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Deutsche Solarbranche unter Druck

Insa Wrede15. Juni 2012

Harte Konkurrenz aus Asien, Preisdruck und sinkende Subventionen - die guten Zeiten scheinen für die deutsche Hersteller von Solarmodulen vorbei zu sein. Aber nicht die ganze Branche darbt.

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Mit Fahnen und einer traurigen Sonne protestieren Mitarbeiter der Solarbranche am Montag (19.03.2012) in Bitterfeld-Wolfen gegen Kürzungen der Solarförderung. Vertreter der Branche sowie Kommunalpolitiker und Vorstände von Unternehmen wie Q-Cells und Sovello beteiligten sich an den Protesten. In Sachsen-Anhalt sind mehrere tausend Menschen in der Solarbranche beschäftigt. Foto: Jan Woitas/lah
Proteste gegen Kürzungen der SolarförderungBild: picture-alliance/ZB

Die Jubelzeiten für die deutsche Solarbranche sind vorbei. Auf dem Höhepunkt des Solarbooms beherrschten die Deutschen rund 20 Prozent des Weltmarktes. Inzwischen ist der Anteil auf etwa sechs Prozent geschrumpft. Nachdem es in den vergangenen Monaten geradezu eine Pleitewelle gegeben hat, befürchtet die Branche noch weiteren Verlust von Arbeitsplätzen. "Es war noch nie so schlecht", sagte Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft Carsten Körnig, bei der Eröffnung der Intersolar, der weltweit größten Fachmesse der Solarwirtschaft in München. Dabei wurden im vergangenen Jahr weltweit mehr Photovoltaik-Anlagen installiert als jemals zuvor.

Deutsche Branche leidet unter Preisverfall

Den deutschen Solarunternehmen macht vor allem der starke Preisverfall zu schaffen. "Trotz des starken Wachstums der Nachfrage sind in den letzten Jahren die Fertigungskapazitäten noch schneller gewachsen und das führt dann natürlich zu einem erheblichen Preisdruck, sagt Körnig im Gespräch mit der DW. Besonders China hat auf die Solarindustrie gesetzt. Im März 2011 wurde sie im Fünfjahresplan zur Schlüsselbranche erklärt, die entsprechend gefördert werden soll. So profitieren die chinesischen Solarfirmen von günstigen staatlichen Krediten und besseren Einkaufsbedingungen für Rohstoffe und Energie.

Vergünstigung und Förderung beim Aufbau von Solarindustrie gab es auch in Deutschland, allerdings nicht nur für deutsche Firmen. Und auch die Förderung des Solarstroms im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kam indirekt ebenso der ausländischen Konkurrenz zugute. Denn die Milliarden an Subvention gab es für den hierzulande eingespeisten Solarstrom - auch wenn die Solarmodule dafür in China gekauft wurden. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Solarmodule aus Asien importiert, weil sie zu niedrigeren Preisen verkauft wurden als die deutschen Produkte. "Die Chinesen geben einen Preis an ihre Kundschaft weiter, der unter ihren Kosten liegt", beklagt sich Frank Asbeck, Chef der deutschen Solarworld. Das sei Dumping. "[Die chinesische Regierung…] bringt damit die guten, technologisch führenden Unternehmen in eine finanziell schlechte Situation, um anschließend den Markt zu monopolisieren." Immerhin konnten die Chinesen in etwa zehn Jahren ihren weltweiten Marktanteil von fast null auf mehr als 50 Prozent steigern.

Frank Asbeck, Chef Solarworld
Asbeck möchte Strafzölle für chinesische Solarmodule in EuropaBild: SolarWorld AG

Um sich dagegen zu wehren hat die US-Tochter von Solarworld mit anderen amerikanischen Firmen erreicht, dass das US-Handelsministerium Zölle von bis zu 250 Prozent auf Solarmodule aus China erhebt. Nach dem Erfolg in den USA, will Solarworld nun auch in Europa Maßnahmen gegen chinesische Produkte erreichen.

Maschinenbau profitierte von chinesischer Förderung

Der Ausbau der asiatischen Solarbranche kam einem anderen Bereich der deutschen Industrie aber zugute. In der Euphorie, die bis 2011 deutlich zu spüren gewesen sei, wäre viel investiert worden, meint Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung gegenüber der DW. "Deutsche Exporteure in Maschinen- und Anlagenbau haben bis zu 90 Prozent ihres Volumens, nach Asien exportieren können. Dort wurden teilweise mit deutscher und schweizerischer Hilfe schlüsselfertige Fabriken für Module auch für Zellen aufgebaut." Nun sei man in Deutschland im Grunde auch konfrontiert mit den Exporterfolgen der Maschinen- und Anlagenbauer. Aber auch auf diesem Gebiet holen die Asiaten auf und setzen verstärkt auf den chinesischen Maschinenbau, der sich rasant entwickelt hat.

--FILE--Chinese workers manufacture photovoltaic cells of solar panels at the plant of Eoplly New Energy Technology Co., Ltd. in Nantong city, east Chinas Jiangsu province, 21 February 2011. The US on Wednesday (9 November 2011) opened an official investigation into whether imported Chinese solar cells were unfairly undercutting American products, the first such case in the renewable energy sector. The complaint alleges that solar cells from China are being dumped in the US, with normal prices between 50 per cent and 250 per cent higher than the export price. If the commerce department finds evidence of dumping or of unfair state subsidy, compensatory tariffs can be imposed on the Chinese imports. Photo: Xu Ruiping/Imaginechina
China hat mit der Produktion von Solarzellen massiv Marktanteile erobertBild: picture-alliance/dpa

Deutsche Solarförderung sinkt

Neben dem Preisdruck aus Asien mussten die deutschen Hersteller noch die Senkung der Solarförderung in Deutschland verkraften. "Innerhalb der letzten drei Jahre wurden die Fördersätze halbiert, keine andere Technologie musste ihre Kosten so schnell senken, um da mitzuhalten, wie die Photovoltaik-Solarstromtechnologie", so Körnig.

Außerdem habe die Branche auch relativ wenig in Forschung und Entwicklung investiert. "Wir hatten immer wieder festgestellt, dass leider im Vergleich zu traditionellen alten Industrien wie dem Automobilbau weit weniger investiert worden ist", sagt Hummel. Es habe natürlich für viele näher gelegen, Zellen guter Qualität aus Asien zu importieren, als selber zu forschen. Und wenn geforscht worden sei, dann sei die spätere industrielle Massenfertigung zu wenig berücksichtigt worden, meint Hummel.

Nicht allen geht es schlecht

Besonders betroffen von der Konkurrenzsituation seien diejenigen, die Solarmodule oder Zellen in Deutschland produzieren, meint Hummel. "Viele andere setzen schon längst auf den Import von Zellen, teilweise auch Modulen, haben ihre Geschäftsmodelle stärker auf den Handel ausgerichtet oder bauen jetzt Solarparks, orientieren sich damit auf die Ingenieursseite, auf die Projektseite".

Ein Mitarbeiter des Solarmodulherstellers Odersun AG im brandenburgischen Fürstenwalde Foto: dpa
Deutsche Produzenten von Solarmodulen leiden besonders unter dem KonkurrenzdruckBild: picture-alliance/dpa

Insgesamt, meint Körnig, werde es in der Solarindustrie eine Konsolidierungsphase geben. "Wir hoffen aber, dass wir mittelfristig darüber hinwegkommen. Da bin ich zuversichtlich, weil der Markt weiter rasant wachsen wird - da sind wir ja in der Entwicklung ganz am Anfang." Hummel gibt sich weniger optimistisch. "Wir sehen leider nur Chancen in Nischenmärkten, also bei hoher Spezialisierung, bei interessanten Kombinationen von Solarmodulen beispielsweise mit Architekturlösung, Integration in Gebäude. Aber wir sehen sehr schlechte Aussichten im reinen Massenmarkt."