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Bayern hofft auf arabische Touristen

Felix Schlagwein
14. August 2020

Jahrelang gehörten arabische Touristen zum Alltag in vielen deutschen Städten, auch in München. Durch die Corona-Krise bleiben die zahlungskräftigen Gäste aus den Golfstaaten bislang aus. Doch es gibt Hoffnung.

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Deutschland, arabische Touristen (Frauen im Burqa) in München
Shopping ist die Lieblingsaktivität der arabischen Touristen in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/M. C. Hurek

Arabische Touristen lieben Bayern. Seit Jahren kommen Gäste, vor allem aus den wohlhabenden Golfstaaten, um den unerträglich heißen Sommern in ihrer Heimat zu entfliehen. Und sie sind gern gesehen: denn sie bringen Geld mit - viel Geld. Damit sich die zahlungskräftige Klientel wohlfühlt, haben deutsche Hoteliers keine Kosten und Mühen gescheut: Sie stellten arabischsprachiges Personal ein, passten ihre Speisekarten an und erweiterten das Fernsehprogramm um arabische Kanäle. Einige Hotels brachten gar Pfeile in einigen ihrer Zimmer an, die Richtung Mekka zeigen, um ihren Gästen das Gebet zu erleichtern.

Deutschland - Koch bereitet Essen für arabische Sommergäste vor
Deutsche Hoteliers scheuen keine Kosten und Mühen damit sich arabische Gäste wohlfühlenBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Doch aufgrund der Corona-Krise bleiben die Gäste aus der Golfregion momentan aus. Ohne triftigen Grund dürfen sie nicht nach Deutschland einreisen. München trifft das besonders hart. Die bayrische Landeshauptstadt ist das mit Abstand beliebteste Ziel arabischer Touristen. Knapp 530.000 Übernachtungen von Gästen aus den Golfstaaten zählte man hier 2019. Damit rangieren sie im internationalen Vergleich hinter den USA, Großbritannien und Italien. "Für uns spielen sie eine sehr große Rolle", sagt Robert Leckel, der bei "München Tourismus" unter anderem für den arabischen Raum zuständig ist. "Sie sind als zahlende Gäste ein wichtiger Faktor und mittlerweile auch ein Teil der Münchner Stadtgesellschaft im Sommer", so Leckel. Umso schmerzhafter sei es, dass sie nun nicht kommen dürften.

Einen Hoffnungsschimmer für die Tourismusbranche gibt es dennoch: In fast allen Golfstaaten gehen die Corona-Infektionen stark zurück. Ende Juli wurden bereits die Vereinigten Arabischen Emirate von der Liste der Risikogebiete gestrichen. Robert Leckel bleibt dennoch verhalten: "Aktuell können wir noch nicht abschätzen, ob das ausreicht, um die arabischen Touristen bald wieder hierher zu holen." Das Interesse an Deutschland sei jedenfalls ungebrochen, sagt er. Das zeigten Aktivitäten in den sozialen Medien.

Deutschland, arabische Touristen (Frauen im Burqa) in München
Shopping ist die Lieblingsaktivität der arabischen Touristen in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/M. C. Hurek

Alpen statt Wüste

Die Gäste von der arabischen Halbinsel schätzen an Deutschland vor allem das vergleichsweise milde Klima. Besonders die Alpenregion ist als Kontrastprogramm zu den heimatlichen Wüstenlandschaften beliebt. Hier ist es grün, die zahlreichen Seen bieten Abkühlung und in den Bergen können sie etwas bestaunen, was sie sonst nur aus dem Fernsehen kennen: Schnee. Neben Süddeutschland sind deshalb auch die Schweiz und das Salzburger Land beliebt bei Touristen aus der Golfregion.

Ihre Lieblingsaktivität sei allerdings mit Abstand das Shopping, erklärt Robert Leckel von "München Tourismus". Auch deshalb gefalle ihnen München so gut. "Hier kann man gut einkaufen, die Innenstadt ist überschaubar, man kann alles bequem zu Fuß erreichen. Das ist sehr wichtig für die arabischen Gäste", erklärt er.

Ein weiterer wichtiger Reisegrund für viele Araber: Deutschland ist sicher. Hier können sich frei bewegen und - ganz wichtig - sich kleiden wie sie wollen: Denn anders als beispielsweise in Frankreich oder den Niederlanden, herrscht hier kein Burka-Verbot.

Weniger arabische Medizintouristen

Medizinzeitschriften auf Arabisch für Medizintourismus in München
Medizintouristen sind ein Geldsegen für deutsche KlinikenBild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Der ursprüngliche Grund für eine Reise nach Deutschland war lange Zeit jedoch ein anderer. Die meisten kamen, um sich hier medizinisch behandeln zu lassen. Da die Golfstaaten zwar reich sind, aber ein vergleichsweise schwaches Gesundheitssystem haben, bezuschussten sie großzügig Krankenhausaufenthalte im Ausland.

Für deutsche Kliniken war das ein Geldsegen. Doch in den vergangenen Jahren kamen immer weniger Gäste für eine medizinische Behandlung - auch nach München: "Der Medizintourismus ist immer noch ein wichtiger Reiseanlass für Touristen aus den Golfstaaten. Die Nachfrage ist aber in den vergangenen Jahren zurückgegangen", sagt Robert Leckel von "München Tourismus".

Die weltweite Finanzkrise traf die Golfstaaten hart. Sie kürzten die Zuschüsse für Krankenhausaufenthalte im Ausland und versuchten, selbst ein funktionierendes Gesundheitssystem zu etablieren - allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Deshalb kamen immer noch genug Medizintouristen nach Deutschland. Die Corona-Krise könnte das nun allerdings langfristig ändern. Denn wie viele Patienten aus den Golfstaaten kommen, hängt traditionell stark von der politischen und wirtschaftlichen Lage in ihren Heimatländern ab. Und die ist in der Region aktuell katastrophal , vor allem aufgrund des zwischenzeitlichen Zusammenbruchs des Ölpreises.  

DZT: Mittlerer Osten bis 2030 größter Quellmarkt

Das könnte auch die Erwartungen der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) dämpfen. In ihrer Prognose für 2030 hatte sie den Mittleren Osten noch als am schnellsten wachsenden Quellmarkt eingeschätzt.   Das Reiseaufkommen aus der Region nach Deutschland würde sich bis dahin verdreifachen, schätzt die DZT.

Deutschland. arabische Touristen (Männer) in München
Arabische Touristen gehörten zum Alltag in MünchenBild: picture-alliance/dpa/F. Leonhardt

 Aufgrund der gravierenden Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise auf die Region wird ein solches Wachstum jedoch kaum zu erreichen sein. "Ob das langfristige Potenzial von 3,6 Millionen Übernachtungen aus der Region realisierbar ist, hängt von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung ab, aber auch davon, wie schnell sich der internationale Tourismus von der Corona-Krise erholt", erklärt eine DZT-Sprecherin auf Anfrage der DW. Erst 2023 würden die Übernachtungszahlen voraussichtlich wieder den Stand von vor der Corona-Krise erreichen.