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Frieden im Kongo keinen Schritt näher

Philipp Sandner15. März 2013

Seit Ende letzten Jahres verhandelt die Regierung der Demokratischen Republik Kongo mit den Rebellen der M23. Doch die Parteien sind zerstritten. Das geplante Friedens-Abkommen für den Ostkongo verzögert sich.

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Eine Gruppe von Menschen überqurt die Grenze von der Demokratischen Republik Kongo nach Ruanda (Foto: Reuters)
Überquerung der Grenze von der Demokratischen Republik Kongo nach RuandaBild: Reuters

Elf afrikanische Staaten haben in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba bereits Ende Februar 2013 einen Rahmenvertrag zur Demokratischen Republik Kongo (DRK) unterzeichnet - die DRK selbst war auch dabei. Gemeinsam wollen sie Frieden und Sicherheit im Kongo wiederherstellen. Insbesondere geht es dabei um Kämpfe, die seit knapp einem Jahr die ostkongolesische Provinz Nordkivu erschüttern.

Die betroffene Bevölkerung erfährt von dem komplexen Friedensprozess aber wenig. "Wir haben davon gehört, ja, aber wir wissen nicht, worum es geht", sagt etwa Lina Basenge, die letztes Jahr vor den Kämpfen im Ostkongo nach Ruanda geflohen ist. Gehen die internationalen Verhandlungen also an den wahren Problemen der Menschen vorbei? "Was bei den Verhandlungen passiert, ist vollkommen losgelöst von der Situation im Nordkivu", so Thierry Vircoulon, Kongo-Experte bei der International Crisis Group. "Die kongolesische Regierung lässt der Entwicklung im Kivu freien Lauf. Sie versucht, sich nicht die Finger zu verbrennen."

Portrait von Kongos Präsident Kabila (Foto: Reuters)
Kongos Präsident Kabila bei der Unterzeichnung des letzten Abkommens in Addis AbebaBild: Reuters

Regierung und Rebellen uneins über Verhandlungen

Nicht geladen zu den Verhandlungen in Addis Abeba waren die Rebellen der Bewegung des 23. März (M23). Dabei waren sie es, die mit ihrem meist ungehinderten Vormarsch in der ostkongolesischen Nordkivu-Provinz dafür gesorgt haben, dass der Kongo international wieder auf der Agenda steht. Mit den Rebellen verhandelt die kongolesische Regierung im Nachbarland Uganda seit Dezember 2012. Am Freitag (15.03.2013) sollten die beiden Parteien eigentlich in Ugandas Hauptstadt Kampala einen Vertrag unterzeichnen. Doch der stand unter ungünstigen Vorzeichen: So moniert die M23-Delegation in Kampala, die Verhandlungsziele seien noch nicht erreicht, da seit Anfang Februar keine Gespräche mehr stattgefunden hätten. "Die Liste ist noch nicht abgearbeitet", erklärt ein Sprecher der Delegation im Gespräch mit der DW. "Wie sollen wir etwas unterzeichnen, worüber wir nicht verhandelt haben?"

Auch die kongolesische Regierung hat Bedenken - aber aus anderen Gründen: "Wir haben unsere Arbeit abgeschlossen und warten auf einen Partner für den Vertrag", sagt der Regierungssprecher der DRK, Lambert Mende der DW. "Wir haben aber kein Gegenüber mehr, weil unsere Verhandlungspartner sich gegenseitig zerfleischen."

Karte der Grenzregion von der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Ruanda inklusive der nordkongolesischen Provinz Kivu (Grafik: DW)
Das besetzte Gebiet liegt nahe den Grenzen zu Uganda und Ruanda. UN-Experten werfen diesen Ländern Unterstützung der Rebellen vor.

Machtkämpfe zwischen den Rebellen

Tatsächlich ist es seit Ende Februar wieder zu heftigen Kämpfen gekommen im Verwaltungsgebiet Rutshuru, das noch von den Rebellen der M23 kontrolliert wird. Seit der militärische Chef der M23, Sultani Makenga, den politischen Führer der Gruppe, Jean-Marie Runiga, entmachtete, stehen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber.

Inzwischen gibt es zwei parallele Strukturen in der Organisation. Runigas Lager solidarisiert sich mit dem Rebellenführer Bosco Ntaganda. Das andere Lager sieht diesen Schulterschluss kritisch, denn gegen Ntaganda liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vor. Im Kongo kursieren nun Gerüchte, die Regierung wolle sich mit der M23-Hälfte um Makenga schnell einig werden, um gestärkt gegen die Gegenseite vorzugehen. Davon will der Regierungssprecher jedoch nichts wissen: "So lange sie sich auf ihre Waffen stützen, bleiben beide Flügel der M23 Kriminelle" sagt Lambert Mende im Gespräch mit der DW. Nach Aussagen von Beobachtern vor Ort scheint auch die ugandische Verhandlungsführung die Übersicht verloren zu haben. Pressekonferenzen wurden vertagt, ob und wie die Verhandlungen weitergehen, ist noch nicht klar.

Poratrit von M23-Führer Sultani Makenga (Foto: Simone Schlindwein)
M23-Führer Sultani Makenga hätte gerne mehr MitspracherechtBild: Simone Schlindwein

Rückkehr zur Ausgangssituation?

Ob es trotzdem zu einem Vetrag zwischen M23 und kongolesischer Regierung kommt, ist unklar. Ein Entwurf der Regierungsdelegation, der kurz vor dem Stichtag im Internet auftauchte, sieht vor, dass Kämpfer niedrigen Rangs in die nationale Armee übernommen werden. Ranghöheren würde zumindest Straffreiheit winken, auch wenn im Einzelfall anders entschieden werden könnte. "Das wäre genau die Situation, die wir vor vier Jahren hatten", sagt Vircoulon von der International Crisis Group der DW.

Am 23. März 2009 unterzeichnete die Regierung bereits einen solchen Vertrag mit der M23-Vorgängerorganisation "Nationalkongress für die Verteidigung des Volks" (CNDP). Drei Jahre später war der Frieden am Ende. Die in die Armee integrierten Kämpfer zweifelten an der Einhaltung des Abkommens und bildeten die Bewegung des 23. März, um ihre Rechte einzufordern.

Wenn Rebellen und Regierung in absehbarer Zeit tatsächlich einen Vertrag unterschrieben, böte er für beide Seiten also wenig Neues. Nach dem gescheiterten Anlauf von 2009 scheint auch niemand so richtig an einen Erfolg vier Jahre später zu glauben. Wahrscheinlicher, schätzt Kongo-Experte Vircoulon, sei, dass die Regierung auf Zeit spielt: "Das ist eine Strategie, um auf die südafrikanischen Truppen zu warten, die im Rahmen des Vertrags von Addis Abeba eingreifen sollen", sagt er der DW. Wenn die kongolesische Armee von dieser Seite Hilfe bekäme, würde sich ein Abkommen mit der M23 für sie erübrigen, so Vircoulon.

Portrait von Jean-Marie Runiga (Foto: AFP/GettyImages)
Runigas Absetzung hatte die Spaltung der Bewegung M23 zur FolgeBild: Michele Sibiloni/AFP/GettyImages