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Helfer der Hochschulen

17. April 2010

Verkürzte Studienzeiten und viel Lernstoff – da bleibt Studenten häufig keine Zeit mehr für ein Ehrenamt. Doch es gibt sie auch in Zeiten von Bachelor und Master noch: die sozial engagierten Helden der Hochschule.

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Symbolbild Entwicklungshilfe: Handschlag (Foto: Bilderbox)
Bild: BilderBox

Schuhe putzen – das ist für die meisten Studierenden wohl eher eine lästige Pflicht, der sie gerne aus dem Weg gehen. Besonders, wenn es dabei noch nicht einmal um die eigenen geht. Nicht so Stephan Winkler. Der Berliner Student cremt und wienert mit Begeisterung Schuhe – und zwar von wildfremden Menschen. Denn damit will er jungen Schuhputzern in Äthiopien helfen. Ihnen spendet er seinen gesamten Verdienst.

"Ich möchte die Perspektive auf Afrika und Äthiopien in der westlichen Welt verändern", sagt Stephan Winkler. "Es ist nicht nur ein Kontinent voller Armut und Hungersnöte, sondern auch voller Hoffnung." Wie die Kinder und Jugendlichen in Äthiopien sich tagtäglich mit einfachen Jobs durchs Leben schlagen, um sich ihren Unterhalt und Schulbesuch selbst zu finanzieren, hat den 20-jährigen Kommunikationsdesign-Studenten tief beeindruckt.

Eine Frage der Priorität

Schuhputzer in Äthopien (Foto: Listros)
Schuhputzer in ÄthopienBild: Listros

Ein Wettbewerb des Berliner Vereins "Listros", der den Kindern mit Projekten wie Schuhputzaktionen in Deutschland helfen will, brachte Stephan Winkler auf die Idee, sich dort ehrenamtlich zu engagieren. Die Zeit dafür nimmt er sich einfach - trotz seines anstrengenden Bachelorstudiums an der Berliner Technischen Kunsthochschule. "Es ist eine Frage der Priorität", betont er. "Wenn man etwas bewegen möchte, dann findet man auch die Zeit dafür."

Das scheinen viele Studenten heute anders zu sehen. 64 Prozent klagen darüber, seit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge keine Zeit mehr für ein Engagement außerhalb des Studiums zu haben. So manche Hochschule und die Deutschen Studentenwerke sehen das mit Sorge. Damit zum Beispiel ausländischen Kommilitonen geholfen wird, sich besser an der Uni zurechtzufinden, vergeben Universitäten zum Teil "Credit Points" für ein ehrenamtliches Engagement ihrer Studenten.

Werbung machen fürs Ehrenamt

Stefan Grob, Referatsleiter Presse/Kultur und Stellvertreter des Generalsekretärs des Deutschen Studentenwerks (Foto: Stefan Grob)
Stefan GrobBild: Stefan Grob

"Es wäre wünschenswert, wenn es dieses Modell schon an allen Hochschulen gäbe", sagt der Sprecher des Deutschen Studentenwerks, Stefan Grob. Um das ehrenamtliche Engagement an den Universitäten wieder ins Gespräch zu bringen, schreibt das Studentenwerk seit 2003 alle zwei Jahre einen Wettbewerb aus. "Zwar wird das Thema Ehrenamt in Deutschland überall beworben, aber an den Universitäten hat es lange brach gelegen", erklärt Grob. "Dabei ist klar, dass unsere älter werdende Gesellschaft in Zukunft nur bestehen kann, wenn wir uns wieder stärker füreinander einsetzen."

Insgesamt 13.000 Euro winken den sieben Siegern des Wettbewerbs "Studierende für Studierende". Über 150 Nominierungen besonders engagierter Studenten durch ihre Hochschulen und Kommilitonen sind bereits beim Studentenwerk eingegangen. Noch im April trifft die Jury eine Vorauswahl, Ende Juni werden die Gewinner bekannt gegeben und Ende Oktober dann in Berlin ausgezeichnet.

Preiswürdig: Hilfe für Historiker

Sebastian Thiele, Historiker aus Freiburg (Foto: Sebastian Thiele)
Sebastian ThieleBild: Sebastian Thiele

"Wir fassen den Begriff des Ehrenamts ziemlich weit", sagt Stefan Grob. "Überall, wo Studierende anderen Studierenden helfen, handelt es sich um soziales Engagement." Und das kann auch mit den Möglichkeiten der modernen Kommunikation geschehen. So hat das Studentenwerk bei seinem letzten Wettbewerb im Jahr 2007 die Internetseite des Freiburger Geschichtsstudenten Sebastian Thiele ausgezeichnet. Er hat ein Onlineportal gestaltet, in dem sich Kommilitonen über die Berufsmöglichkeiten von Historikern informieren können.

Seine Seite wird auch heute noch rege genutzt. Über 23.000 Besucher zählte Sebastian Thiele in den vergangenen drei Monaten. Der Student hat gerade sein Examen gemacht und erfährt nun persönlich, "was es heißt, marktfern studiert zu haben". Die Idee zu seinem Internetportal kam dem Historiker übrigens im vierten Semester seines Magisterstudiengangs – und er hatte auch die Zeit, an der Webseite zu basteln. "Ich befürchte", sagt er, "das hätte ich mit einem Bachelorstudium nicht geschafft."

Autorinnen: Sabine Damaschke, Nadine Wojcik

Redaktion: Gaby Reucher