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Der Sommer hatte keine Chance

Klaus Deuse21. Juli 2012

Überlieferte Bauernregeln haben bei der Wettervorhersage teilweise eine Trefferquote von mehr als 80 Prozent. Satelliten können noch so viele Daten liefern, doch Erfahrungen können sie nicht widerlegen.

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Eine ältere Frau sucht am Strand der Seebadeanstalt Stralsund im Strandkorb und unter einem Schirm Schutz vor Regen. Quelle: Stefan Sauer dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Für die Experten vom Deutschen Wetterdienst gibt es längst keinen Zweifel mehr: Einen derart miesen Sommer wie diesen hat es seit mindestens 20 Jahren nicht mehr gegeben. Einen erfahrenen Agrarmeteorologen wie Jurik Müller wundert das jedoch nicht. Schließlich hat es am 27. Juni, dem Siebenschläfertag, in Bindfäden geregnet. Die dazu überlieferte Bauernregel lautet schließlich: "Regnet es am Siebenschläfertag, der Regen sieben Wochen nicht weichen mag." Damit ist dieser Sommer sprichwörtlich und weitestgehend ins Wasser gefallen.

"Trefferquote liegt bei über 80 Prozent"

Eine ganze Reihe von Bauernregeln, sagt Agrarmeteorologe Müller, weist eine Trefferquote von über 80 Prozent aus. Rund 10.000 dieser überlieferten Wetter-Erfahrungen hat er gesammelt und auf ihre Prognose-Wahrscheinlichkeit hin überprüft. Natürlich halte nicht jeder überlieferte Spruch, was er verspreche. Aber die meisten besitzen durchaus einen bestimmten Vorhersagewert, betont Jurik Müller. Und zwar, wenn wenigstens eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 55 Prozent erreicht ist. Wie bei der Faustformel für den Siebenschläfertag.

Dass diese Prognose grob in zwei von drei Jahren zutreffen könne, das will auch Meteorologin Jana Neuber vom Deutschen Wetterdienst in Essen nicht in Abrede stellen. Ganz falsch, räumt sie ein, seien solche Regeln nicht. Trotzdem könne man vom wissenschaftlichen Standpunkt aus von einer Bauernregel keine zuverlässigen Prognosen ableiten. Beim Deutschen Wetterdienst legt man datengestützte globale und regionale Modelle zu Grunde.

Eine Mitarbeiterin des Potsdamer Instituts für Klimaforschung erläutert am an einer Computersimulation das Szenario der globalen Erwärmung. Quelle: dpa
Mit der Erderwärmung ändert sich auch das WetterBild: picture-alliance/dpa

"Nur zwei Ausnahmen von der Regel in 56 Jahren"

Auch wenn sich seit der schriftlichen Überlieferung dieser bäuerlichen Wetter-Notizen das Klima verändert hat, lässt sich nach Überzeugung von Jurik Müller an einigen Regeln nicht rütteln. Als Beispiel nennt er den 6. Januar, den Dreikönigstag, der Anhaltspunkte über den weiteren Verlauf des Winters liefere. Diese Bauernregel besagt: "War bis Dreikönig noch kein Winter, so folgt auch keiner mehr dahinter". Die Treffergenauigkeit für diese Vorhersage liegt nachweislich bei über 90 Prozent. Nach der Auswertung der Daten kennt Jurik Müller aus den vergangenen 56 Jahren nur zwei Abweichungen. "Als Beispiel möchte ich hier nur anführen den Februar des Jahres 1956. Und auch in diesem Februar, da hat der Winter nach sehr, sehr milder Zeit auch noch mal zugeschlagen".

Für die Trefferquote der Bauernregeln hat der Agrarmeteorologe natürlich einige schlagende Beispiele parat. Etwa die Gebhardt-Regel. "Warmer Gebhardt bringt fürwahr uns einen kalten Januar." Gebhardt ist übrigens die altdeutsche Bezeichnung für den Oktober. Anhand von gesammelten Wetterdaten liefert Jurik Müller den Nachweis für die Aussagekraft dieser Regel. Fällt der Oktober um mindestens 1,5 bis zwei Grad zu warm aus und ist er westlich der Oder niederschlagsarm, dann kann man mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 85 bis 90 Prozent davon ausgehen, dass der Januar unterdurchschnittlich temperiert sein wird. Also ziemlich eiskalt.

"Regionale Unterschiede"

Überlieferte Bauernregeln gelten natürlich nicht gleichermaßen überall. So treffen regional festgehaltene Regeln für Alpentäler nicht für Bauern am Niederrhein und ebenso wenig an der Nordsee zu. Lostagsregeln allerdings, die an bestimmte Heiligentage gebunden sind, kennen keine regionalen Grenzen. Bei ihnen handelt es sich schließlich um langfristige Wettervorhersagen. Als Beispiel führt Jurik Müller Maria-Lichtmess an, also den 2. Februar.

Eine Mitarbeiterin des Potsdamer Instituts für Klimaforschung erläutert am an einer Computersimulation das Szenario der globalen Erwärmung. Quelle: dpa
Mit der Erderwärmung ändert sich auch das WetterBild: picture-alliance/dpa

In den USA ist das der Murmeltiertag, wobei das Murmeltier bei seinem Blick aus dem Bau Auskunft über den weiteren Verlauf des Winters geben soll. Diese Rolle übernahm früher in Deutschland der Dachs. Folglich lautet die Regel: "Sonnt sich der Dachs in der Lichtmess-Woch, muss er danach vier Wochen ins Loch."

Nur, wo kann man hierzulande schon Dachse als Wetterpropheten beobachten? Jana Neuber vom Deutschen Wetterdienst in Essen verlässt sich da lieber auf die Daten, die ihr die Wettersatelliten und die Computermodelle liefern. Dass der bisherige Sommer aber derart kalt, nass und windig ausfiel, das haben ihr die Computer allerdings nicht verraten.

"Katzen als Wetterpropheten"

Agrarmeteorologe Müller dagegen schwante am 27. Juni, eben am Siebenschläfertag, nichts Gutes. Der Mann kennt nun einmal seine Wetterregeln. Außerdem ist ihm in puncto Wetter nichts Tierisches fremd. Katzenhalter, fügt er lächelnd an, müssten sich im Fernsehen eigentlich keine Wettervorhersage ansehen, sondern ihrem Stubentiger einfach nur auf die Schnauze schauen.

Eine Touristen-Gruppe wandert im Sommer in den Alpen. Quelle- dpa
Spaziergang in den AlpenBild: Fotolia/bynicola

Leckt sich die Katze vor allem abends auffallend oft das Fell, dann bleibt es warm und trocken. Beim täglichen Umherstreichen nach Katzenart lädt sich das Fell nämlich elektrisch auf. Und weil das Tier diese Spannung nicht gut verträgt, sorgt es durch das feuchte Ablecken selbst für Abhilfe. Zieht aber am nächsten Tag ein Tiefdruckgebiet mit Regen heran, leckt sich die Katze am Abend davor nur noch selten, da der Strom aufgrund der feuchten Luft besser abfließen kann. In diesem Sommer konnten sich Katzen das Lecken gleich ersparen.