahren immer noch eine junge Nation und müssen anderen Demokratien Zeit geben, sich zu entwickeln und ihren eigenen Weg zu finden. Der Schlüssel zur Demokratie liegt darin, dass alle Bürger beim Vorankommen ihrer Nation eine Rolle spielen und wichtige Aufgaben übernehmen. Letztendlich soll eine Demokratie Frieden bringen, aber manchmal bedeutet die Demokratie eben Gewalt und Krieg, die von den Machthabern ausgeht. Wir sollten uns für die Demokratie einsetzen und sie unterstützen, wo es geht, aber sie nicht einfordern oder ihr gar im Weg stehen, wenn sie gerade aufblüht.

Der Aktivist Quentin James aus den USA (Foto: DW)
Bild: DW

Rechtsanwältin Lila Bellou aus Griechenland:

Fortgeschrittene westliche Demokratien müssen die Institutionen in weniger gefestigten Demokratien unterstützen, so zum Beispiel in einigen arabischen, asiatischen und afrikanischen Staaten. Das kann nur dadurch erreicht werden, dass sie als gutes Beispiel und mit einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum vorangehen. Es nützt nichts, als "chirurgische" Maßnahme sozusagen ein paar Satellitenstaaten einzurichten, deren Führer vom Westen, von multinationalen Konzernen oder vom freien Markt kontrolliert werden. Mehr Technologie, mehr Mobiltelefone und mehr Kreditkarten machen noch keine Demokratie aus.

Die Aktivistin Lila Bellou aus Griechenland (Foto: DW)
Bild: DW

Japanischdozentin Isabelle Makgoeva aus Russland:

Über 20 Personen sind in Russland seit einem Jahr im Gefängnis eingesperrt, weil sie am Vorabend der Amtseinführung des Präsidenten Putin an friedlichen, legitimen Straßenprotesten teilnahmen – neben hunderttausend anderen russischen Bürgern. Kürzlich wurde jemand zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er die Zahnemaille eines Polizisten verkratzt hatte. Jeden Monat werden weitere Menschen verhaftet; jeder, der eine Großdemonstration besucht, muss mit möglichen Repressalien rechnen. Der Physiker Alexander Dolmatov, der vom russischen Geheimdienst FSB (Bundesagentur für Sicherheit der Russischen Föderation) unter Druck gesetzt wurde, floh nach Holland, da er sonst verhaftet worden wäre. Dort landete er aber in der Abschiebehaft und beging Selbstmord. Habe ich Ihre Frage beantwortet?

Die Aktivistin Isabelle Magkoeva aus Russland (Foto: DW)
Bild: DW

Grafikdesigner Marc Masmiquel aus Spanien:

Der Einfluss der westlichen Länder ist riesig - und zwar so sehr, dass der Globalisierungs- und Vereinheitlichungsprozess die unterschiedlichsten Kulturen zerstört hat. Die westliche Zivilisation hat bislang das Andersartige nicht respektiert und ihm unter dem Deckmantel der Entwicklung und des Reichtums Wirtschaftsmodelle aufgezwungen, die destruktiv und obsolet sind. Die freie Marktwirtschaft ist das genaue Gegenteil von Freiheit und tatsächlicher Demokratie. Jeder Analyst, Soziologe, Anthropologe oder Sozialwissenschaftler weiß, dass die Verantwortung für das Gemeinwohl in den letzten 50 Jahren massiv mit Füßen getreten wurde. Es ist Zeit für eine Veränderung.

Der Aktivist Marc Masmiquel aus Spanien (Foto: DW)
Bild: DW