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Die Arbeit am Verbotenen

Manfred Böhm, Kay-Alexander Scholz24. Juli 2002

Gewalt verherrlichende Videos oder jugendgefährdende Spiele landen, wenn sie denn entdeckt werden, auf dem Index der Bundesprüfstelle. Wie arbeitet diese Behörde und welche Folgen hat ein Platz auf der Indexliste?

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Spiele für die Armee finden viele zivile AnhängerBild: AP

Sie firmiert zwar noch immer als Bundesprüfstelle für jugendgefährdete Schriften, doch die Bonner Behörde kümmert sich mittlerweile auch um Videospiele und Websites. Das geschieht nicht im Alleingang, sondern erst auf Antrag. Im vergangenen Jahr hatten die Jugendschützer insgesamt 404 Indizierungsanträge, die aus allen Winkeln der Republik kamen, zu entscheiden.

Die meisten, und zwar 117, gingen auf das Konto von Thomas Ciecior - von Amtswegen, denn Ciecior ist Jugendschutzbeauftragter der Stadt Bochum. Von ihm stammte auch der Indizierungsantrag für das mit vielen virtuellen Toten vollgestopfte Videospiel "Counter Strike", das bevorzugte PC-Spiel des Erfurter Amokläufers, der 17 Menschen umbrachte. Ciecior brachte den Antrag lange vor der Bluttat auf den Weg.

Thomas Ciecior versteht sich weder als Zensor noch als Computer-Polizist. Ihm geht es schlicht und ergreifend darum, die schlimmsten Auswüchse zu unterbinden. Wie im Fall des - nach seinem Antrag - indizierten Spieles "Carmageddon": Ein ausgesprochen perfides Autorennen, das man entweder durch gezielte Kollisionen mit Konkurrenten oder durch möglichst häufiges Überfahren von Fußgängern gewinnen konnte. Bis es dank Ciecior auf den Index kam. Immer dann, wenn das Renngefährt einen Menschen blutig zermalmte, entfuhr der virtuellen Lenkerin lediglich ein teilnahmsloses "Ups".

Kein wirkliches Verbot

Jugendschützer Ciecior wird bei seiner Suche im Netz ausgesprochen oft anstößig fündig. "Da es sich in den allermeisten Fällen um Seiten mit pornographischen Inhalten im weitesten Sinne handelt, geht das antragsmäßig sehr schnell, die Begründung ist nicht allzu diffizil. So ein Antrag ist innerhalb von einem Tag gefertigt und kann dann weg nach Bonn."

Danach kann es allerdings Monate dauern, bis das Verbot im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. Falls der Schund-Anbieter nicht vorher in den anonymen Tiefen des Netzes untertaucht. Einmal auf den Index gesetzt, darf das vermeintliche Unterhaltungsobjekt nicht mehr beworben oder über den Versandhandel verkauft werden, erklärt die Vorsitzende der Indizierungsbehörde, Elke Monssen-Enwerding, gegenüber DW-WORLD. Im Laden bekommt man das "verbotene" Spiel oder Video dann nur noch unter dem Ladentisch und der Interessierte muss nachweisen, dass er volljährig ist. Der Betreiber einer indizierten Internetsite muss einen Warnhinweis für die User einbauen.

Ein weites Feld

Über flankierende Unterstützung würde sich Ciecior selbstverständlich nicht beklagen, denn das Feld, das er beackert, präsentiert sich als unappetitlich ergiebig. "Im Internet kursieren eine ganze Reihe von Seiten, wo echte Unfallopfer und Kriegstote in unwürdiger Form dargestellt werden. Da weiß man dann, da liegt ein wirklich toter Mensch, der gelitten hat und Angst gehabt hat."

Seit Anfang Juli ist auch die US-Armee mit einem Kampfspiel im Internet vertreten: Ein Spiel, das Experten als derbes Ballerspiel einstufen. Ein weiterer Fall für den Vielantragsteller?