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Druck auf Wulff bleibt

5. Januar 2012

Ungeachtet der massiven Kritik wegen seiner versuchten Medien-Beeinflussung hält Bundespräsident Wulff an seinem Amt fest. Er habe nichts Unrechtes getan, betonte Wulff. Aber nicht alle hat er überzeugt.

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Bundespräsident Christian Wulff (Foto:dpa)
Bundespräsident Wulff rechtfertigt sichBild: picture-alliance/dpa

Es sollte ein Befreiungsschlag werden, doch die Opposition sieht nach dem gemeinsamen Interview der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF am Mittwochabend mit Bundespräsident Christian Wulff weiterhin offene Fragen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, dessen Eignung für das höchste Staatsamt zu überprüfen. Der Vize-Chef der SPD-Fraktion, Hubertus Heil, sagte, zu klären sei etwa, ob Wulff den Ansprüchen gerecht werde, die die Menschen zu Recht an einen Bundespräsidenten stellten. Für die Grünen erklärte deren Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke, Wulff habe die Vorwürfe an ihn im Kern offensichtlich nicht verstanden. Harsche Kritik kam auch von der Linkspartei. Deren Vorsitzende Gesine Lötzsch warf dem Bundespräsidenten vor, er habe "ein gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld".

Bei Union und FDP wurden die Äußerungen Wulffs dagegen mit Erleichterung aufgenommen. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer hatten sich bereits vor dem Interview hinter Wulff gestellt.

Konflikt mit der "Bild"-Zeitung spitzt sich zu

Nach dem Fernsehinterview spitzt sich der Konflikt zwischen dem Staatsoberhaupt und der "Bild"-Zeitung zu. Chefredakteur Kai Diekmann rief Wulff auf, einer Veröffentlichung seines Drohanrufs auf der Sprachmailbox von Diekmann zuzustimmen. Um Missverständnisse auszuräumen, halte die "Bild"-Zeitung es für notwendig, den Wortlaut der Nachricht zu veröffentlichen. Zugleich reagierte Diekmann in einem öffentlichen Brief mit Verwunderung auf Wulffs Interview-Aussagen.

Der Leiter des Hauptstadtstudios der Zeitung, Nikoluas Blome, widersprach Wulffs Aussage, er habe die Veröffentlichungen über seinen Hauskredit nur verschieben wollen. Blome, sagte im Deutschlandfunk, die Redaktion habe den Anruf Wulffs bei Chefredakteur Diekmann deutlich anders wahrgenommen. Es sei ganz klar Ziel des Anrufs gewesen, die Berichterstattung zu unterbinden.

"Anruf war ein schwerer Fehler"

Wulff und die Journalisten Urlich Deppendorff und Bettina Schausten (Foto: dpa)
Wulff im Gespräch mit den Journalisten Urlich Deppendorff und Bettina SchaustenBild: Reuters

Der Bundespräsident hatte in dem Interview eingeräumt, der Drohanruf bei Chefredakteur Diekmann sei ein schwerer Fehler gewesen, der ihm leid tue und für den er sich entschuldige. Diese Entschuldigung sei auch angenommen worden. Wulff sagte weiter, er habe in dem Anruf Diekmann darum gebeten, den Artikel über seine Hausfinanzierung um einen Tag zu verschieben, bis er von seiner Reise durch die Golf-Staaten zurückgekehrt sei. Er habe sich ausdrücklich zur Presse- und Meinungsfreiheit bekannt, sich in dem Moment aber eher als Opfer gesehen. Er wies auch Vorwürfe zurück, er habe in der Affäre um seinen Hauskredit die Öffentlichkeit nur scheibchenweise informiert. Seine Anwälte hätten inzwischen etwa 400 Anfragen beantwortet. Weitere Details würden im Internet veröffentlicht.

Wulff sagte in dem Interview von ARD und ZDF auch, er habe in den vergangenen Tagen nicht an Rücktritt gedacht. Er nehme seine Verantwortung gerne wahr und wolle nach fünf Jahren im Amt die Bilanz ziehen, dass er ein guter Bundespräsident gewesen sei. Zugleich betonte Wulff, er wolle nicht Präsident in einem Land sein, in dem man sich kein Geld von Freunden leihen könne. Mit Blick auf das Darlehen der baden-württembergischen BW-Bank sagte er, es handele sich um normale und übliche Konditionen. Er habe keine Vorteile genossen, es handele sich um ein Angebot wie für andere auch, sagte der Bundespräsident weiter.

Seit Mitte Dezember muss sich Wulff gegen Vorwürfe wehren, beim Kauf seines Eigenheimes in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident die genauen Umstände der Kreditaufnahme verschwiegen zu haben. 2008 hatte Wulff von der befreundeten Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro erhalten. Kurz vor Weihnachten entschuldigte sich Wulff für "Irritationen" in dieser Kreditaffäre.

qu/se (dapd, epd, afp, dpa, rtr)