BookExpo America
22. Mai 2011Es ist noch gar nicht so lange her, da galt die BookExpo America unbestritten als die neben Frankfurt wichtigste Veranstaltung in der Welt der Bücher. Wer im Frühjahr mit Rechten und Lizenzen handeln wollte, kam nicht an ihr vorbei. Und auch diejenigen, die weltweit Bücher exportierten, hatten hier einen wichtigen Treffpunkt.
Spätestens seit Anfang dieses Jahrhunderts ist dies vorbei: Die BookExpo wurde zum Opfer eigener Fehler – und der Tatsache, dass in London ein kleinerer Konkurrent sehr geschickt in die Lücken stieß, die in den USA entstanden.
Glorreiche Vergangenheit und schwierige Gegenwart
Der Niedergang der BookExpo begann eigentlich mit ihrem Beginn. Denn die Veranstaltung trägt diesen Namen erst seit 1995, als die "American Booksellers Association Trade Exhibition and Conference" übernommen wurde von Reed Exhibitions, dem größten Messeveranstalter der Welt, der sie dann auf den neuen Namen taufte. Bis dahin befand sich die Messe im Besitz des US-amerikanischen Verlegerverbands, und der Fokus war klar: Einmal jährlich wurde ein zentraler Treffpunkt für Buchhändler und Verleger geboten. Und dies an wechselnden Orten: Zwischen Miami im Südosten und Seattle im Nordwesten, Las Vegas, Anaheim, Milwaukee und vielen anderen Städten reiste die Veranstaltung in die verschiedenen Regionen des Riesenlandes USA, um eben den regionalen Buchhändlern die Möglichkeit zum Besuch zu geben.
Mit dem Antritt von Reed änderte sich dies: Ab 1995 sollte Chicago der Heimatort werden –eine attraktive Stadt, zentral gelegen. Aber eben doch sehr weit weg für viele der Buchhändler, die eben nicht im Mittleren Westen beheimatet sind. Die blieben denn auch in immer größeren Zahlen der Veranstaltung fern, was wiederum die US-Verlage verärgerte. Nach einigen Jahren versuchte man, durch einen jährlichen Wechsel zwischen Chicago und Los Angeles für Abhilfe zu sorgen – zu spät: Fachbesucher und Aussteller hatten derweil erkannt, dass man nicht die BookExpo braucht, um miteinander ins Geschäft zu kommen.
Damit hatte die BookExpo eigentlich verloren, zumal der internationale Rechtehandel in der munter und frisch agierenden Buchmesse in London ein attraktives neues Zentrum im Frühjahr gefunden hatte. Pikanterweise gehört die Buchmesse in London übrigens gleichfalls zum Messeveranstalter Reed Exhibitions.
Neubeginn mit Hindernissen
Und so entstand die Situation, dass der weltweit größte Buchmarkt – das Umsatzvolumen in den USA beträgt ca. 24 Milliarden US-Dollar, gegenüber ca. 9 Milliarden Euro in Deutschland – über keine wirklich funktionierende internationale Buchmesse verfügte.
Für das Jahr 2010 hatte sich das Management der BookExpo deshalb eine Reform an Haupt und Gliedern verordnet: Als erstes verlagerte man die Messe nach New York, in die Welthauptstadt des Buches also, wo angeblich mehr als 100.000 Menschen in der Buchbranche tätig sind. Zum zweiten verlegte man die Veranstaltung vom Wochenende mitten in die Arbeitswoche hinein – man hatte erkannt, dass heutzutage der Buchhandel in den USA sein Hauptgeschäft am Wochenende macht und deshalb viele Buchhändler nicht zu einer Messe reisen können. Zum dritten verkürzte man die Dauer von drei auf nur noch zwei Tage, sowie einen zusätzlichen Tag für Konferenzen. Und zum vierten organisierte man gemeinsam mit den Großbuchhandlungen Barnes & Noble und Borders sowie der New York Public Library ein Leseprogramm unter dem Namen "New York Book Week". Als dann noch die Vulkanasche aus Island den meisten internationalen Teilnehmern an der London Book Fair die Anreise unmöglich machte, schien alles bereit für den Neuanfang.
Zwar stieg die Zahl der im Agentenzentrum vermieteten Tische von 110 auf jetzt 180, weil viele Literaturagenten ihre Termine in New York nachholten. Aber die Zahl der Aussteller blieb mit rund 1500 bescheiden und auch der Zuspruch von Branchenprofis blieb deutlich unter den Erwartungen. Das Leseprogramm hielt gerade einmal 49 Veranstaltungen bereit – "Leipzig liest" mit seinen 1900 Veranstaltungen bietet da doch einiges mehr.
Jeder Neubeginn ist schwierig, und auch die BookExpo America hat viel Arbeit vor sich in den kommenden Jahren. Die Buchhändler scheinen als Klientel beinahe obsolet zu sein. Zwar laufen immer noch ganze Hundertschaften von europäischen Lektoren und Agenten im Vorfeld der BookExpo durch New York – diese fallen aber als Messekunden wenig ins Gewicht. Vor allem aber muss die BookExpo die Frage beantworten, inwieweit sie sich dem allgemeinen Publikum öffnen will. Dies wäre im Sinne des Gedankens, die Messe als Marketinginstrument für Bücher zu machen, wohl sinnvoll.
Autor: Holger Ehling
Redaktion: Gabriela Schaaf