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Deutsche lehnen Steuersenkungen ab

8. Januar 2010

Wer zahlt schon gerne Steuern? Anscheinend die Deutschen. Laut einer Umfrage lehnen sie mehrheitlich die von der schwarz-gelben Regierungskoalition geplanten Steuersenkungen ab.

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Steuerformular (Foto: dpa)
Diskussionsbedarf: Die Deutschen sind gegen SteuersenkungenBild: picture-alliance/ dpa

Im ARD-"Deutschlandtrend" sprachen sich 58 Prozent der Befragten gegen die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung aus, lediglich 38 Prozent dafür. Vor allem die FDP kämpfte in den vergangenen Wochen vehement dafür, dass die Abgaben an den Staat gesenkt werden sollen. Doch anscheinend sind die Steuersenkungspläne auch bei den FDP-Anhängern unbeliebt: 53 Prozent sind gegen Steuersenkungen und nur 43 Prozent dafür.

Vor allem Besserverdienende gegen Steuersenkungen

Infografik zur Steuerfrage (Grafik: Infratest dimap)
Für die Deutschen ist mehrheitlich klar: Sie wollen keine Steuersenkungen


Die Oppositionsparteien argumentierten in den vergangenen Wochen, dass die umstrittenen Steuerpläne der Regierungskoalition die sogenannten Besserverdienenden einseitig bevorteilen würde. Umso mehr verwundert der statistische Befund der ARD-Umfrage, dass die stärkste Ablehnung der Steuerpläne mit 69 Prozent bei den "Besserverdienenden" (das sind die Haushalte mit einem Gesamteinkommen von 3000 Euro netto oder mehr im Monat) am stärksten ausfällt. Am besten kommen die Steuersenkungspläne beim sogenannten "kleinen Mann" an: In Haushalten, in denen weniger als 1500 Euro netto zur Verfügung stehen, finden sich mit 49 Prozent die meisten Befürworter für die geplanten Steuersenkungen.

Und wie sehen die geplanten Steuersenkungen in Deutschland im Detail aus? Einig sind sich Union und FDP allenfalls darin, dass es Steuersenkungen geben und vorrangig untere sowie mittlere Einkommen entlastet werden sollen. Damit soll die Konjunktur angekurbelt werden. Ein erstes, über weitere Milliarden-Schulden finanziertes Entlastungspaket hat die Koalition geschnürt - unter anderem mit mehr Kindergeld und einem höheren Kinderfreibetrag. Umfang und Zeitpunkt der nächsten Entlastungsschritte nach dem ersten Steuerpaket sind aber umstritten. Die FDP beharrt darauf, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Entlastungen von bis zu 24 Milliarden Euro im Jahr voll umgesetzt werden und das Einkommensteuersystem zu einem Modell mit wenigen Stufentarifen umgebaut wird - und zwar möglichst zum 1. Januar 2011.

Wirtschaftsweiser kritisiert vor allem die FDP

Wiegard im Portrait (Foto: AP)
Er hält nicht viel vom Kurs der FDP: Wolfgang WiegardBild: AP

Die Kritik an den Plänen verhagelt der Koalition ihren Start gehörig. Neben zahlreichen anderen Kritikern hat nun auch der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard die Steuersenkungspläne der Koalition und insbesondere der FDP kritisiert. "Die Steuersenkungsversprechen waren für jeden, der die Zahlen kannte, schon vor der Bundestagswahl nicht nachvollziehbar", sagte das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der "Nordwest-Zeitung". Für ihn ist klar: Die FDP ist bei ihrem traditionellen Dreikönigstreffen im Stuttgarter Staatstheater jeden Vorschlag zur Gegenfinanzierung schuldig geblieben. "Man gewinnt den Eindruck, als wenn die Liberalen die Wirtschaftskrise und ihre Konsequenzen nicht richtig mitbekommen hätten", kommentiert Wiegard. Streicheleinheiten verteilt der Experte in Richtung der CSU. "Offensichtlich hat man in München inzwischen einmal nachgerechnet", sagte der Wirtschaftsweise.

Die Kanzlerin ist gefragt

Der Steuer-Hickhack greift auch den Gesamtrückhalt der Koalition innerhalb der deutschen Bevölkerung an: Die Zufriedenheit der Bürger mit der Bundesregierung nahm im Vergleich zum Vormonat deutlich ab. Lediglich 28 Prozent der Befragten sind sehr zufrieden oder zufrieden mit der Regierung. Das sind satte minus fünf Prozentpunkte im Vergleich zum Vormonat. Weniger oder gar nicht zufrieden sind dagegen bereits 67 Prozent. Die Akzeptanz bröckelt also und die Deutschen haben einen klaren Wunsch: Die Kanzlerin soll sagen, wo es lang geht: 82 Prozent sind der Meinung, Angela Merkel "müsse die politische Richtung der Regierung klarer vorgeben". 66 Prozent der befragten Bundesbürger finden, die Koalitionsparteien seien "zerstritten" und hätten "keinen gemeinsamen Kurs".

Autor: Marcus Bölz (rtr, dpa,afp)
Redaktion: Oliver Samson