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Gejagter Jäger

Martin Schrader6. Juni 2007

Wegen seiner großen Macht als Suchmaschine lehrt Google nicht nur viele Internet-Anwender das Fürchten. Auch Konkurrenten des jungen und rapide wachsenden IT-Konzerns fühlen sich bedroht. Selbst Microsoft.

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Google Gründer Larry Page, links, und Sergey Brin mit Google-Logo in den Händen
Das Image der Google-Gründer Larry Page (l.) und Sergey Brin hat sich rapide gewandeltBild: AP
Bill Gates spricht und gestikuliert (AP Photo/Christof Stache)
Microsoft-Gründer Bill Gates hat einen ebenbürtigen Kontrahenten bekommenBild: AP

Microsoft ist seit seiner Gründung 1975 nie als Vorreiter einer technischen Entwicklung aufgefallen. Der Konzern schaffte es aber immer wieder, die Ideen von Trendsettern zu kopieren und ihre Erfinder dann aus dem Markt zu drängen. Nun jedoch ist der Konzern von Bill Gates erstmals an einen Kontrahenten geraten, der den Jäger Microsoft zum Gejagten macht: Google.

Wie sehr Google dem Platzhirsch Microsoft zusetzt, zeigt sich in jüngster Zeit in immer kürzeren Intervallen. Erst am Dienstag (5.6.) erreichten die Aktien von Google ein Rekordhoch von 519 Dollar. Grund für die Euphorie an der Börse: Google hatte eine Allianz mit dem Softwarekonzern Salesforce.com bekannt gegeben. Salesforce ist ein Rivale von Microsoft und wird Google künftig beim Kundenmanagement helfen. Einen Tag später übernahm Google mit Peakstream ein Startup-Unternehmen für Server-Software. Das sind nur zwei Beispiele für das rasante Tempo, in dem Google wächst. Zurzeit übernimmt der Konzern nach eigenen Angaben jede Woche etwa eine kleinere Firma.

O'Reilly: Eine neue Ära

Neben diesen kleinen Fischen schluckt Google auch große Brocken für mehrere Milliarden Dollar. Im April wurde die Übernahme der Online-Marketingfirma DoubleClick für 3,1 Milliarden Dollar angekündigt. Erst vier Monate zuvor hatte Google für 1,6 Milliarden die populäre Video-Plattform YouTube gekauft.

Fachleute sprechen schon von einer Wachablösung an der Weltspitze des IT-Markts. "Auf die IBM-Ära mit den Großrechnern folgte die Microsoft-Ära mit den Personalcomputern, und nun sind wir in der Internet-Ära angekommen, die man besser Google-Ära nennen sollte", sagte Tim O'Reilly unlängst in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen". O'Reilly gilt als Erfinder des Begriffs "Web 2.0".

Googles Zielscheibe: MS-Office

Vor allem durch seine neuartige Software setzt Google dem Gates-Imperium zu. Zum Beispiel mit den Apps: Sie bieten Mail-Konto, Terminkalender, Chat-Funktionen, Textverarbeitung und Tabellen-Kalkulation. Es gibt von den Apps eine Version für private Anwender, die kostenlos ist und durch die Einblendung von Anzeigen finanziert wird. Unternehmen erhalten zum Preis von 50 Dollar pro Nutzer und Jahr eine Premium-Version dieses Anwendungspakets. Großer Vorteil der Apps: Eine Software-Installation ist ebenso überflüssig wie das kostspielige Bereithalten eines Servers oder von Personal, das diese betreut.

Nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens Forrester Research ist die Zielscheibe der Apps ganz eindeutig das Office-Paket von Microsoft. In einem Vergleich der Apps mit MS-Office zieht Forrester das Fazit: "Google stellt eine klare und akute Gefahr für Microsoft dar."

Prof. Dr. Marcel Machill
Prof. Dr. Marcel MachillBild: presse

Microsoft könnte das Blatt wenden

Der Medien-Professor Marcel Machill warnt dennoch davor, Microsofts Position zu unterschätzen. Machill forscht an der Universität Leipzig unter anderem zu internationalen Mediensystemen, Suchmaschinen und Internet Governance. Er vertritt die Meinung, dass zwar derjenige am Ende die Nase vorn haben werde, der die beste Suchmaschinen-Technik anbiete. Das müsse aber nicht Google sein. Denn Microsoft und Yahoo investierten große Summen in die Verbesserung ihrer Suchmaschinen. Deshalb sei dieses Rennen noch offen, auch wenn Google derzeit vorne liege.

"Eventuell könnte Googles früher Erfolg dem Unternehmen zum Verhängnis werden", meint Machill sogar. Denn dadurch, dass Googles Suchmaschine derzeit die unangefochtene Nummer Eins ist, sei sie auch erstes Opfer von Manipulationen. "Die Suchmaschinen sind ja nicht immer so schön neutral und liefern immer das Relevante, was wir uns wünschen", sagt Machill. Weil Google so stark ist und von allen benutzt wird, springen nach seiner Beobachtung die so genannten Search Engine Optimizer gerne auf Google auf und manipulieren die Ranking Listen. Deshalb würden die Ranking Listen von Google teilweise immer schlechter. Wenn man mit Yahoo und Microsoft vergleiche, könne es sein, dass diese beiden bessere Ergebnisse lieferten, also weniger manipulierte, als Google. "Deshalb kann man noch nicht genau sagen", meint Machill, "wie sich das die nächsten zwei oder drei Jahre weiter entwickelt, ob sich da das Blatt doch noch wendet."