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Politik

Deutsche Staatsbürgerin in Bagdad entführt

21. Juli 2020

Die deutsche Kuratorin Hella Mewis kümmert sich in Bagdad um die Arbeit junger irakischer Künstler. Bewaffnete brachten die Frau am Montagabend auf offener Straße in ihre Gewalt.

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Undatiertes Foto von Hella Mewis, Kulturvermittlerin aus Deutschland, auf einem Boot auf dem Fluss Tigris in Bagdad, Irak
Bild: picture alliance/dpa/Tower of Babel for Media Development

Unbekannte haben die deutsche Kuratorin und Kulturvermittlerin Hella Mewis (Artikelbild) in der irakischen Hauptstadt Bagdad entführt. Sicherheitskräfte suchten nach der Frau, teilte ein Sprecher des irakischen Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur mit. Zu den Tätern gibt es bisher keine Erkenntnisse.

Polizei soll nicht eingegriffen haben

Augenzeugen schilderten, sie sei am Montagabend auf ihrem Fahrrad unterwegs gewesen, als sich zwei Fahrzeuge mit bewaffneten Männern genähert hätten. Bei einem der Autos soll es sich um einen weißen Kleintransporter mit offener Ladefläche gehandelt haben. Der Vorfall habe sich nahe einer Polizeiwache ereignet, dennoch hätten keine Sicherheitsleute eingegriffen, hieß es weiter. Derzeit würden Aufzeichnungen von Überwachungskameras ausgewertet, erklärte eine Freundin der Deutschen.

Hella Mewis steht vor Plakaten eines Filmfestival in Bagdad
Hella Mewis bei einem Filmfestival in Bagdad (2012) Bild: DW

Nach der Entführung der Kulturvermittlerin berief das Auswärtige Amt in Berlin seinen Krisenstab ein. Das sagte Außenminister Heiko Maas bei einem Besuch in Athen. Er wollte sich "mit Blick auf das Wohlbefinden der Betroffenen" nicht näher zu dem Fall äußern. "Aber (wir) haben im Auswärtigen Amt damit begonnen, uns um den Fall zu kümmern und eine Lösung zu finden, bei der die betroffene Person und ihr Wohlbefinden gesichert wird."

Die Entführung erfolgte im zentral gelegenen Stadtteil Abu Nawas, wie Ali al-Bajati, Mitglied der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission, via Twitter bekannt gab. In Abu Nawas liegt das Kulturinstitut Bait Tarkib (Haus der Installation), an dessen Aufbau Mewis arbeitete. Mit der Einrichtung sollen junge irakische Künstler gefördert werden. In der Gegend liegen auch verschiedene Regierungsgebäude.

Mewis wurde in Berlin geboren und lebt seit mehreren Jahren in Bagdad. Zeitweise war sie auch für das Goethe-Institut tätig.

Mit regierungskritischen Protesten solidarisiert

Nach Angaben von Mitstreitern ist Mewis im Irak gut vernetzt und hat enge Kontakte zu Künstlern, Intellektuellen und auch in die Politik. Die Deutsche soll sich im vergangenen Jahr zudem mit den regierungskritischen Protesten im Land solidarisiert haben - wie auch der vor zwei Wochen in Bagdad ermordete international anerkannte Historiker und Terrorismusexperte Hischam al-Haschimi.  

Al-Haschimi war in der Nähe seiner Wohnung erschossen worden. Er galt als einer der besten Kenner extremistischer Gruppen im Irak. Die Täter sind unbekannt. In irakischen Medien richtete sich der Verdacht vor allem gegen die Iran-treue schiitische Miliz Kataib Hisbollah und die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS).

se/sti (dpa, afp)