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Ende der Monarchie

Thomas Bärthlein (rri)11. Juni 2008

Ende der Monarchie in Nepal nach 240 Jahren: Das Volk war lange unzufrieden mit König Gyanendra, doch seinen Sturz hat er letztlich nur sich selbst zuzuschreiben, meinen Beobachter. Hintergründe von Thomas Bärthlein.

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Mann mit Kappe; im Anzug (4.5.04, Kathmandu - Nepal, Quelle: AP)
König Gyanendra dankt abBild: AP

Nepals König hat seine Sachen gepackt. Am Mittwoch (11.6.08) werden die letzten Vorbereitungen für den Auszug aus seinem Palast getroffen. "Er wird heute ausziehen", teilte der Pressedienst des Palastes mit. König Gyanendra werde um 17 Uhr (13.15 Uhr MESZ) eine Pressekonferenz abhalten und dann den Palast verlassen. Anschließend ziehe er vorübergehend in ein Schloss am Rand der Hauptstadt Kathmandu, bevor er eine neue Bleibe gefunden hat. Die neu gewählte verfassunggebende Versammlung hatte am 28. Mai mit überwältigender Mehrheit die Monarchie in dem Himalayastaat abgeschafft und dem König zur Räumung seines Palasts eine Frist bis zum 12. Juni gesetzt

Der Auszug des Monarchen aus dem Palast im Zentrum Kathmandus markiert das Ende einer historischen Epoche, sagt Kanak Mani Dixit, Herausgeber der Zeitschrift "Himal Southasian" und einer der führenden politischen Kommentatoren in Kathmandu: "Diese Monarchie hat das Land vor 240 Jahren konsolidiert." Der König, "der jetzt entthront wurde, ist der zwölfte in direkter Folge seit Prithvi Narayan Shah, der Nepal als Nation zusammengeführt hat. Ein wenig Nostalgie ist also erlaubt!"

"Seine Idiotie stürzte ihn"

Zweistöckiges Haus, daneben Bäume (undatiert, Kathmandu - Nepal, Quelle: dpa)
Die neue Bleibe des Königs am Stadtrand von KathmanduBild: picture-alliance/ dpa

Besonders populär war König Gyanendra nie. 2001 kam er auf den Thron im Anschluss an das berüchtigte Massaker im Palast. Damals ermordete der Thronfolger die halbe königliche Familie und anschließend sich selbst – anscheinend, weil ihm verboten worden war, die Frau zu heiraten, die er liebte. Endgültig verspielt hat Gyanendra die Sympathien seiner Untertanen dann, als der konstitutionelle Monarch vor gut drei Jahren, mitten im Bürgerkrieg mit den Maoisten, die Macht im Staat an sich riss. Ein Schritt, der das Ende der Monarchie erst einleitete, sagt Kanak Mani Dixit: "Nur seine Idiotie hat seine Herrschaft und die Dynastie gestürzt!" Am 1. Februar 2005 übernahm der König als absoluter Monarch die Macht. "Er wollte nicht verstehen, in welcher Zeit wir leben. Die Menschen begriffen, dass dieser Mann nichts Gutes für uns wollte, und die Volksbewegung vom April 2006 war es, die das Ende der Monarchie eingeläutet hat."

Damals zwangen Massendemonstrationen den König zum Rückzug. Seitdem war klar, dass er sein Spiel verloren hatte. Besonders die Maoisten, die bald aus dem Untergrund nach Kathmandu zogen, um sich an der Übergangsregierung zu beteiligen, hatten sich die Abschaffung der Monarchie auf die Fahnen geschrieben. Und nach und nach schlossen sich die anderen Parteien an. Die Verfassungsgebende Versammlung vollzog nur noch offiziell nach, was die Politiker bereits im letzten Jahr ausgehandelt hatten. Bereits seit Monaten war "königlich" aus allen offiziellen Dokumenten wie auch aus den Namen der staatlichen Fluggesellschaft und der Armee gestrichen worden. Das Bild Gyanendras verschwand von den Geldscheinen, und die Nationalhymne bekam einen neuen Text.

Bislang war Nepal der einzige Hindu-Staat der Welt gewesen. Der König galt als Inkarnation des Hindu-Gottes Vishnu. Auch das hat ein Ende. In Nepal wurde die säkulare, föderale und demokratische Republik proklamiert. Das ist nur konsequent, findet Kanak Mani Dixit: "In der bisherigen nepalischen Verfassung war festgelegt, dass Nepal ein Hindu-Staat ist, während mindestens 30 Prozent der Bevölkerung gar keine Hindus sind." Einem Großteil der Bevölkerung habe das offensichtlich nicht gepasst. "Jetzt ist das überhaupt kein Diskussions-Thema mehr."

Schwierige Herausforderungen für den neuen Staat

Junge Frau jubelt , im Hintergrund weitere Menschen (29.5.08, Kathmandu - Nepal, Quelle: dpa)
Jubelnde Menschen nach Ausrufung der Republik am 29. MaiBild: picture-alliance / dpa

Dafür gibt es eine Menge andere, dringendere Probleme zu diskutieren in der Verfassungsgebenden Versammlung: Wie kann das neue Nepal mehr soziale Gerechtigkeit schaffen? Wie können unterprivilegierte Gruppen mehr Rechte bekommen? Wie soll die "föderale" Republik Nepal gestaltet sein, mit welchen Provinzen und welchen Kompetenzen? Die Schriftstellerin und Demokratie-Aktivistin Manjushree Thapa spricht aus, was viele denken:

"Ich bin sehr aufgeregt, weil es für meine Generation von Nepalis – ich bin Anfang 40 – heißt, dass wir nie wieder gegen den König kämpfen müssen." Es habe eine Demokratie-Bewegung in den 1940ern, dann wieder in den späten 80ern gegeben. "In den späten 90ern will man doch nicht immer noch mit einem König kämpfen müssen! Es gibt wahrlich wichtigere Kämpfe und wichtigere Dinge zu tun."

Was der König nun tun wird, weiß noch niemand. Gerüchte, er wolle nach Indien ins Exil gehen, hat er immer dementieren lassen. Expertenschätzungen zufolge bleibt ihm auch ohne seine Paläste ein im In- und Ausland verteilt angelegtes Millionen-Vermögen. Der Palast soll nach Gyanendras Auszug ein Museum werden. Ob die Krone und die Kronjuwelen auch darin verbleiben, wird sich erst herausstellen, wenn der König ausgezogen ist.