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Politik

Mehr Rüstungsexporte an Saudi-Arabien

1. Oktober 2018

Eigentlich wollte die SPD Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien wegen des Jemen-Kriegs ganz stoppen. Doch Ausnahmeregelungen im Koalitionsvertrag sorgen dafür, dass sogar eher das Gegenteil eintreten könnte.

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Trotz Kritik an Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien ist kein Ende der Ausfuhr in SichtBild: Ronny Hartmann/AFP/Getty Images

Trotz der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg hat die schwarz-rote Bundesregierung seit ihrer Vereidigung im März Rüstungsexporte für 254 Millionen Euro an das Königreich genehmigt. An die anderen acht Länder der von Saudi-Arabien geführten Kriegsallianz gingen im vergangenen halben Jahr Rüstungsgüter für 21,8 Millionen Euro. Insgesamt wurden zwischen dem 14. März und dem 23. September 87 Einzelgenehmigungen für die Mitglieder des Bündnisses erteilt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

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Omid Nouripour von der Grünen Bundestagsfraktion Bild: Imago/Metodi Popow

Hintertürchen für Rüstungsexporte

Die Zahlen sind brisant, weil im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD auf Betreiben der Sozialdemokraten ein Exportstopp für alle Länder festgeschrieben wurde, die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligt sind. Allerdings wurde ein Bestandsschutz für bereits erteilte Vorgenehmigungen gewährt. Damit sind endgültige Ausfuhrgenehmigungen immer noch möglich. Die hohe Summe könnte aber in der SPD für Irritationen sorgen.

Dem von Saudi-Arabien geführten Kriegsbündnis gehören auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten, Bahrain, Jordanien, Kuwait, Marokko, der Senegal und der Sudan an. Es bekämpft seit 2015 die vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen. Der Krieg hat die Lage der Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtert und wird von den Vereinten Nationen als der derzeit schlimmste weltweit eingestuft. 22 Millionen Menschen - drei Viertel der Bevölkerung - sind auf Hilfe angewiesen, sieben Millionen Menschen haben nicht genug zu essen. Alle Friedensbemühungen sind bisher gescheitert.

Mehr Exporte als im vergangen Jahr erwartet

Das aktivste Mitglied der Allianz neben Saudi-Arabien sind die VAE. Dorthin wurden zwölf Exporte im Gesamtwert von 4,99 Millionen Euro genehmigt. Für Saudi-Arabien hat die neue Bundesregierung zehn Exportgenehmigungen erteilt. Der Wert von einer Viertelmilliarde Euro entspricht fast genau dem Umfang der Genehmigungen für das komplette vergangene Jahr. Insgesamt könnte es damit in diesem Jahr zu einer deutlichen Steigerung der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien kommen.

Um welche Art von Rüstungsgütern es sich handelt, ist weitgehend unklar. Nur zu vier der 87 Einzelgenehmigungen hat die Bundesregierung kürzlich genauere Angaben gemacht, weil sich der Bundessicherheitsrat damit befasst hat. Danach bekommt Saudi-Arabien vier Radarsysteme für Artilleriegeschütze. Die VAE erhalten 48 Gefechtsköpfe und 91 Zielsuchköpfe für ein Flugabwehrsystem.

Ende der Eiszeit zwischen Deutschland und Saudi-Arabien

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien waren lange Zeit schwer belastet. Das Königshaus zog im November vergangenen Jahres seinen Botschafter aus Berlin ab, nachdem der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Saudi-Arabien "Abenteurertum" in Nahen Osten vorgeworfen hatte. Erst vergangene Woche hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Adel al-Dschubair in New York die diplomatische Krise beigelegt, indem er sein Bedauern über die "Missverständnisse" äußerte. Jetzt soll der Botschafter zurückkehren und Maas noch in diesem Monat nach Saudi-Arabien reisen. Der Grünen-Außenpolitiker Nouripour kritisierte die Rüstungsexporte scharf. Es sei nicht auszuhalten, wie Reden und Handeln der Bundesregierung auseinanderfielen. Aus seiner Sicht ist die Große Koalition "moralisch bankrott".

bri/se (dpa)