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Russische Rakete bringt deutsches Teleskop eRosita ins All

Juri Rescheto
15. Juli 2019

eRosita soll das Weltall kartografieren und dazu rund 100.000 Galaxien beobachten. Röntgen-Kameras sollen das Unsichtbare sichtbar machen und weitere Erkenntnisse über die "dunkle Energie" liefern.

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Röntgenteleskop eRosita
Bild: picture-alliance/Peter Friedrich/MPE/dpa

Im zweiten Anlauf ist das deutsche Weltraum-Röntgenteleskop eRosita vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur aus ins All gestartet. Ursprünglich sollte die Rakete bereits am 21. Juni abheben. Nach Angaben des maßgeblich am Bau von eRosita beteiligten Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München war eine Batterie nicht voll geladen, die in einer Phase zur Zündung der Rakete notwendig gewesen wäre.

eRosita, so groß wie ein Kleiderschrank, soll schon bald das ganze Universum durchleuchten. Ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Röntgen-Teleskop wird auf eine Mission geschickt, die die Wissenschaftler trocken als "Inventur des Weltalls" bezeichnen. eRosita soll dabei  schwarze Löcher jagen, neue Galaxien entdecken und dunkle Energie messen, sagen die Forscher. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Das Unsichtbare sichtbar machen

eRosita soll an Bord der russischen Raumsonde Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) fast sieben Jahre aus dem Weltall zur Erde funken. Dabei soll das Teleskop nicht nur sichtbare Himmelskörper erfassen, sondern auch die, die man nicht einmal theoretisch sehen kann.

Das ist der Clou eines solchen Röntgen-Teleskops, das aus sieben parallel ausgerichteten Modulen mit jeweils einem Röntgenspiegel besteht. Die Spiegel sammeln hochenergetische Photonen und fokussieren sie auf die CCD-Röntgenkameras. Damit soll eRosita die Objekte aufgrund ihrer Wärme und ihrer Strahlung registrieren. Im Laufe der Jahre soll eRosita insgesamt acht Scans des gesamten Himmels zur Erde schicken.

Galaxien Symbolbild
eRosita soll eine "Inventur des Weltalls" vornehmen. Wenn's weiter nichts ist....Bild: picture-alliance/McPhoto/M. Gann

Bevor aber eRosita den gesamten Himmel durchmustert, soll es einen Punkt erreichen, von wo es das am besten machen kann. Dieser Ort, an dem die Gravitation von Sonne und Erde durch die Zentrifugalkraft aufgehoben wird, liegt 150 Millionen Kilometer von unserer Sonne entfernt und heißt Lagrange Punkt L2, benannt nach Joseph-Louis Lagrange, einem französischen Mathematiker und Astronom des 18. Jahrhunderts.

Einmal am Lagrange Punkt L2 angekommen, umkreist die russische Sonde mit dem deutschen Teleskop diesen Ort des Gleichgewichts und wandert gemeinsam mit der Erde um die Sonne. Dabei wird eRosita sich ständig drehen und bestimmte Punkte umkreisen. Einmal im Jahr soll es die Sonne umkreisen und sich insgesamt 2.200 mal um seine eigene Achse drehen. 

Unendliche Weiten

Bis zu 100.000 Galaxien wollen die Wissenschaftler mit eRosita entdecken. Das letzte, ähnliche Experiment gab es in den 1990er Jahren. Damals aber stand nur ein 20-mal schwächeres Teleskop zur Verfügung.

Mädchen begeistert sich für Raumfahrt
Gespannte Vorfreude: eRosita wird von Baikonur ins All geschossenBild: picture-alliance/Zumapress/B. Ingalls

Damit es eRosita aber nicht zu einsam im All wird, fliegt ein russisches Teleskop gleich mit. Es hat den weniger romantisch klingenden Namen ART-XC und wurde im renommierten Moskauer Lavotchkin-Forschungszentrum entwickelt.

Die deutschen Wissenschaftler des Max-Plank-Instituts, in dem eRosita gebaut wurde, und ihre russischen Kollegen vom Lavotchkin-Forschungszentrum wollen mit Hilfe von eRosita und ART-XC auch deutlich mehr über die sogenannte "dunkle Energie" erfahren. Ob sich das Universum immer noch ausweitet, ist eine der spannendsten Fragen der Astrophysik überhaupt.

Antworten auf die Fragen von morgen

Aber was hat das alles mit unserem Alltag zu tun? Peter Predehl vom Max-Planck-Institut hat darauf eine originelle Antwort: "Wenn man gefragt wird, was kann ich mir morgen dafür kaufen, dass ich heute an schwarzen Löchern forsche, bleibt mir nichts anders übrig, als mein Smartphone rauszuholen und zu fragen: 'Was war in der Vergangenheit notwendig, damit es heute funktioniert?' Wir wissen nicht, was rauskommt, aber wenn wir es nicht machen, kommt gar nichts raus.”

Gut möglich also, dass uns eRosita in Zukunft Antworten liefert, obwohl wir gegenwärtig noch nicht einmal die Frage kennen.

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Juri Rescheto Chef des DW-Büros Riga