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Amtsmüde Ashton

Christoph Hasselbach30. März 2013

Schon anderthalb Jahre vor dem Ende ihres Mandats hat die EU-Außenrepräsentantin Catherine Ashton angedeutet, dass sie nicht wieder kandidieren will. Viele fühlen sich in ihrer Kritik an ihr bestätigt.

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Ashton vor Europaflagge (Foto: AP)
Bild: AP

Als der Europäische Rat 2009 die britische Labour-Politikerin Baroness Catherine Ashton zur Außenbeauftragten der EU machte, fragten viele: Wer ist Ashton? Die Britin war zwar ein Jahr lang EU-Handelskommissarin gewesen, aber in der europäischen Öffentlichkeit und selbst in Großbritannien war sie kaum bekannt. Die gestellte Aufgabe war ehrgeizig. Als hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, wie es offiziell heißt, ist sie sowohl Vizepräsidentin der Kommission als auch Vorsitzende des Außenministerrates der Mitgliedsstaaten. Sie sollte damit die gemeinsamen Teile der EU-Außenpolitik und die der Einzelstaaten zu einer möglichst einheitlichen Linie zusammenführen, unterstützt von einem eigenen europäischen diplomatischen Dienst, der immer noch im Aufbau begriffen ist.

EU-Außenministerin sollte Ashton aber ausdrücklich nicht heißen. Das haben einige der Mitgliedsstaaten verhindert, die keine zu starke Stellung dieser zentralen Figur wollten. Bei ihrer Ernennung versuchte sie gleich, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Beurteilen Sie mich nach dem, was ich tue, und ich glaube, dann werden Sie mit mir zufrieden und stolz auf mich sein." Doch vor wenigen Tagen hat sie sich offen über die Belastungen der Aufgabe beklagt und angedeutet, dass sie für keine zweite Amtszeit zur Verfügung steht - anderthalb Jahre, bevor das jetzige Mandat abläuft.

Zu wenig Fremdsprachenkenntnisse

Die Zufriedenheit über die Britin hielt sich von Anfang an in Grenzen. Das fing schon bei ihren mangelnden Fremdsprachenkenntnissen an. Vor allem für Franzosen ist das keine Petitesse. Deutsche becircte sie einmal mit dem unbeholfenen Satz auf Deutsch "Ich habe Deutsch in der Schule gelernt für zwei Jahre, aber ich habe jetzt vergessen." Das Versprechen, in Fremdsprachen besser zu werden, wurde bisher nicht hörbar eingelöst. Schwerer wog der vielfach erhobene Einwand, wie ihn zum Beispiel der österreichische FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer einmal im Parlament äußerte, Ashton sei "ohne wirkliche außenpolitische Erfahrung" und nur "als kleinster gemeinsamer Nenner der Mitgliedsstaaten auf diesen Posten gehievt" worden. Diesen Mangel hat sie inzwischen ausgeglichen. Kaum entkräftet hat sie dagegen die häufige Klage, sie sei oft nicht da, wo sie Flagge zeigen müsse, sie sei von den vielen Aufgaben überfordert und zeige generell zu wenig Engagement. Einen geradezu komischen Anstrich bekam diese Kritik einmal, als ihre Sprecherin in der täglichen Kommissions-Pressekonferenz gefragt wurde, wo Ashton sich gerade aufhalte. Die Antwort: "Wir wissen es nicht, aber sie arbeitet jedenfalls." Die deutsche Grünenabgeordnete Franziska Brantner meinte einmal bissig, an Ashton gewandt: "Wenn Ihnen die Verantwortlichkeiten zu viel sind, dann ist das vielleicht nicht der richtige Job."

Ashton im Gespräch mit Außenministern (Foto: dapd)
Koordinieren, vermitteln, zusammenführen: Ashton mit AußenministernBild: dapd

Schwierige Bedingungen für Ashton

Doch sind die Vorwürfe fair? Janis Emmanouilidis von der Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre wägt ab: "Sie hat sehr vorsichtig agiert. Sie hat keine klaren strategischen Leitlinien vorgezeigt. Es gab Momente, in denen sie nicht schnell genug agiert hat, in denen sie zögerlich war. Man muss aber gleichzeitig auch sehen, dass sie unter sehr schweren Bedingungen operiert hat." Die Finanzkrise habe außenpolitischen Themen und damit auch Ashton wenig Raum gelassen, und in der Libyen- und Syrien-Krise hätten einzelne große Mitgliedsstaaten wie Frankreich und Großbritannien die Initiative an sich gerissen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle nimmt der deutsche CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok Ashton ebenfalls in Schutz: "Dass man in gut zwei Jahren einen auswärtigen Dienst aufbaut, der in einer Vielzahl von Ländern funktioniert, der dazu führt, dass man jetzt in 90 Prozent der Fälle bei den Vereinten Nationen eine gemeinsame europäische Position einnimmt, ist ein Fortschritt." Er findet es aber unbefriedigend, dass die "Synergieeffekte" bisher weitgehend ausgeblieben seien, die man sich von der Position der Außenrepräsentantin erhofft habe. Doch dafür seien die Mitgliedsstaaten mindestens ebenso stark verantwortlich wie Ashton. Und die Probleme der Überforderung könne man überwinden durch die Schaffung von Stellvertreterposten.

Grenzen einer gemeinsamen Außenpolitik

Ashtons ständige Aufgabe ist es, zu koordinieren, zu vermitteln, um eine gemeinsame Außenpolitik der EU herzustellen. Die brauche die EU, um ihr wirtschaftliches Gewicht in weltpolitischen Einfluss zu verwandeln: "Wenn wir zusammenstehen, werden wir unsere Interessen wahren können. Wenn nicht, werden andere die Entscheidungen für uns treffen." Doch die Widerstände innerhalb der EU sind groß, wie Ashton selbst zugibt: "Das Problem ist, dass es verschiedene Ansichten gibt: 27 souveräne Mitgliedsstaaten, die leidenschaftlich an ihr Recht glauben, ihre Politik selbst zu bestimmen." Das sagte sie vor zwei Jahren im Zusammenhang mit der widersprüchlichen Haltung der EU zum Aufstand gegen Muammar Gaddafi in Libyen. Deutschland hatte sich mit seiner Enthaltung im Weltsicherheitsrat in der Frage einer Militärintervention isoliert. Für Ashton war es bereits "das Wichtigste, dass niemand gegen die Resolution gestimmt hat". Frankreich und Großbritannien preschten schließlich voran mit der Intervention in Libyen, so wie sich beide jetzt als Einzige für Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen einsetzen und das notfalls auch allein machen wollen.

Rauchwolken über Tripoli (Foto: picture alliance / dpa)
In Fragen von Krieg und Frieden hört die Gemeinsamkeit auf: Militärintervention in Libyen 2011Bild: picture alliance / dpa

Janis Emmanouilidis vom European Policy Centre sieht hier auch die Grenzen einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik. "Es gibt eine immer stärker werdende Koordination der nationalen außenpolitischen Positionen. Aber wenn es um Fragen von Frieden und Krieg geht, tun sich die Europäer schwer, gemeinsame Positionen zu definieren." Und daran wird sich wohl auch so bald nichts ändern, auch nicht mit einer anderen Person an der Spitze der EU-Außenpolitik.