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Deutschlands Exportüberschuss schrumpft

4. Juli 2022

Jahrelang führte Deutschland mehr aus, als es einführte. Doch massiv gestiegene Preise für den Import von Rohöl und Gas ändern das gerade. Die Aussichten für die Exportwirtschaft sind trübe.

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Containerterminals im Hamburger Hafen im März 2022
Containerterminals im Hamburger Hafen im März 2022Bild: Daniel Reinhardt/dpa/picture-alliance

Die Explosion der Energiepreise hinterlässt deutliche Spuren in der Handelsbilanz Deutschlands im Mai. Erstmals seit mindestens 14 Jahren wies Deutschland im Handel mit anderen Ländern in einem Monat unter dem Strich ein Minus aus.

Die Einfuhren legten gegenüber dem Vorjahresmonat um 27,8 Prozent auf 126,7 Milliarden Euro zu, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Die Ausfuhren Made in Germany stiegen um 11,7 Prozent 125,8 Milliarden Euro.

Die Außenhandelsbilanz schloss kalender- und saisonbereinigt mit einem Minus von rund 1,0 Milliarden Euro.

Nach Angaben der Wiesbadener Behörde war es erste Handelsbilanzdefizit in einem Monat seit Januar 2008. Die Zahlen vor 2008 seien wegen einer Umstellung der Statistik nicht vergleichbar.

Teure Energieimporte, weniger Exporte in EU-Länder

Deutschland ist abhängig von Energieimporten aus dem Ausland. Die Preise für Öl und Gas sind seit Beginn des Ukraine-Krieges massiv gestiegen, was auch das Volumen der Importe vergrößert. Die Importe legten im Mai mit 2,7 Prozent dreimal so stark wie erwartet zu und damit den vierten Monat in Folge.

Für den Exportrückgang sorgte im Mai vor allem das schwächelnde Geschäft mit den anderen EU-Staaten. Die Ausfuhren dorthin schrumpften um 2,8 Prozent.

Das gute laufende Geschäft mit den US-Kunden konnte das nicht ausgleichen. In die Vereinigten Staaten wurden 5,7 Prozent mehr Waren exportiert als im Vormonat. Die Exporte nach China legten dagegen nur um 0,5 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro zu, da die Volksrepublik mit ihrer strikten Null-Covid-Politik wochenlang wichtige Städte wie die Wirtschaftsmetropole Shanghai lahmlegte.

Die Exporte nach Russland wuchsen diesmal um 29,4 Prozent auf 1,0 Milliarden Euro, nachdem sie im März noch fast 60 Prozent und im April um weitere 9,9 Prozent eingebrochen waren. Experten zufolge könnten abgewickelte Altgeschäfte zum Anstieg beigetragen haben. Die westlichen Staaten haben seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar Sanktionen gegen Russland verhängt, die allerdings in Wellen erfolgten und Übergangsfristen enthalten.

Der Anfang vom Abschwung

"Der Exportabschwung ist eingeläutet", kommentierte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, die Entwicklung. "Die Exporteure sind immer weniger in der Lage, die durch Lieferketten bedingten Kostensteigerungen an internationale Kunden weiterzureichen."

Außerdem kämen wichtige Importgüter zur notwendigen Weiterverarbeitung häufig nicht an, insbesondere wegen der Corona-Lockdowns in China. Ein Ende der Preissteigerungen und Lieferkettenprobleme sei nicht in Sicht, so Treier.

Ähnlich sieht das der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Die Aussichten sind düster", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. "Die Folgen des russischen Angriffskriegs und die Störungen in den internationalen Lieferketten werden auch im Außenhandel noch wesentlich stärkere Spuren hinterlassen." Noch seien die Auftragsbücher der Unternehmen gefüllt, aber das Neugeschäft nehme ab.

Europas größte Volkswirtschaft hatte jahrelang mehr exportiert als importiert. Das sorgte bei Handelspartnern immer wieder für Kritik. Vor allem der frühere US-Präsident Donald Trump hatte sich daran gestört.

bea/hb (dpa, rtr)