1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Literaturhäuser

25. Juni 2010

Das Literaturhaus ist ein Ort, an dem die Lesung gepflegt wird. Aber nicht nur das. Seit der ersten Gründung in Berlin im Jahr 1986, haben sich Literaturhäuser zu Begegnungsstätten rund um die Literatur entwickelt.

https://p.dw.com/p/O2pz
Außenansicht Literaturhaus Hamburg (Foto: Claas Adler)
HamburgBild: Claas Adler

Was? Wo findet die Veranstaltung statt? Ausländische Autoren sind oft verblüfft, wenn sie zum ersten Mal von den Literaturhäusern hören. So etwas kennen sie nicht, sagt Rainer Moritz, Programmleiter des Hamburger Literaturhauses: "Das hat ein bisschen damit zu tun, dass es auch eine sehr deutsche Tradition ist, dass Menschen sich in einen Saal setzen und sich eine Dreiviertelstunde einen Text vorlesen lassen."

Autorenlesungen werden meist von Buchhandlungen organisiert und dienen vor allem der Werbung und dem Absatz der Bücher. Literaturhäuser hingegen wollen mehr sein als "Abspielstationen für die Werbereisen von Autoren", erklärt Rainer Moritz. Sie setzen eigene Programmschwerpunkte und bieten darüberhinaus auch Diskussionen zu historischen, politischen und philosophischen Fragestellungen an.

Begegnungsorte

Literaturhaus Hamburg: Bernhard-Abend (Foto: Gunter Glücklich) - Die Bilder wurden vom Literturhaus Hamburg zur Verfügung gestellt
Ein Abend im LiteraturhausBild: Gunter Glücklich

Im Mittelpunkt der Veranstaltungen steht die Begegnung mit den Texten und den Autoren, und das Publikum ist eingeladen, sich daran zu beteiligen. So haben sich die Literaturhäuser in den vergangen 20 Jahren zu lebendigen Zentren im deutschsprachigen Raum entwickelt, die das Angebot an kulturellen Einrichtungen ergänzen. Viele in- und ausländische Autoren bekommen dort ein Forum, das sonst nicht finden würden.
Finanziell stehen die Literaturhäuser auf mehreren Beinen. Das fördert die Unabhängigkeit. Sie werden von Vereinen und Stiftungen getragen, von Sponsoren und Spendern gefördert, erzielen Erlöse aus der Vermietung ihrer Räume und bekommen öffentliche Mittel. Zum Teil allerdings nur in bescheidener Höhe.

Jenseits des Mainstream

Die Programme basieren nicht nur auf den bekannten oder gar bestsellerträchtigen Namen. Die Literaturhäuser setzen auf die Vielfalt der Literatur und der Literaturformen und verstehen sich als Korrektiv und Ergänzung zum Mainstream, betont Rainer Moritz. Das schließt das Risiko ein, dass eine Veranstaltung vielleicht nur von 30 bis 40 Personen besucht wird. Doch je besser die Häuser in das Kulturleben der Städte integriert sind und je intensiver die Zusammenarbeit mit den Medien, umso offener ist auch das Publikum.

Vernetzung

Mehr als 30 Literaturhäuser gibt es inzwischen im deutschsprachigen Raum. Die genaue Zahl kennt niemand, denn viele dieser Häuser sind klein und können nur wenige Veranstaltungen anbieten. Elf große Häuser haben sich vernetzt und einen Verein gegründet: literaturhaus.net. Darunter Hamburg, Frankfurt am Main, München, Zürich und Salzburg. Literaturhaus.net organisiert gemeinsame Veranstaltungen. Zum Beispiel das bilaterale Austauschprogramm "Stadtschreiber im internationalen Kontext", das mit der Türkei, Indien und dem nahen Osten stattgefunden hat.

Der Verein lobt seit 2002 auch einen Preis aus, der mit einer Lesereise durch alle elf Literaturhäuser verbunden ist. Zu den Preisträgern gehören Sibylle Lewitscharoff, Michael Lentz und Ilija Trojanow.

Vom Namen zur Marke

Literaturhaus Hamburg: Leiter Rainer Moritz (Foto: Peter Peitsch)
Rainer Moritz, Leiter des Hamburger LiteraturhausesBild: Peter Peitsch

Der Erfolg der Literaturhäuser hat sich längst auch im Ausland herumgesprochen und dort bereits erste Früchte getragen. In Prag zum Beispiel, wo es ein Literaturhaus für deutschsprachige Literatur gibt, und in Oslo. Über die originellste Neugründung verfügen die Dänen in Kopenhagen. "Literaturhaus" heißt es dort - nicht etwas auf Dänisch, sondern auf Deutsch. Das zeige, dass sich das Literaturhaus in den vergangenen 20 Jahren zur Marke entwickelt hat, so Rainer Moritz.

Auch der Duden, so meint er augenzwinkernd, habe auf seine Initiative hin die Zeichen der Zeit erkannt und das Wort in seinen Bestand aufgenommen. Neben dem Tollhaus, Baumhaus und Freudenhaus kann man dort jetzt auch das Literaturhaus nachschlagen.

Autorin: Heide Soltau
Redaktion: Gabriela Schaaf