1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Drogen-Matrjoschka: Polit-Skandal in Kirgisistan

14. September 2006

Der Oppositionelle Omurbek Tekebajew war in Warschau wegen der Einfuhr von Drogen festgenommen worden. Die soll ihm jedoch ein Mitarbeiter des Geheimdienstes untergeschoben haben. In Bischkek gab es erste Entlassungen.

https://p.dw.com/p/97VU
Drogenfund mit KonsequenzenBild: dpa - Fotoreport

Nach einigen Tagen, die der führende Vertreter der kirgisischen Opposition, Omurbek Tekebajew, in einem polnischen Gefängnis hatte verbringen müssen, kehrte er am 12. September wohlbehalten in seine Heimat zurück. Tekebajew war in der vergangenen Woche am Warschauer Flughafen festgenommen worden. In seinem Gepäck hatten die Grenzschützer eine Souvenier-Matrjoschka gefunden, in der Drogen versteckt waren. Ein polnisches Gericht sprach Tekebajew jedoch frei.

Vorwürfe gegen Bruder des Präsidenten

Unterdessen gab der Abgeordneten-Ausschuss, der sich mit dem Fall Tekebajew befasst, die Ergebnisse seiner Untersuchungen bekannt. So sollen die Drogen Tekebajew bereits im Bischkeker Flughafen auf persönliche Anweisung des stellvertretenden Chefs des Nationalen Sicherheitsdienstes untergeschoben worden sein – keines geringeren als Schanysch Bakijew, dem Bruder des Präsidenten des Landes. Den Abgeordneten zufolge hat der Vizepräsident des Flughafens Manas, Nadyr Mamyrow, entsprechende Aussagen gemacht. Schanysch Bakijew wurde bereits von seinem Amt entlassen.

Zu den Abgeordneten gelangte auch eine Dienstnotiz, die Mamyrow an das Staatsoberhaupt gerichtet hatte. Deren Inhalt veröffentlichte der Abgeordnete Asimbek Beknasarow während einer Parlamentssitzung: "Der stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsdienstes der Kirgisischen Republik, Generalmajor Bakijew, hat einen Sondereinsatz gegen Tekebajew in Auftrag gegeben, der von Bischkek über Istanbul nach Warschau fliegt."

Alles nur eine Provokation?

Am 13. September erklärte der nun ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Schanysch Bakijew, auf einer Pressekonferenz, er habe mit dem Vorfall um den Abgeordneten Tekebajew nichts zu tun: "Erstens habe ich nie eine solche Anweisung gegeben. Es gab weder einen mündlichen noch einen schriftlichen Befehl an die Mitarbeiter, irgendeine Sonderoperation durchzuführen. Die sogenannte Sonderoperation ist primitiv durchgeführt worden. Die Strafsache ist eben erst eröffnet worden, die Ermittlungen laufen, und es gibt keine seriösen Beweise. Manche sagen, es war Kokain, andere sprechen von Heroin. Kokain als solches gibt es in Kirgisistan nicht. Ich bin der Ansicht, dass dies eine reine Provokation ist." Generalmajor Bakijew fügte noch hinzu, der Abgeordnete Tekebajew habe für die kirgisische Staatsmacht keine Bedrohung dargestellt, und irgendwelche Operationen gegen ihn seien nicht notwendig gewesen.

Sicherheitschef zurückgetreten

Über die Reaktion des Präsidenten des Landes, Kurmanbek Bakijew, auf das Ergebnis des Abgeordneten-Ausschusses berichtete der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsdienstes, Busurmankul Tabaldijew. Ihm zufolge habe der Präsident des Landes erklärte, es liege eine Strafsache vor. Falls sein Bruder schuldig sei, dann solle ermittelt werden und dann solle er vor dem Gesetz Verantwortung übernehmen. Tabaldijew sagte ferner: "Ich übernehme ebenfalls als Vorsitzender moralische Verantwortung, obwohl ich an jener Provokation nicht unmittelbar schuld bin. Ich habe aber den Präsidenten um meine Absetzung gebeten."

Inzwischen wurde Oberst Elmursa Satybaldijew, der zuvor stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates war, mit einem Erlass des Präsidenten zum amtierenden Chef der Behörde ernannt.

Opposition fordert weitere Konsequenzen

Viele Abgeordneten glauben jedoch, dass es zu wenig sei, die Vertreter der Rechtsschutzorgane nur von ihren Ämtern abzusetzen. Der Bruder des Präsidenten, meinen die Abgeordneten, müsse zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden. Außerdem werden die Parlamentarier möglicherweise die vorzeitige Absetzung des Präsidenten und des Premierministers verlangen. Entsprechende Forderungen wurden bereits auf einer Kundgebung der Opposition laut, die am 12. September vor dem kirgisischen Parlament stattfand.

Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Russisch, 13.9.2006, Fokus Ost-Südost