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Krimipreis 2019: "Berlin Prepper"

27. Dezember 2019

Von Haus aus ist er Journalist und arbeitet in Berlin. Nach Jugendbüchern schreibt Johannes Groschupf jetzt Kriminalromane. Für seinen Thriller "Berlin Prepper" wurde er mit dem Deutschen Krimipreis 2019 ausgezeichnet.

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Richter ohne Robe: Johannes Groschupf
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Autor Johannes Groschupf arbeitet als Journalist und Reporter für Berliner Tageszeitungen. Von einer Expertenjury wurde er für seinen Thriller "Berlin Prepper" mit dem Deutschen Krimipreis 2019 ausgezeichnet. Manches in seinem Roman ist biografisch grundiert.

"Vor dem Job im Newsroom ging ich nachts laufen. Kurz vor Mitternacht schnürte ich meine Turnschuhe und verließ die Wohnung. Im Treppenhaus begegnete ich niemand, die meisten Mieter gingen einer geregelten Arbeit nach und deshalb früh zu Bett. Auf der Straße fiel ich in leichten Trab, die Hauswände entlang, manchmal auf der Straße, und erreichte den Görlitzer Park..." (aus "Berlin Prepper", Suhrkamp 2019)

"Gute Krimi-Autoren kommen häufig aus dem Journalismus", sagt Krimi-Expertin Ingrid Müller-Münch, die viele Jahre als Gerichtsreporterin für die "Frankfurter Rundschau" gearbeitet hat und heute Kriminalromane rezensiert. Eine gute Recherche und detaillierte Orts- und Sachkenntnisse seien einfach die Basis für Qualität, erzählt sie im DW-Interview.

Das Wichtigste: ein gut recherchierter Plot

Berlin Prepper Buchcover Johannes Groschupf
Titelbild "Berlin Prepper" Bild: Suhrkamp

Der Thriller "Berlin Prepper" ist der erste Kriminalroman des Journalisten Johannes Groschupf, verlegt im renommierten Suhrkamp Verlag. Bislang hat er Jugendbücher und vor allem Reportagen für Zeitungen geschrieben. Nachts arbeitet er als Online-Redakteur in einem großen Berliner Zeitungsverlag, bearbeitet und moderiert die täglichen Leserkommentare im Netz.

"Wir waren Zensurhuren, Propagandaknechte, Dreck. Hin und wieder versetzte dieser Jargon mir einen Schlag in die Magengrube." (aus: "Berlin Prepper", Suhrkamp 2019)

Vieles davon sind üble Hass- und Hetzkommentare, verbaler Wortmüll, der sich in jeder Redaktionsschicht auf seinem Computer-Bildschirm ausbreitet. "Diese Gewaltphantasien gehen einem schon sehr nach", räumt er im DW-Gespräch ein. "Vieles davon ist früher vermutlich am Stammtisch - hinter vorgehaltener Hand - geäußert worden. Und jetzt wird es im Netz öffentlich." Aber es liefert ihm auch Material für die Protagonisten seines Kriminalromans, den er bewusst in Berlin angesiedelt hat.

Im Hamsterrad der Hasskommentare

Die schlimmsten Kommentare hat Groschupf gesammelt und in seinem höchst aktuellen Thriller verarbeitet. Seine Kriminalgeschichte um einen versuchten Totschlag spielt in der Prepper-Szene. Prepper sind Menschen, die Lebensmittel oder auch Waffenarsenale für einen drohenden Katastrophenfall horten.

"Wenn die Stunde kam, war ich vorbereitet: ein Prepper. Man lacht über Leute wie mich, aber ich wusste: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung ist adäquat auf einen Katastrophenfall eingerichtet. In Berlin vermutlich noch weniger. Man vertraut darauf, dass schon nichts passiert. Verlässt sich auf Vater Staat, auf die Berliner Verwaltung. Aber in der Stunde der Not ist dann niemand mehr da, dann ist das Geheule groß." (aus: "Berlin Prepper", Suhrkamp 2019)

Symbolbild Vorratshaltung Prepper
Prepper bereiten sich auf alle möglichen Katastrophenfälle vor, bis zum AtomkriegBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Im Netz nennen sie sich "Rambo", "Racheengel", "Besorgter Bürger" oder "Achselschweiß", erzählt Groschupf. Hemmungslos verbreiten sie Ausländerfeindlichkeit und rassistische Thesen über den Untergang des Abendlandes. "Mir ging es nicht um Einzelpersonen, sondern ganz stark um diese gewaltbereite Atmosphäre im Netz. Der Urgrund, aus dem sich solche kriminellen Taten heraus entwickeln, wie wir sie jetzt erleben."

Erschreckend nah an der Realität

Der jüngste Terroranschlag vor der Synagoge in Halle zeigt, wie nah an der Realität solche Kriminalromane angesiedelt sind. "Ich habe auch den Anspruch, diese journalistische Perspektive rein zu bringen", sagt Johannes Groschupf. "Zu ermitteln, wie ticken diese Leute? Wie sieht ihr Mindset aus? Aus welchen Quellen speist sich ihr Hass." Sein Roman liest sich stellenweise wie der Bericht eines Reporters.

Und genau das macht die Spannung aus, die die Jury des Deutschen Krimipreises ausgezeichnet hat: "Mit einem sehr genauen Gespür für Sprache und Orte verankert Groschupf seinen Kriminalroman eindrucksvoll im Berlin der Gegenwart", heißt es in der Begründung. "Er verbindet komplexe gesellschaftliche Entwicklungen mit markanten Figuren und gelungenen Dialogen. 'Berlin Prepper' ist ein Berlin-Roman, ein Gegenwartsroman, ein Kriminalroman; schnell, hart und gut."