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Deutsche Konzerne fahren Iran-Geschäft zurück

27. September 2010

Immer mehr deutsche Unternehmer kehren Iran den Rücken. Ein Beweis, dass die Sanktionen von UN, USA und EU wirklich greifen, ist das noch lange nicht.

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Mercedes (Foto: dpa)
Gute Geschäfte: Mercedes 2005 im IranBild: Picture alliance/dpa

Nun also auch Thyssen-Krupp. Deutschlands größtes Stahl- und Rüstungsunternehmen stand vor der Entscheidung: 200 Millionen Euro umsetzen und dabei 4,9 Milliarden Euro riskieren. Oder umgekehrt. Thyssen-Krupp hat sich - wie könnte es anders sein - für die 4,9 Milliarden Euro entschieden, die das Unternehmen in den Vereinigten Staaten jährlich umsetzt, hat nach Siemens, Allianz und Linde seine Geschäfte mit Iran gestoppt.

Deutsche reagieren auf Druck aus den USA

Die Sanktionsbestimmungen der UN und allen voran der USA und der Europäischen Union zeigen Wirkung. Anfang Juli hat US-Präsident Barack Obama ein Gesetz in Kraft gesetzt, das ausländische Unternehmer de facto zwingt, sich zu entscheiden, ob sie mit Iran oder den USA Geschäfte machen möchten. Betroffen ist hier vor allem der Energie- und Finanzsektor. Es sind nicht die ersten Sanktionen der USA gegenüber Iran, aber mit Sicherheit die härtesten. 20 iranische Energiekonzerne und 16 Banken hat das US-Finanzministerium auf den Index gesetzt. Das Weiße Haus erwartet, dass Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad binnen eines Jahres die Atombombe bauen kann. Jede Geschäftsbeziehung, die nach Know-How-Transfer riecht, wollen die Amerikaner unterbinden.

Die neue Konzernzentrale von Thyssen-Krupp in Essen(Foto: AP)
Die neue Konzernzentrale von Thyssen-KruppBild: AP

Und die Sanktionen, die über die letzten Jahre schrittweise verschärft wurden, scheinen zu greifen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben deutsche Unternehmer 2005 noch Waren im Wert von 4,4 Milliarden Euro nach Iran exportiert. Vier Jahre später waren es nur noch 3,7 Milliarden Euro. 2005 war Deutschland hinter den Vereinigten Arabischen Emiraten Irans zweitwichtigster Lieferant. Mittlerweile sind es die Chinesen, die vom deutschen Rückzug profitieren. Iran bestellt immer mehr Lkw, Busse oder Industriemaschinen aus China.

Iran-Geschäft könnte austrocknen

Schon heute gibt es in der EU verschärfte Exportkontrollen, die einen riesigen bürokratischen Aufwand und einen enormen Zeitverlust bedeuteten. Und demnächst kommen aufgrund eines EU-Ratsbeschlusses noch neue Regeln hinzu. Jede Finanztransaktion von 10.000 Euro muss demnächst gemeldet, jede über 40.000 Euro sogar genehmigt werden. Deutsche Unternehmer sind im Vergleich zu anderen europäischen Unternehmern am meisten betroffen, denn ein Drittel aller europäischen Ausfuhren in den Iran stammen aus Deutschland.

Atomreaktor Bushehr, Iran (Foto: AP)
Solche Atomreaktoren provozieren den WestenBild: AP

Unternehmernahe Kreise befürchten nun einen weiteren Rückgang beim Iran-Geschäft, vor allem, weil in Deutschland Bestimmungen politisch enger ausgelegt würden als in manch anderem europäischen Land. Auch wenn der iranische Markt nicht groß ist - Iran importiert heute Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 60 Milliarden Dollar -, als Geschäftspartner ist das Land interessant. Zum einen ist es ein außerordentlich junges Land. Zum anderen haben deutsche Unternehmer traditionell dort gute Chancen, weil die iranische Geschäftswelt schon zu Schah-Zeiten deutsch- und franzosenfreundlich war. Ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Briten und Amerikanern, der aufgrund der Sanktionen nichts mehr bringt.

Zweierlei Maß

Besonders bitter empfinden deutsche Unternehmer die Trennung von Iran, weil US-Waren trotz Sanktionen in Iran landen. Offiziell sagen möchte das keiner, aber hinter vorgehaltener Hand ist es oft genug zu hören. Coca-Cola, wann immer man möchte, ist nur das prominenteste Beispiel. Laut New York Times schloss die US-Regierung in den vergangenen zehn Jahren Verträge über einhundert Millionen Dollar mit Firmen, die Beziehungen mit Iran haben. Offensichtlich hatten es die USA mit ihren eigenen Sanktionen nicht besonders genau genommen.

Autor: Jutta Wasserrab
Redaktion: Henrik Böhme