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Der Traum von Strom und Wasser

Birgit Svensson, Bagdad14. November 2008

Die Infrastruktur im Irak befindet sich weiterhin in einem verheerenden Zustand. Fließend Wasser und laufend Strom gehören im Irak leider nicht zum Alltag.

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Oft müssen die Iraker Wasser aus Bächen holenBild: AP

Mein neues Zuhause liegt im English Village, im englischen Dorf. Es ist eines der unzähligen Neubauviertel, die im nordirakischen Erbil derzeit wie Pilze aus dem Boden wachsen. Wie Stadtvillen sehen die eng aneinander stehenden Gebäude aus. Innen sind sie geräumig, nach oben offen, einstöckig. Ein von der Hitze des Herbstes ausgebrannter Rasen zieht sich wie ein Handtuch um jede Villa. Eine englische Baufirma war hier federführend und hat dem Ensemble einen Vorstadtcharakter gegeben. Doch mit der gewohnten britischen Vorstadtidylle hat das British Village in Erbil nicht viel gemein. Hinter der Umzäunung wachsen wilde Müllkippen, die viele Fliegen- und Mücken zur Vermehrung ermutigen. Es gibt keine Einkaufsmöglichkeiten im Dorf, nicht einmal ein Pub. Trotzdem zieht es immer mehr Menschen hierher. Der ausschlaggebende Punkt hier zu wohnen, ist in Europa längst zur Selbstverständlichkeit geworden: Es gibt 24 Stunden Strom und ausreichend Wasser.

Seltene Ware

Wer in den letzten Jahren im Irak gelebt hat, weiß dies zu schätzen. Mehrere Stunden werden täglich nur damit verbracht, Generatoren in Gang zu halten. Der Dieseltreibstoff ist oft nicht in ausreichenden Mengen bei den Tankstellen zu bekommen und muss teuer auf dem Schwarzmarkt besorgt werden. Ersatzteile müssen für die verschleißten Maschinen beschafft werden. Und man muss jemanden finden, der den Generator zum fünfundzwanzigsten Mal repariert, bevor man sich einen neuen leistet. Nirgendwo im Irak gibt es eine lückenlose Stromversorgung. Mit Wasser sieht es nicht besser aus. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Chaos bei Stromleitungen im Irak
Im Irak fällt immer wieder der Strom ausBild: picture-alliance/dpa

Und die Nachfrage steigt

Erbil, die Hauptstadt der drei nordöstlichen Provinzen, die Irak-Kurdistan genannt werden, ist seit dem Sturz Saddam Husseins um fast das Doppelte gewachsen. Heute wohnen hier 1,3 Millionen Menschen. Der rasante Zuzug von Terroropfern aus Bagdad und den angrenzenden Provinzen, hat die Stadtplaner vor schier unlösbare Probleme gestellt. Strom und Wasser wurden aufgeteilt und in einigen Vierteln so knapp, dass eine Welle des Protestes über die Stadtväter hereinbrach. Inzwischen ist ein neuer, privater Stromerzeuger aufgetreten und ans Netz gegangen. Doch die technischen Voraussetzungen für die alten Stadtviertel müssen erst noch geschaffen werden, um die Zufuhr zu gewährleisten. Für die neu entstehenden Viertel, wie das Englische Dorf, ist dies schneller wahr zu machen.

In Bagdad gibt es noch weniger Strom als in Erbil. Daran ist der Terror schuld. Da 80 Prozent des Stroms für die Hauptstadt in Beidschi, 180 Kilometer nördlich von Bagdad, produziert wird, war es in den letzten Jahren für die Aufständischen einfach, die Stromversorgung lahm zu legen. Nahezu wöchentlich gab es Bombenanschläge und Sabotageaktionen gegen das Kraftwerk in Beidschi. Seitdem der Terror in Bagdad nachgelassen hat, werden die kaputten Leitungen repariert. Doch das braucht Zeit. Doch die Menschen im Irak können fünf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins nicht mehr lange auf Strom und Wasser warten.