Der Dresdner Striezelmarkt
Er gehört zu den beliebtesten Weihnachtsmärkten Deutschlands: der Striezelmarkt im sächsischen Dresden. Hier kann man viel Traditionelles kaufen, natürlich auch den berühmten Christstollen.
HINWEIS: Der 586. Striezelmarkt in Dresden im Jahr 2020 wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt!
Die Dresdner sind stolz auf ihren Striezelmarkt. Immerhin ist er der älteste, beurkundete Weihnachtsmarkt Deutschlands. Bereits seit 1434 wird er auf dem Altmarkt im Stadtzentrum veranstaltet. Jährlich lockt er vom 27. November bis 24. Dezember Millionen von Besuchern an. Tradition wird auf dem Striezelmarkt großgeschrieben etwas groß|schreiben hier umgangssprachlich für: eine wichtige Rolle spielen; etwas eine besondere Bedeutung beimessen : Der Kinderchor gehört ebenso dazu wie handgefertigte Leuchtsterne, Produkte aus dem Erzgebirge wie Schwibbögen Schwibbogen, -bögen (m.) eine Weihnachtsdekoration aus Holz oder Metall in Form eines Bogens mit Kerzen und Figuren und Räuchermänner Räuchermann, -männer (m.) eine Holzfigur, in deren Innerem eine kleine kegelförmige Duftkerze abgebrannt wird; auch: Räuchermännchen , die riesige, 14 Meter hohe Weihnachtspyramide Weihnachtspyramide, -n (f.) ein meist aus Holz bestehendes rundes Gestell, das noch oben hin immer schmaler wird, mit Kerzen, deren Wärme ein Flügelrad an der Spitze antreibt, so dass sich die Pyramide dreht und natürlich das für die Stadt typische Produkt: der echte Dresdner Christstollen Christstollen, - (m.) ein Kuchen, der mit Trockenfrüchten gefüllt und dick mit Puderzucker bestreut ist .
Es ist sechs Uhr früh und Bäckermeister Rene Krause ist im Stress. Die Stollen müssen rechtzeitig zum Weihnachtsmarkt gebracht werden. Sein Verkaufsstand braucht Nachschub. Schon seit September sind alle Stollenbäcker der Stadt im Backfieber Fieber (n., nur Singular) hier umgangssprachlich für: die große Leidenschaft für etwas; die Tatsache, dass man etwas toll findet und unbedingt machen möchte . Der echte „Striezel“, das mittelhochdeutsche Wort für den Christstollen, darf nämlich nur in Dresden hergestellt werden. Bei den Kunden steht er nach wie vor an der Spitze der Beliebtheitsskala, sagt Krause:
„Der Christstollen ist ja irgendwie der Liebling, weil, der gehört traditionell zu Weihnachten dazu. Und man probiert mal andere Stollen aus, zum Beispiel Cranberry-Stollen oder Schoko-Stollen. Aber grundsätzlich ist der Christstollen einfach unser Star in Dresden quasi.“
Rene Krause führt die Bäckerei in der dritten Generation, er wollte nie etwas anderes machen. Der traditionelle Christstollen wird bei ihm am häufigsten nachgefragt: Er ist und bleibt der Star – trotz aller Experimente beispielsweise mit Cranberrys, roten, leicht sauer schmeckenden getrockneten Beeren, oder Schokolade. Bei der Herstellung, so Rene Krause, müssen bestimmte Vorgaben beachtet werden:
„Laut Satzung des Schutzverbandes Dresdner Stollen müssen wir also mindestens 50 Prozent Butter reinmachen. Und wir haben jetzt hier laut unserem Rezept 52 Prozent drin. Und da ist noch nicht die Butter dabei, die ja dann später auf den Stollen draufkommt, sozusagen beim Buttern und beim Zuckern.“
Die Satzung, das Regelwerk, der Interessenvertretung der Stollen-Bäckereien und Konditoreien aus dem Großraum Dresden, legt fest, dass im echten Stollen nur bestimmte Zutaten in bestimmten Mengen verarbeitet werden dürfen. Zu den Grundzutaten gehören Mehl, Butter, Zitronat Zitronat (n., nur Singular) in Würfel geschnittene, mit Zucker haltbar gemachte Schale von Zitronen, die zum Backen verwendet wird , Mandeln und jede Menge Sultaninen Sultanine, -n (f.) eine helle, getrocknete Weintraube ohne Kerne – für den Bäckermeister die Königinnen unter den Rosinen. Vor der Verarbeitung werden sie allerdings noch etwas präpariert, erklärt Krause:
„Also, die sind natürlich jetzt gestern auch schon im Rum eingeweicht. Deswegen glänzen die Früchte auch so. Das sieht man hier. Wunderschön.“
Der Rum, ein hochprozentiger hochprozentig mit viel Alkohol; stark Alkohol, sorgt für den besonderen Geschmack der getrockneten Weintrauben. Nur rund 130 Bäcker und Konditoren aus und um Dresden dürfen den echten Stollen nach ihren traditionellen Rezepten backen. Diese Rezepte werden natürlich streng gehütet. In der Backstube hat Rene Krause derweil schon den neuen Teig geholt. Eineinhalb Kilo darf jeder Stollen maximal wiegen. In der Adventszeit helfen alle mit, auch die Lehrlinge. Jedes Jahr produzieren sie etwa 50.000 Christstollen. Eine Stunde im Ofen und der Stollen ist fertig. Der Chef ist mit dem Ergebnis zufrieden:
„Sehr gut. Sehr gute Stollen. Ja, man sieht also die Lockerung richtig gut. Die Stollen sind gut aufgerissen.“
Egal, wie locker locker hier: so, dass eine Masse nicht hart ist der Hefeteig geworden ist, egal, wie perfekt der Stollen aussieht: Er ist eine Kalorienbombe Kalorienbombe, -n (f.) umgangssprachlich für: Essen, das sehr viele Kalorien und Fett hat und sehr ungesund ist und liegt bei den Dickmachern ganz weit oben. Eine Scheibe hat rund 400 Kalorien. Doch für Rene Krause steht die Figur nicht im Vordergrund, sondern etwas anderes:
„Also für die Seele ist der Stollen am besten. Es ist ’n Genuss. Es ist ’n saisonaler Genuss, aber wir haben ja gesehen, was für wertvolle Zutaten reinkommen. Und ich sag’ mal, ’n Genuss ist nie immer ganz ohne Reue.“
In der Adventszeit hat Krause hunderte Bestellungen. Das Original aus Dresden liefert er auch ins Ausland. Der Stollen ist inzwischen sogar Markenbotschafter Markenbotschafter, -/Markenbotschafterin, -nen Personen oder Dinge, die Werbung für etwas machen (z. B. ein Produkt, eine Gegend) für das Bundesland Sachsen, sagt er. Den Striezelmarkt fährt an|fahren hier: Ware zu einem bestimmten Ort bringen er heute selbst an an|fahren hier: Ware zu einem bestimmten Ort bringen . Bekannte Stollenbäcker wie er verkaufen ihr Weihnachtsgebäck am eigenen Stand. Das kommt bei den Kunden gut an:
„Die Touristen, die Gäste der Stadt, die lieben das Gebäck und kommen teilweise auch deswegen hierher. Und nichts ist besser, als sozusagen auf dem Ursprungsmarkt des Dresdner Stollens seinen Stollen zu kaufen. / Ich hol das immer jedes Jahr. Die sind gut hier. Schmeckt gut! / Sehr schön. / Ja. / Freut uns. / Ja. / Das bestätigt unsere Backstube. / Ja. / Ich sag den Bäckern Bescheid. / Ja, danke schön. / Vielen Dank. / Danke.“
Zu den Urgesteinen Urgestein, -e (n.) umgangssprachlich für: jemand, der schon lange bei etwas dabei ist des Striezelmarkts gehört auch Cornelia Liebig. Seit drei Jahrzehnten betreibt sie dort ihren Glühwein Glühwein, -e (m.) ein heißer roter oder weißer Wein mit Gewürzen, der gern in der kalten Jahreszeit getrunken wird stand. Die Geschäftsfrau legt Wert auf Qualität:
„Die Leute suchen sich ja dann immer [den Stand wieder]: ‚Dort hat’s geschmeckt‘. Und die gehen ja dann auch immer zu denjenigen dann wieder hin.“
Aber nicht nur das ist wichtig für einen guten Absatz. Auch das Wetter spielt eine große Rolle. Kalt und vor allem trocken muss es sein. Liegen die Temperaturen über zehn Grad und regnet es, hält sich die Lust auf das wärmende Getränk in Grenzen. Inzwischen, so Cornelia Liebigs Erfahrung, machen auch ihre eigenen hochprozentigen Mixturen dem Glühwein Konkurrenz. Und sobald es dunkel wird, wird es eng und laut auf dem Striezelmarkt – um die Imbissstände, aber auch am Glühweinstand. In der dichtgedrängten Menge haben Taschendiebe häufig leichtes Spiel. Die Standbetreiberin sieht sich hier auch in der Verantwortung:
„Wir passen auf. Wir weisen auch die Gäste drauf hin: Tasche immer schön nach vorne [halten], Hand drauf. Nichts draußen lassen, nichts offenlassen.“
Heiligabend ist dann Schluss auf dem Striezelmarkt. Auch für Conny Liebig:
„Wir schließen 14 Uhr. Dann hat man noch zu tun, dass man hier ausräumt, es wird noch was ins Lager gebracht. Und dann 17 Uhr liegen wir auf der Couch, da gibt’s ein Gläschen Sekt, unseren Kartoffelsalat und meistens schlafen wir schon ein, weil wir kaputt sind. So sieht bei uns Weihnachten aus.“
Doch ein Weihnachten ohne Striezelmarkt können sie und Bäckermeister Rene Krause sich – trotz aller Anstrengung – nicht vorstellen.
Der Dresdner Striezelmarkt
etwas groß|schreiben — hier umgangssprachlich für: eine wichtige Rolle spielen; etwas eine besondere Bedeutung beimessen
Schwibbogen, -bögen (m.) — eine Weihnachtsdekoration aus Holz oder Metall in Form eines Bogens mit Kerzen und Figuren
Räuchermann, -männer (m.) — eine Holzfigur, in deren Innerem eine kleine kegelförmige Duftkerze abgebrannt wird; auch: Räuchermännchen
Weihnachtspyramide, -n (f.) — ein meist aus Holz bestehendes rundes Gestell, das noch oben hin immer schmaler wird, mit Kerzen, deren Wärme ein Flügelrad an der Spitze antreibt, so dass sich die Pyramide dreht
Christstollen, - (m.) — ein Kuchen, der mit Trockenfrüchten gefüllt und dick mit Puderzucker bestreut ist
Fieber (n., nur Singular) — hier umgangssprachlich für: die große Leidenschaft für etwas; die Tatsache, dass man etwas toll findet und unbedingt machen möchte
Zitronat (n., nur Singular) — in Würfel geschnittene, mit Zucker haltbar gemachte Schale von Zitronen, die zum Backen verwendet wird
Sultanine, -n (f.) — eine helle, getrocknete Weintraube ohne Kerne
hochprozentig — mit viel Alkohol; stark
locker — hier: so, dass eine Masse nicht hart ist
Kalorienbombe, -n (f.) — umgangssprachlich für: Essen, das sehr viele Kalorien und Fett hat und sehr ungesund ist
Markenbotschafter, -/Markenbotschafterin, -nen — Personen oder Dinge, die Werbung für etwas machen (z. B. ein Produkt, eine Gegend)
an|fahren — hier: Ware zu einem bestimmten Ort bringen
Urgestein, -e (n.) — umgangssprachlich für: jemand, der schon lange bei etwas dabei ist
Glühwein, -e (m.) — ein heißer roter oder weißer Wein mit Gewürzen, der gern in der kalten Jahreszeit getrunken wird