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Der bekehrte Krieger

Christina Bergmann, Washington16. September 2008

US-General Raymond Odierno wird befördert und übernimmt das Kommando im Irak. Dort hatte er sich zunächst mit rabiater Kriegführung einen zweifelhaften Ruf erkämpft - und machte danach alles anders.

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Kantig, bullig, eigen: Ray OdiernoBild: AP

Mit einem vierten Stern auf den Schulterklappen wird General Raymond T. Odierno am Dienstag (16.09.2008) in Bagdad das Kommando für die Alliierten Streitkräfte im Irak übernehmen. Sein Vorgänger, General David Petraeus, wird im Oktober Zentralkommandierender der US-Streitkräfte für den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Der Übergang von Petreaus zu Odierno wird vermutlich wenig Probleme mit sich bringen. Odierno war bis Februar 2008 Petreaus im Irak direkt unterstellt. Allerdings hat der bullige West-Point-Mann, der auch in Deutschland stationiert war, in seiner militärischen Karriere nicht immer Lorbeeren einstreichen können.

Der schlechte Ruf der 4. Infanterie

David Petraeus
Vorgänger und Vorgesetzter: David PetraeusBild: AP

Zu Beginn des Kriegs rückte Odierno, damals noch zwei-Sterne-General - mit seiner 4. Infanterie-Division im Irak ein. Im Norden des sogenannten Sunnitischen Dreiecks, in der Nähe von Tikrit, konnten seine Soldaten die Gewalt zunächst zwar schnell eindämmen – wurden aber vor allem bekannt für ihr martialisches Auftreten und ihre aggressiven Taktiken. Soldaten aus anderen US-Divisionen zeigten sich verwundert über ihre Kameraden, die auf Panzern standen und ihre Waffen auf Zivilisten richteten - kein Vorgehen, mit denen sich die Herzen der Iraker gewinnen ließen. Im Gegenteil: Militärexperten halten das Vorgehen der 4. Infanterie-Division mit dafür verantwortlich, dass viele sunnitische Iraker auf die Seite der Aufständischen geschlagen haben.

Auch die Gefangennahme des Diktators Saddam Hussein durch die 4. Infanterie-Division im Dezember 2003 konnte am Ruf der Truppe nichts ändern. Odierno kehrte 2004 aus seinem ersten Einsatz im Irak wieder zurück und wurde Assistent des Obersten Militärberaters des Präsidenten. Im gleichen Jahr verlor sein Sohn Tony im Irak durch einen Granatenanschlag einen Arm. Odierno Junior, der wie sein Vater die Militärakademie West Point besucht hatte, schied aus der Armee aus.

Beim zweiten Mal alles anders

Raymond T. Odierno
Der große Wurf? Offizier Raymond T. OdiernoBild: picture-alliance/ dpa

Bei seinem zweiten Einsatz Ende 2006 übernahm General Odierno die Verantwortung für die US-Truppen im Irak - und machte alles anders. Zu einer Zeit, als die US-Regierung massiv unter Druck stand, die Truppen zurückzuholen, forderte er Verstärkung. Der bullige Mann mit dem rasierten Kopf hatte erkannt, dass die bisherige Strategie falsch war. Mit General Petreaus bekam er dann Anfang 2007 einen Vorgesetzten, der ebenfalls eine Kehrtwende befürwortete und der die Truppenverstärkung – die sogenannte Surge - in Washington durchsetzte: "Dies ist der Mann, der im Irak war, als die Zeiten düster waren und der mit eigenen Augen gesehen hat, welche Fortschritte die Truppenverstärkung gebracht hat", sagte Präsident George W. Bush im März bei einem Treffen mit Odierno.

Odierno und Petreaus beaufsichtigten nicht nur die Truppenverstärkung. Sie erklärten den Soldaten, dass sie die Zivilbevölkerung schützen müssten und dass der Kampf gegen die Aufständischen Zeit brauche. Gemeinsam sorgten sie dafür, dass in den letzten anderthalb Jahren die Zahl der Anschläge im Irak zurückging und die Situation sich stabilisierte. Präsident Bush nannte sie ein unschlagbares Team.

Als Odierno Anfang 20008 nach Washington zurückkehrte, war er eigentlich für einen anderen Posten im Verteidigungsministerium vorgesehen. Nun tritt der General aber doch zum dritten Mal im Irak seinen Dienst an. Es wird seine Aufgabe sein, die Situation im Irak stabil zu halten und mit dem neuen Präsidenten eine Strategie zu entwickeln, wie sich die US-Truppen aus dem Irak zurückziehen können. In der Senatsanhörung vor seiner Entsendung antwortete Odierno auf die Frage, was denn das Ziel des Irakeinsatzes sei: "Der wichtigste Punkt ist eine selbständige, stabile Regierung, die innenpolitisch und international agieren kann. Dazu brauchen wir professionelle irakische Sicherheitskräfte, die ihre Aufgaben erfüllen können. Hier machen wir Fortschritte."

Nicht notwendig

Die US-Truppen, so Odierno, würden die Iraker schrittweise immer weniger bei diesen Aufgaben unterstützen und immer mehr die Rolle des Ratgebers übernehmen. Der Irak, so sagte Odierno weiter, dürfe kein Zufluchtsort für Terroristen sein, müsse international integriert sein und seiner Bevölkerung wirtschaftliche Sicherheit bieten. Wenn diese Bedingungen erfüllt seien, müsse Washington entscheiden, inwieweit das US-Militär dann noch im Irak präsent sein müsse. Er persönlich glaube nicht, dass dies notwendig sei, sagte der General.