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Kampf um die Wiener Hofburg wird verschoben

Emir Numanovic12. September 2016

Eine kleine Panne in der Druckerei, eine große im Innenministerium und ein Versuch das Wahlrecht einzuschränken machen die Bundespräsidenten-Wahl in Österreich weiterhin einzigartig.

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Österreichischer Innenminister Wolfgang Sobotka im Juni 2016 (Foto: picture-alliance/APA/E. Scheriau )
Bild: picture-alliance/APA/E. Scheriau

Die Verschiebung der Bundespräsidentenwahl wird zwar in der österreichischen Öffentlichkeit durch die Reihen als "peinlich" eingestuft, und dennoch gibt es in der breiten öffentlichen Meinung den Konsens, dass die Verschiebung der Wahl das einzig Sinnvolle war. Viele Beobachter zeigen sich fassungslos "über die Unfähigkeit der Behörden eine ordentliche Wahl auf die Beine zu stellen", doch eine Verschiebung scheint ihnen immer noch lieber zu sein, als eine erneute Anfechtung des Ergebnisses. Denn damit müsste sich dann wieder der Verfassungsgerichtshof beschäftigen. Das wäre noch peinlicher. Zum internationalen Gespött mache sie Österreich ja ohnehin, allein damit wäre man schon gut bedient.

Noch vor Tagen waren sich so Vertreter fast aller österreichischen Parteien einig darüber, dass die Wahl am besten verschoben werden soll. Eine Überraschung war die Pressekonferenz des Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP) (Artikelbild oben) also nicht, bei der er die Verschiebung auch offiziell gemacht hat. Für eine Überraschung sorgte hingegen die FPÖ, deren Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer und Obmann Heinz-Christian Strache forderten, "angesichts der aktuellen Klebstoff-Turbulenzen", auf die Briefwahl bei der Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl zu verzichten.

Einschränkung des freien Wahlrechts

"Jeder Österreicher hat ein Recht darauf, dass seine Stimme bei der Wahl gezählt wird. Sollte das aufgrund der bekannten Pannen bei den aufplatzenden Briefwahlkuverts nicht gewährleistet sein, so muss man überlegen, diesmal einvernehmlich auf die Briefwahl zu verzichten", so Hofer wörtlich. Auch forderte er die Ablösung der für das Debakel verantwortlichen Beamten.

Mit der Forderung nach Konsequenzen liegt Hofer zwar auf einer Linie mit vielen anderen politischen Vertretern, auch mit einigen namhaften Kommentatoren der österreichischen Medienszene. Für den Vorschlag zur Abschaffung der Briefwahl gab es hingegen wenig Verständnis. Die Kritik kam von allen Seiten prompt, in erster Linie aber von dem Gegenkandidaten, dem Ex-Grünen-Chef, Alexander Van der Bellen. Die Abschaffung der Briefwahl wäre "eine selektive und willkürliche Einschränkung des freien Wahlrechts" und er wäre sehr froh darüber, dass außerhalb der FPÖ dieser Vorschlag nicht aufgegriffen werde.

Norbert Hofer (Foto:picture alliance/dpa/L. Niesner)
Norbert Hofer möchte auf die Briefwahl verzichtenBild: picture alliance/dpa/L. Niesner

Bei der letzten Wahl haben über 750.000 Österreicher per Briefwahl gewählt, diese Stimmen haben die Wahl letztendlich für Alexander Van der Bellen entschieden. Auch ist es in Österreich üblich, dass die Wähler, die per Wahlkarte wählen, tendenziell eher links und grün wählen, als rechts und konservativ. In erster Linie sind das laut Umfragen die besser gebildeten Schichten.

Panne im Innenministerium – Aufruf zur Manipulation

Abgesehen von dem Debakel mit dem Kleber in der Druckerei, gab es bei dieser Wahl noch eine große Panne im Innenministerium. Dort wurde eine Hotline eingerichtet, bei der es Antworten geben sollte auf alle Unklarheiten bezüglich der bevorstehenden Wahl. Als dann einige Bürger nach den Wahlkarten fragten, die nicht gut zugeklebt werden konnten, wurde ihnen dort geraten, die Karte selber mit einem eigenen Kleber zu verleimen und abzuschicken. "Die typisch österreichische Wurschtigkeit bei der Durchführung des Urnengangs nach dem Motto `Haben wir immer schon so gemacht` hat bereits zur Aufhebung der Stichwahl geführt. Dass jetzt nach dem Auftauchen fehlerhafter Kuverts sogar auf der Hotline des Innenministeriums besorgten Anrufern geraten wird, den Umschlag mit einem Uhu-Stic zuzukleben, passt dazu", schreibt so zum Beispiel der österreichische Standard.

Alexander Van der Bellen Foto: picture alliance/dpa/L. Niesner
Alexander Van der Bellen ist strikt gegen den Verzicht auf die Briefwahl - auch weil ihn viele seine Wähler so wählenBild: picture alliance/dpa/L. Niesner

Und weiter: Beim dem Rat, einen Klebstoff zum Verschließen des Umschlags zu verwenden, handle es sich um einen Aufruf zur Manipulation, so die Autorin Alexandra Föderl-Schmid weiter. "In einem anderen Land würden personelle Konsequenzen gezogen werden. Aber in Österreich vermittelt auch der Leiter der Wahlbehörde stets den Eindruck, es sei eh alles in Ordnung."

Und wie wird sich das Ganze nun auf die Wahlprognosen und auch auf die Beteiligung bei der Wahl - voraussichtlich im Dezember - auswirken? Meinungsforscher Peter Hajek glaubt, dass es weder Hofer noch Van der Bellen nutzen wird, aber er rechnet mit einer hohen Wahlbeteiligung. Die Menschen seien verärgert, das Vertrauen in den Staat sei erschüttert, doch ein großer Einbruch in der Wahlbeteiligung gegenüber Mai wäre nicht zu erwarten: "Es ist eine Richtungswahl zwischen links und rechts, die stark polarisiert, deswegen nehmen wir an, dass die Leute zur Wahl gehen werden", so Hajek gegenüber der österreichischen Zeitung "Kurier".