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Politik

Die Katar-Krise greift auf Afrika über

Martina Schwikowski
25. August 2017

Die Krise am Golf hat Afrika erreicht. Saudi-Arabien fordert mehrere Länder auf, sich dem Katar-Boykott anzuschließen. Aber nicht jede Regierung will sich dem Diktat aus Riad beugen. Die Spannungen wachsen.

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Saudi-Arabiens Außenminister al-Jubeir mit dem mauretanischen Präsidenten Ould Abdel Aziz während eines Gipfels der Afrikanischen Union in Addis Abeba (Archivbild)
Saudi-Arabiens Außenminister al-Jubeir mit dem mauretanischen Präsidenten Ould Abdel Aziz bei einem Besuch in Addis Abeba (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/AA/M.W.Hailu

Bisher kam Somalia mit Katar gut zurecht. Doch Katars Nachbarländer Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain fordern von der Regierung in Mogadischu, die Beziehungen zum Golfemirat abzubrechen. Doch die will sich dem Druck nicht beugen. Stattdessen rief Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed alle beteiligten Staaten zum Dialog auf. Zum Ärger der Nachbarn ließ er sogar katarische Flugzeuge über somalisches Staatsgebiet fliegen.

Damit schwächt Somalia Boykottmaßnahmen der anderen vier Länder. Im Juni brachen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain die diplomatischen Beziehungen zum Golfemirat ab und schlossen ihre Grenzen. Außerdem verhängten sie eine Blockade gegen Katar. Sie werfen der Regierung vor, Terrororganisationen zu unterstützen. Sie verlangen den Abbruch sämtlicher Kontakte zur Muslim-Bruderschaft und den Abzug türkischer Truppen aus dem Emirat. Katars Emir Scheich Tamim bin Hamad al-Thani pocht jedoch auf die Souveränität des Landes.

Somalia stellt sich hinter Katar

Nun steht Somalias Neutralität auf dem Prüfstand. Das Land hatte bisher ein gutes Verhältnis zu Saudi-Arabien - Somalias größtem Handelspartner. Somalias Präsident Mohamed unterstützt das Land im Jemen-Krieg. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sind wichtige Geldgeber für das bitterarme Somalia. Sie boten der Regierung in Mogadischu rund 68 Millionen Euro zusätzlich, wenn sie sich am Boykott Katars beteiligen würde.

Portraitfoto von Somalias Präsidenten
Somalias Präsident Abdullahi weigert sich, den Katar-Boykott zu unterstützenBild: DW/Y. G/Egziabhare

Somalias Präsident schlug sich trotzdem auf die Seite Katars. Ein möglicher Grund: Katar soll seinen Wahlkampf finanziert haben. Bewiesen ist das allerdings nicht. "Mohamed Abdullahi Mohamed wäre sonst nicht Präsident geworden. Die Wahlen sind durch die Höhe des Geldbetrags entschieden worden, die jeder Kandidat dem Parlament geboten hat", meint der somalische Politikexperte Muhyadin Ahmed Roble im DW-Interview. Somalias politische Elite stehe Katar näher. Der Stabschef des Präsidenten habe den Kontakt zu Katar hergestellt und ihn jetzt beeinflusst, im Konflikt neutral zu bleiben.

Grenzkonflikt flammt wieder auf

Zudem ist der Ärger groß, weil sich die Vereinigten Arabischen Emirate stark in den Regionen Somaliland und Puntland engagieren. Somaliland hat sich für unabhängig erklärt, die Regierung in Mogadischu hält es aber weiterhin für einen Teil ihres Staatsgebiets. "Dem Präsident gefällt das Machtspiel dort nicht, aber er hat den Fehler gemacht, sich nicht mit den regionalen Regierungen zu beraten. Dabei sind sie wirtschaftlich stärker - Somalia erholt sich gerade von 20 Jahren Bürgerkrieg", so Roble.

Verschärft wird die Lage am Horn von Afrika durch das Aufflammen eines alten Grenzkonflikts im Juni: Sieben Jahre lang sicherten Friedenstruppen aus Katar die umstrittene Grenze zwischen Eritrea und Dschibuti. Nach dem Ausbruch der Golf-Krise zog Katar seine rund 450 Friedenssoldaten von der Grenze zu Eritrea ab. Damit beendete Katar seine Rolle als Vermittler zwischen den beiden Ländern. Sofort besetzte Eritrea die unbewohnte Grenzzone nordöstlich von Dschibuti. "Eritrea will nicht einlenken, das könnte zwischen den drei Staaten zu noch stärkeren Spannungen führen", warnt Muhyadin Ahmed Robel.

Infografik Golfkrise in Afrika DEU

Spannungen in Westafrika

Zumal alle Länder im Katar-Konflikt auf verschiedenen Seiten stehen. "Eritrea und Dschibuti haben die Saudis und die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützt, lediglich Somalia und Äthiopien sind neutral", sagt Experte Robel. Im regionalen Machtspiel hätten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate eine deutliche stärkere Position als Katar, denn Katar habe nur gute Beziehungen zu Somalia, fügt Robel hinzu.

Auch Westafrika ist von der Golfkrise betroffen. Saudi-Arabien hat die Länder der Sahel-Zone aufgefordert, Position zu beziehen. Der Tschad hat sich auf die Seite von Saudi-Arabien gestellt. Das Land hat diese Woche den katarischen Botschafter informiert, dass er und seine Mitarbeiter das Land verlassen sollen. Zudem rief die Regierung ihre Diplomaten aus Katar zurück. "Tschad fürchtet eine Instabilität, die keine Fiktion ist. Wir wissen genau, dass jihadistischen Bewegungen in Libyen von Katar unterstützt werden. Tschad fürchtet die tschadischen Rebellen, die in Libyen tätig sind", sagt Abdoulaye Sounaye, Mitarbeiter im Leibnitz-Zentrum Moderner Orient in Berlin.

Senegal hingegen unterhält gute Kontakte zu Katar, die auf alte Traditionen zurückgehen. "Senegal ist ein Sonderfall. Das Land hat die besten wirtschaftlichen Beziehungen zu Katar und profitiert sehr von katarischen Investitionen", meint Sounaye. Senegal sei daher besser aufgestellt als andere Länder und verfolge seine eigenen Interessen. Die Sahel-Länder jedoch verlören mehr, wenn sie ihre Beziehungen zu Saudi-Arabien abbrechen. Sie kooperieren mit dem Königreich am Golf seit Jahrzehnten - aber nicht mit Katar.