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Deutschland: Öffnung des Arbeitsmarktes für Osteuropäer umstritten

26. Juli 2007

Als 2004 osteuropäische Staaten der EU beitraten, schränkte Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit bis 2009 ein, um Lohndumping zu verhindern. Jetzt wird über eine frühere Öffnung des Arbeitsmarktes gestritten.

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Bedenken trotz Mangel an FachleutenBild: AP

Die Konjunktur brummt, deutsche Unternehmen stellen wieder ein, und in manchen Branchen herrscht bereits ein Mangel an Fachleuten. Gefragt sind vor allem hochqualifizierte Ingenieure. Aber auch Erntehelfer werden dringend gesucht. Im Bundesarbeitsministerium überlegt man deshalb, die Beschränkungen für osteuropäische Arbeitnehmer schon vor dem Jahr 2009 aufzuheben. Das dürfe aber nur unter bestimmten Bedingungen passieren, forderte der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner: "Wenn die Freizügigkeit eintritt, dann erwarten wir, dass Mindestlohngesetze vereinbart werden und es keinen Dumping-Wettbewerb auf Kosten der hier beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt." Innerhalb der Bundesregierung gibt es noch keine einheitliche Haltung zur Öffnung des Arbeitsmarktes. Bei der Kabinettsklausur im August soll das Thema aber auf den Tisch kommen.

Zusätzliche Arbeitsplätze

Vor allem Wirtschaftsvertreter hoffen auf eine schnelle Öffnung des Arbeitsmarktes. Martin Wansleben vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag hält es für dringend nötig, dass Hochschulabsolventen und Fachkräfte aus Osteuropa nach Deutschland kommen: "Damit wir hier im Inland die Aufträge abwickeln können, die wir bekommen bzw. die wir bekommen könnten. Dann entstehen auch zusätzliche Arbeitsplätze hier in Deutschland. Das ist nicht nur logisch, sondern empirisch erwiesen: Gucken Sie sich England oder Schweden an, die machen uns das heute vor. Und wir jammern nur und sperren uns selbst ein."

Gewerkschaften warnen

Ganz anders sehen es die Gewerkschaften, sie befürchten Lohndrückerei. Es sei scheinheilig, wenn Unternehmer den Fachkräftemangel beklagten – tatsächlich hofften sie auf billige Arbeitskräfte aus dem Ausland, sagt Wilhelm Adamy vom Deutschen Gewerkschaftsbund: "Wir haben nach wir vor eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Und zum zweiten werden ausländische Arbeitskräfte auch häufig ausgebeutet. Sie müssen unter ungünstigeren Bedingungen arbeiten als inländische Arbeitskräfte. Und wir meinen, wir müssen dringend unsere eigenen Hausaufgaben machen, ehe wir dann die Frage einer Öffnung des Arbeitsmarktes 2009 ins Auge fassen können."

Fachkräftemangel überwinden

Die eigenen Hausaufgaben machen: Damit meint der Arbeitsmarktexperte Adamy nicht nur die Frage des Mindestlohns, sondern auch die Ausbildung und Weiterqualifizierung der hier lebenden Menschen. Nur so sei dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, meint er: "Die Wirtschaft selber hat unsere Jugend viel zu wenig ausgebildet, deshalb ist eine Bildungsoffensive dringend erforderlich. Und wir müssen auch mehr tun für die Ausländer, die schon bei uns sind. Werden diese Probleme gelöst, kann selbstverständlich auch der Arbeitsmarkt geöffnet werden."

Monika Dittrich
DW-RADIO, 25.7.2007, Fokus Ost-Südost