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Das Wintermärchen

Lina Elter30. Juli 2007

"Projekt Gold - eine deutsche Handball-WM" erzählt die Geschichte des deutschen Handballnationalteams bei der WM 2007 im eigenen Land. Weltmeister zu werden ist hart, aber den Deutschen macht es vor allem auch Spaß.

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Die deutsche Mannschaft jubelt über den Siegerpokal (AP Photo/Frank Augstein)
Das 'Projekt Gold' ist geglückt - Handballweltmeister unter sichBild: AP

"Projekt Gold" ist nicht nur der Titel des Dokumentarfilms von Produzent Stephan Limbach und Regisseur Winfried Oelsner, sondern es war das selbst gesetzte Ziel der deutschen Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft im eigenen Land. Der Film begleitet die als Außenseiter gehandelte junge Mannschaft von Trainer Heiner Brand von der WM-Vorbereitung bis zum großen Finale. "Projekt Gold" blickt dabei hinter die Kulissen - vom Motivationsseminar für die Spieler, über das tägliche Training, bis zu den letzten anfeuernden Worten des Trainers in der Umkleidekabine vor den Spielen.

Ein Land im Handballfieber

Henning Fritz wird auf den Schultern eines Mitspielers getragen. Quelle: "Projekt Gold" Kinowelt
Torhüter Henning Fritz nach dem Habfinalsieg über FrankreichBild: Projekt Gold

Wie sehr ein Land bei einem internationalen Sportturnier mitfiebern kann, haben die Deutschen bei der Fußball-WM im Sommer 2006 erlebt. Dieses "Sommermärchen" war kaum vorbei als im Januar 2007 das "Wintermärchen" der deutschen Handballnationalmannschaft beginnt. Das zunehmende Interesse der Menschen an der Handball-WM und dem deutschen Team zeigt sich in "Projekt Gold" exemplarisch an zwei Szenen: Zu einem der Vorrundenspiele fahren die Handballer noch in einem überfüllten Zug und müssen sich ihre Sitzplätze geradezu erkämpfen; zum Finale muss der Mannschaftsbus unter Polizeibegleitung durch Massen von Fans gelotst werden, die überall an den Straßen stehen und Deutschlandfahnen schwenken.

In der zweiten Hälfte, gerade bei dem so knapp gewonnen Halbfinale gegen Frankreich und vor dem Finale gegen den Angstgegner Polen, dem das Team in der Vorrunde unterlag, wird der Film emotionaler und mitreißender. Das Frankreich-Spiel ist in seiner Dramatik nicht zu übertreffen und es tut dem Film gut, dass längere Passagen des Spiels gezeigt werden, als das bei anderen Spielen der Fall ist. Gerade in diesem Spiel gegen die französischen Handballer zeigt der deutsche Torhüter Henning Fritz, dass Trainer Brand zu Recht an ihn geglaubt hat. Dass Fritz am Anfang der WM erstmal Selbstbewusstsein aufbauen muss, zeigt sich, wenn er mit sichtlicher Überwindung einen Fernsehbericht verfolgt, der von seiner Formkrise handelt.

Bescheidene, sympathische Jungs

Lars Kaufmann und Pascal Hens, Quelle: "Projekt Gold" Kinowelt
Alles nette Jungs - Lars Kaufmann und Pascal HensBild: Projekt Gold

Nicht nur Torhüter Fritz, sondern auch alle anderen Spieler erscheinen in dem Dokumentarfilm als bescheidene, authentische und nette Jungs. Sie reißen Witze, lachen über sich selber, albern rum und haben offensichtlich trotz allen Drucks und Siegeswillens den Spaß am Sport nicht verloren. Die Atmosphäre in der Mannschaftsunterkunft ähnelt immer wieder einem Schullandheimausflug.

Gerade weil die Spieler sympathisch sind, würde es der emotionalen Dramatik des Films helfen, wenn der Zuschauer die Spieler noch näher und persönlicher kennen lernt. Erst gegen Ende des Films als einige Spielerfrauen in die Kabine kommen, fällt plötzlich auf, dass diese Sportler ja auch noch ein Privatleben zu haben scheinen. Aber da hat sich trotz aller Sympathie schon eine gewisse Distanz eingeschlichen - die Interviews mit den Spielern in ihren eher seelenlosen Hotelzimmern wirken oft zu gestellt, zu kühl.

Der ruhige Lenker

Heiner Brand Quelle: "Projekt Gold" Kinowelt
Der glückliche Meistertrainer Heiner BrandBild: Projekt Gold

Ein ganz wichtiger anderer Protagonist des Films ist der Nationaltrainer Heiner Brand. Er ist der strenge, meist ernst blickende, gleichzeitig aber auch herzliche Chef, der weiß wie er sein Team immer wieder zu Höchstleistungen antreiben kann. Als die Mannschaft den Titel gewinnt und sich bei der Siegerehrung mit "Heiner Brand"-Bärten präsentiert, zeigt Brands entspanntes Lachen eindrücklich, wie sehr er sich mit seinen Spielern verbunden fühlt und wie groß auch bei ihm die Anspannung war, die jetzt in diesem Moment des Triumphs von ihm abfällt.

"Projekt Gold" fängt den Teamsport Handball in seiner Dynamik, Härte und Präzision gut ein, gerade die Kameraperspektive von oben eröffnet während der Spiele einen ganz neuen Blick. Aber allen voran die menschliche Seite dieses Sports: der Respekt der gegnerischen Teams voreinander, die Begeisterung der Fans und die positive Stimmung innerhalb der eingeschworenen deutschen Mannschaft machen den Film sehenswert.