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Informationstechnologie

7. Dezember 2010

Deutschland liegt im Bereich der Informationstechnologie weiterhin auf Platz sieben weltweit. Damit könne man nicht zufrieden sein, sagt die Kanzlerin und bläst auf dem IT-Gipfel in Dresden zur Aufholjagd.

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Angela Merkel lässt sich auf dem IT-Gipfel in Dresden etwas zeigen (Foto: picture-alliance/dpa)
Merkel will die Branche noch mehr in Schwung bringenBild: picture alliance / dpa

Der Fußball-Bundesliga-Verein Bayern München und der Informations- und Kommunikationstechnik-Standort-Deutschland (IKT) haben im Moment einiges gemeinsam. Sie sind beide nur Mittelmaß, stehen im jeweiligen Wettbewerb nur auf Platz sieben - und beide sind damit keineswegs zufrieden. Die besten Geschäfte mit Informationstechnologie (IT) machen Südkorea, die USA und Japan. Aber auch europäische Nachbarn wie Dänemark, Schweden und Großbritannien liegen im Ranking der 15 führenden IT-Nationen vor Deutschland. Das soll und das muss sich ändern, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf dem Podium beim IT-Gipfel in Dresden (Foto: picture-alliance/dpa)
Der IT-Gipfel ist Chefin-SacheBild: picture-alliance/dpa

Sieben Prozent gebe IKT-Branche für Forschung und Entwicklung aus. Das sei ein Spitzenwert, sagte Merkel. "Das ist einer der Bereiche, in dem am meisten innovativ gearbeitet wird." 40 Prozent aller Innovationen in Deutschland gehen inzwischen auf den IKT-Bereich zurück. "Deshalb können wir nicht zufrieden sein, wenn wir nur Platz sieben unter den weltweit führenden IKT-Standorten haben, sondern wir können noch besser werden", motivierte die Bundeskanzlerin.

Der Schlüssel zum ökonomischen Glück

Die IT-Branche ist eine Schlüsselindustrie, die auf alle Teile der Wirtschaft ausstrahlt. In Deutschland beschäftigt sie knapp 850.000 Menschen, der Umsatz liegt bei rund 140 Milliarden Euro. Seit 2006 treffen sich Politiker, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler jedes Jahr zu einem Nationalen IT-Gipfel. Hier wird nicht nur publik gemacht, was die gemeinsamen Arbeitsgruppen seit dem letzten Gipfel erreicht haben, sondern es werden auch neue Ziele gesteckt.

Wie sicher ist die Branche?

Bundeswirtschaftsminister Rainer Bruederle (Foto: dapd)
Rainer Brüderle will mehr Experten in Deutschland anheuernBild: dapd

In Dresden war das Thema Sicherheit in aller Munde. Mit den Veröffentlichungen durch das Enthüllungsportal Wikileaks hat der Schutz von Daten einen neuen Namen bekommen. Doch für die Zukunft der Branche ist es wichtig, dass die Nutzer Vertrauen in den virtuellen Raum haben. So gilt Cloud Computing als einer der größten Wachstumstreiber der Branche. Dabei werden Daten in Netzwerken, der sogenannten Wolke, gespeichert und nicht auf lokalen Rechnern. Das Wachstumspotenzial beim Cloud Computing wird mit 48 Prozent beziffert. Aber nur, wenn die Anwender sicher sein können, dass ihre Daten gut verwahrt und vor unbefugter Nutzung geschützt sind.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) macht sich aber auch Sorgen um die Sicherung der Informationsinfrastruktur. In seinem Ministerium will er daher eine Art Arbeitsgruppe, eine so genannte Taskforce, für IT-Sicherheit in der Wirtschaft einrichten.

"Cyberwar, das war vor einiger Zeit noch völlig irreal, fand in Science-Fiction-Romanen statt, ist aber inzwischen eine real drohende Gefahr", sagte Brüderle in Dresden. Deshalb sei es wichtig, dass man Kompetenzen aufbaue, dass man entsprechende Fachleute und Fachwissen habe, "und dass wir auch Methoden entwickeln, wie wir uns sichern, damit man uns von außen nicht lahm legen kann. Das ist ein hochsensibler Bereich und eine Daueraufgabe", betonte der Wirtschaftsminister.

IT-Experten gesucht

Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer (Foto: picture-alliance/dpa)
Will Experten anlocken, Wilhelm ScheerBild: picture-alliance/ dpa

Doch um die Fachleute ist es in Deutschland nicht gut bestellt. Aktuell fehlen in der IKT-Branche 30.000 Fachkräfte, Tendenz steigend. Die Bundesregierung erwägt daher, mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Minister Brüderle forderte in Dresden erneut eine geordnete Zuwanderung in Qualität. Doch in der Koalition gibt es nach wie vor auch großen Widerstand und damit Uneinigkeit.

Der Chef des Branchenverbandes BITKOM, August Scheer, kann das nicht verstehen. "Wir müssen auch Fachkräfte aus dem Ausland anlocken", meint der IT-Experte. Scheer verwendet dabei ganz bewusst das Wort "anlocken". Denn wenn man manche Politiker höre, habe man das Gefühl, die Fachkräfte würden alle schon vor der Grenze stehen "und wir müssten nur die Tore aufmachen. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Inder gerade nach Deutschland wollen." Aufgrund der sprachlichen Nähe seien sie wahrscheinlich schneller in den USA als bei in Deutschland.

Mehr Einsatz von der Politik gefordert

Laptop vor Plakat mit Überschrift "Internet der Zukunft" (Foto: dpa)
Das Internet der Zukunft - in Deutschland ist es nicht zu findenBild: picture-alliance/ dpa

Doch es ist nicht nur der Fachkräftemangel, bei dem die Industrie politische Unterstützung einfordert. Auch die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung werden von der IKT-Branche nicht als optimal eingeschätzt. Forschung sei die Umwandlung von Geld in Wissen, Innovation die Umwandlung von Wissen in Geld, sagt Peter Bauer, der Vorstandsvorsitzende von Infineon-Technologies. Global aufgestellte Unternehmen stellten sich eine einfache Frage: Was kostet Forschung und Entwicklung in anderen Ländern, was kostet sie in Deutschland? Wie gut sind die Entwickler, die man weltweit bekomme und was wollen die Kunden? "Im OECD-Vergleich hat Deutschland heute einen Wettbewerbsnachteil auch gegenüber den direkten EU-Nachbarn wie Frankreich, Österreich oder den Niederlanden. Das heißt, Forschung und Entwicklung sind in Deutschland trotz der vergleichsweise guten Leistung teuer", sagt Bauer.

Eine Alternative wäre eine steuerliche Förderung von Forschungsprojekten, doch die Bundesregierung hat sich dazu bislang nicht durchringen können. Sie bevorzugt die Förderung über staatlich gelenkte Projekte, das sichert ihr ein Mitspracherecht.

Autor: Sabine Kinkartz
Redaktion: Nicole Scherschun