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Exportartikel Kämpfer?

26. Mai 2010

Eine deutsche Firma will ehemalige Bundeswehrsoldaten nach Somalia schicken. Sie sollen dort für den Personen-, Objekt- und Konvoischutz eines Oppositionsführers sorgen. Das sorgt in Deutschland für Aufregung.

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Private Kämpfer im Auslandseinsatz - hier: US-Firma Blackwater im Irak (Foto: AP)
Private Kämpfer - hier: US-Firma Blackwater im IrakBild: AP

Söldner sind gekaufte Krieger, die in vielen Krisengebieten der Welt eingesetzt werden können. Sie kämpfen nicht für ein Land, sondern für zahlende Auftraggeber: Regierungen, Konzerne, Privatpersonen oder auch Hilfsorganisationen. Auch Deutsche verdienen ihr Geld als Söldner - Schätzungen gehen von mittlerweile mehr als 4000 aus.

Private Vertragskämpfer für die US-Firma Blackwater (Foto: AP)
Private Vertragskämpfer für die US-Firma BlackwaterBild: AP

Private Kampfeinsätze im Ausland

Der ehemalige Berufsoffizier und Kriegsreporter Franz Feyder analysiert in seinem noch unter dem Namen Franz Hutsch veröffentlichten Buch "Exportschlager Tod", wie immer mehr ehemalige Bundeswehr-Soldaten oder Ex-Polizisten für private Auftraggeber, etwa sogenannte Sicherheitsdienste, in Deutschland und auch außerhalb seiner Grenzen arbeiten. Ein gutes Geschäft für die Söldner, die mehrere hundert Euro am Tag verdienen können, aber ein schlechtes Geschäft für die Politik: Denn da laufen bewaffnete Auslandseinsätze quasi am deutschen Parlament vorbei.

Und Feyder weiß, dass es bei derartigen Einsätzen hart zur Sache geht: Die deutschen Söldner hätten nach eigenen Bekundungen sehr häufig Feindkontakt – mit Aufständischen in Afghanistan, im Irak, aber auch in Afrika. Und sie seien natürlich auch selbst stärksten Angriffen ausgesetzt. Franz Feyder hat dazu noch eine ganz besondere Sorge: "Es wird – das ist meine Prognose – binnen der nächsten 15 oder 20 Jahre zu einer Situation kommen, wo deutsche Söldner auf deutsche Soldaten schießen werden."

Tatsächlich sehen Politiker und Experten genau diese Gefahr bereits jetzt beim Anwerben von Söldnern für Somalia. Denn bislang regelt ein Verbot nach Paragraph 109 des deutschen Strafgesetzbuchs nur den Fremdeinsatz deutscher Soldaten. Von Söldnern ist im Strafgesetzbuch keine Rede: "Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

Laut Strafgesetzbuch ist zwar auch der Versuch strafbar, doch gilt all dies eben nicht für private Sicherheits- und Militärfirmen. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls der Experte und Buchautor Rolf Uesseler, der seit Jahren zu diesem Thema recherchiert. Nach seiner Meinung ist das Ganze bislang Niemandsland. Paragraph 109 Strafgesetz greife hier nicht, weil eine Firma engagiert werde für einen Sicherheitsauftrag. Damit würden deutsche Soldaten ja nicht direkt für eine fremde Macht angeworben.

Buch "Krieg als Dienstleistung" von Rolf Uesseler (Foto: Verlag)
Buch von Rolf Uesseler

Juristisches Schlupfloch

Die Lücke sei der Politik seit Jahren bekannt, meint Uesseler. Doch unternommen wurde bislang wenig. Ein Regierungsauftrag wurde zwar noch von der Großen Koalition 2009 verabschiedet, aber der verschwand dann schnell wieder in der Schublade – kurz vor der Sommerpause und den Bundestagswahlen. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels sieht dringenden Handlungsbedarf seitens der neuen Regierung: Da klaffe einfach eine Regelungslücke, und eine Mehrheit im Bundestag müsse Vorstellungen in die Debatte einbringen. Alternativ würden auch die Sozialdemokraten, wohl mit den Grünen gemeinsam, Vorschläge machen.

Dabei bedarf es nach den Worten von Rolf Uesseler eigentlich keiner neuen Vorschläge mehr. Er sieht klar, wie die rechtliche Grauzone erhellt und der Einsatz deutscher Söldner transparenter gestaltet werden könnten: "Erstens müssen die Aufgaben- und Kompetenzbereiche festgelegt werden für diese privaten Firmen. Zweitens muss eine Registrierungs- und Genehmigungspflicht aufgebaut werden. Drittens müssen Aufträge an diese Firmen genehmigt sein, so dass der deutsche Staat weiß, was in seinem Namen in der Welt irgendwo gemacht wird – und zwar auch mit Gewalt. Außerdem müssen die deutschen Firmen, wenn sie im Ausland solche Militärfirmen engagieren, dies dem deutschen Staat anzeigen und dem Ministerium und auch vor Ort den Botschaften mitteilen, was sie dort im Einzelnen machen."

Die deutsche Bundesregierung betont, dass sie keine Aufträge an solche Firmen vergibt. Doch während es für die Rüstungs- und Waffenindustrie seit Jahren zahlreiche Regelungen und Kontrollen gibt, fehlen diese für Dienstleistungen und Dienstleister - und damit eben für die sogenannten Söldner und ihre Auftraggeber.

Autorin: Nicole Scherschun
Redaktion: Hartmut Lüning