1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Machtwechsel beginnt im Kapitol

6. Januar 2009

In den USA vollzieht sich der erste Schritt zum Machtwechsel von George W. Bush zu Barack Obama: In einer Sitzung im Kapitol konstituierte sich der neue US-Kongress. Personaldebatten überschatteten den Arbeitsbeginn.

https://p.dw.com/p/GT5P
(AP Photo/Jose Luis Magana)
Nein, nicht Rom - sondern der Kongress auf dem Kapitol-Hügel in Washington im SonnenaufgangBild: AP

Im Zeichen von Kontroversen um Senatsposten und unter dem Druck einer massiven Wirtschaftskrise hat der neugewählte US-Kongress am Dienstag (06.01.2009) seine Arbeit aufgenommen. Der künftige US-Präsident Barack Obama hat den Abgeordneten ein straffes Arbeitsprogramm auferlegt. Nach ihrer konstituierenden Sitzung müssen sie sich schnell mit dem von Obama geplanten Konjunkturpaket auseinandersetzen. "Wir müssen handeln, und zwar jetzt", sagte Obama am Montag nach Gesprächen mit führenden Kongressmitgliedern. Obama drang darauf, dass ihm ein unterschriftsreifes Gesetz schon bald nach seiner Amtsübernahme am 20. Januar vorliegt.

Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, versprach beim Treffen mit Obama zügiges Handeln. Ursprünglich hatte Pelosi zugesagt, das Konjunkturpaket sei bis zur Amtseinführung des neuen Präsidenten unterschriftsreif. Dieser Zeitplan hat sich jedoch als zu optimistisch erwiesen.

"Unsere Kinder und Enkel werden dafür bezahlen"

(AP Photo/Pablo Martinez Monsivais)
Mittlerweile wohnhaft in der US-Hauptstadt: Barack ObamaBild: AP

Republikaner und Demokraten rief Obama zur Zusammenarbeit auf. "Die Lage wird schlimmer, und wir müssen mutig und schnell handeln", sagte er. Sein Maßnahmenkatalog beinhaltet nach Angaben von Gewährsleuten massive Steuersenkungen im Umfang von bis zu 300 Milliarden Dollar (221 Milliarden Euro). Insgesamt könnte das Konjunkturpaket dem Vernehmen nach rund 775 Milliarden Dollar umfassen - deutlich mehr als bislang angedeutet.

Die Republikaner, die sich nun in beiden Kongresskammern in der Opposition befinden, äußerten sich besorgt über die hohen Kosten des Vorhabens. "Das ist kein Paket, das jemals von der jetzigen Generation bezahlt werden kann", sagte der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner. "Unsere Kinder und Enkel werden dafür bezahlen."

16 Jahre republikanische Vorherrschaft beendet

(AP Photo/James A. Finley, File)
Im Kreuzfeuer der Kritik: Gouverneur Blagojevich, dahinter: ObamaBild: AP

Die Vereidigung von Barack Obama als US-Präsident am 20. Januar wird den politischen Wechsel abschließen. Mit seinem Amtsantritt kontrollieren die Demokraten zum ersten Mal seit 16 Jahren sowohl beide Kammern des US-Kongresses - Repräsentantenhaus und Senat - als auch das Weiße Haus. Im Abgeordnetenhaus verfügen die Demokraten über eine Mehrheit von 257 zu 178 Sitzen. Im 100-köpfigen Senat könnten sie unter Einschluss von zwei Unabhängigen auf 59 Mandate kommen.

Im Regierungsalltag bilden Präsident, Senat und Repräsentantenhaus ein Machtdreieck. Die drei Staatsorgane sind durch ein Geflecht gegenseitiger Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten verbunden, das Obama im Streitfall das Regieren schwer machen könnte.

Personaldebatten zu Beginn

(AP Photo/Susan Walsh)
Nancy Pelosi soll Obama im Repräsentantenhaus die Mehrheiten sichernBild: AP

Der Senat könnte in den kommenden Monaten zum Schlüsselgremium für die Regierungsarbeit werden. Ohne seine Zustimmung kann kein Gesetz in Kraft treten. Ein Problem für Obama könnte sein, dass im Senat das Prinzip der Sperrminorität gilt. Um ein Gesetz durchzubringen, sind 60 der 100 Senatsstimmen erforderlich. Die Republikaner können also mit ihrer 41-Stimmen-Minderheit Gesetzesvorhaben blockieren. Obama wird deshalb versuchen müssen, im Senat einzelne Republikaner auf seine Seite zu ziehen.

Im Senat richtet sich das Augenmerk derzeit vor allem auf den früheren Justizminister von Illinois, den Demokraten Roland Burris. Der unter schwerem Korruptionsverdacht stehende Gouverneur des Staates, Rod Blagojevich, hatte gegen den Willen der demokratischen Senatsführung entschieden, dass Burris den Senatssitz besetzen soll, den Obama nach seiner Wahl zum Präsidenten freigemacht hat. Die demokratische Senatsfraktion will Burris nicht anerkennen. Blagojevich soll versucht haben, Obamas Sitz meistbietend zu verkaufen. Blagojevich droht ein Amtsenthebungsverfahren und ein Strafprozess.

Klare Verhältnisse im Repräsentantenhaus

Streit gibt es auch um den Senatssitz der künftigen Außenministerin Hillary Clinton, den Caroline Kennedy, die Tochter des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy, für sich beansprucht. Viele New Yorker Demokraten wollen einen eigenen Kandidaten ernennen.

Das Repräsentantenhaus wird wegen eindeutiger Mehrheitsverhältnisse weniger von sich reden machen. Die demokratische Fraktion ist dort auf 256 von 435 Sitzen angewachsen. Bei Abstimmungen genügt hier die absolute Mehrheit, der sich Obama in den meisten Fällen sicher sein dürfte.

Panetta soll CIA-Chef werden

Obama hat am Montag Leon Panetta (71) zum neuen CIA-Chef ernannt. Panetta war unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton von 1994 bis 1997 Stabschef im Weißen Haus und lehrt derzeit an der Santa Clara University in Kalifornien Politikwissenschaften. Experten werteten die Berufung Panettas als Versuch Obamas, die Glaubwürdigkeit der wegen umstrittener Verhörmethoden im Anti-Terror-Kampf in Verruf geratenen CIA wieder herzustellen.

Kritisch äußerte sich die demokratische Senatorin und künftige Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Diane Feinstein. Sie sei über die Auswahl Panettas nicht informiert gewesen, sagte Feinstein. "Ich war immer der Meinung, dass der CIA mit einem Geheimdienstexperten an der Spitze besser gedient wäre." (mas)