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Deutschland im Visier der Rating-Wächter

6. Dezember 2011

Erst war es nur ein Gerücht, doch die Bestätigung kam schnell: Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat den Ausblick für die Euro-Zone auf "negativ" gesetzt. Damit droht auch Deutschland seine Topbonität zu verlieren.

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Die Zentrale von S&P in New York (Foto: dpa)
Die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor's in New YorkBild: picture-alliance/dpa

Und so hat die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) den Druck auf Deutschland und die betroffenen 14 weiteren Euro-Länder ein weiteres Mal erhöht. Gründe für die kritische Einschätzung seien die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen in der Eurozone und der politische Streit um die Lösung der Schuldenkrise, teilte Standard & Poor's am Montag (05.12.11) nach Börsenschluss in New York mit. Die 15 Euro-Staaten stehen nach Darstellung der Rating-Agentur nun unter "Beobachtung".

Bislang noch die Note "AAA"

Unter den Ländern der Eurozone, die bislang noch die Topbewertung "AAA" genießen, könnten neben Deutschland auch Österreich, Finnland, die Niederlande und Luxemburg in ihrer Bonität um eine Stufe nach unten gesetzt werden. Den Franzosen drohte S&P sogar eine Herabsetzung um zwei Stufen an. Die Ratingagentur kündigte an, ihre Überprüfung der Bewertungen im Anschluss an den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag "so schnell wie möglich" abzuschließen. Von dem Gipfeltreffen hängt also eine Menge ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy bemühten sich denn auch, zunächst einmal die Wogen zu glätten. Und weiterhin gemeinsam aufzutreten. In einer in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Erklärung hieß es denn nur knapp, Deutschland und Frankreich nähmen den Schritt der Rating-Agentur "zur Kenntnis".

Sanktionen für Defizit-Sünder

Beide Länder bekräftigten ihre "Überzeugung, dass die heute von beiden Regierungen gemeinsam gemachten Vorschläge die haushalts- und wirtschaftspolitische Koordinierung der Eurozone stärken und so Stabilität, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum fördern werden". Merkel und Sarkozy hatten am Nachmittag bei einer Unterredung in Paris eine rasche Verschärfung der Euro-Spielregeln vereinbart, um die Stabilität der Gemeinschaftswährung zu sichern. Beim EU-Gipfel Ende dieser Woche sollen die Weichen für die nötige Änderung der EU-Verträge gestellt werden. Dabei sollen auch automatische Sanktionen für Defizitsünder eingeführt werden.

Auch der Rettungsfonds wäre betroffen

Symbolbild Euro (Foto: dpa)
Noch zu retten? Der Euro, die GemeinschaftswährungBild: picture-alliance/dpa

Die Wahrscheinlichkeit einer Herabstufung durch S&P liegt nach Einschätzung von Beobachtern für die betroffenen Länder bei mehr als 50 Prozent in den kommenden drei Monaten. Ein Verlust der Topnote für die sechs kreditwürdigsten Länder der Eurozone hätte auch Folgen für den Euro-Rettungsfonds EFSF, der wie seine garantiegebenden Staaten ebenfalls mit der Bestnote bewertet ist.

Debatte um Macht der Ratingagenturen

Die einzige beiden Euro-Länder, denen S&P keine weitere Herabsenkung der Bonität androhte, waren übrigens Zypern und Griechenland. Die Kreditwürdigkeit Athens bewertet die Ratingagentur allerdings bereits mit einer Note, die der Zahlungsunfähigkeit entspricht.

Nun dürfte auch die Diskussion um die Macht der drei großen Ratingagenturen S&P, Moody's und Fitch neue Nahrung bekommen. Denn diese haben mit ihrer Einschätzung der Finanzlage von Staaten großen Einfluss darauf, zu welchen Konditionen sich Regierungen auf den Finanzmärkten frisches Geld besorgen können. In den vergangenen Monaten hatten die Ratingagenturen immer wieder Unmut auf sich gezogen, da sie in heiklen Situationen die Kreditwürdigkeit von Ländern wie etwa Griechenland herabstuften. Ihnen wird vorgeworfen, mit ihren Ankündigungen die Krise noch zu verschärfen. Und die ganze Situation zu sehr aus US-Sicht zu betrachten.

Autor: Marko Langer (AFP, dpa, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer