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Verbot mit Fragezeichen

Peter Philipp30. Mai 2008

Vertreter von über 100 Staaten haben sich in Dublin auf einen Text geeinigt, der die Verwendung, Herstellung, Entwicklung und den Erwerb von Streumunition verbietet. Aber die wichtigsten Herstellerländer waren abwesend.

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Bild: DW

Man kann ja im einzelnen über die Effektivität des Abkommens streiten, aber als vor 40 Jahren der Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet wurde, da hatte man dies in erster Linie den Atommächten zu verdanken, die einer Entwicklung Einhalt gebieten wollten, die immer bedrohlichere Ausmaße anzunehmen begann - bis hin zu Weltuntergangsvisionen. Wenn die Vertreter von über 100 Staaten sich jetzt am Mittwoch (28.5.2008) in der irischen Hauptstadt Dublin auf die Ächtung von Streubomben geeinigt haben, dann ist das natürlich zu begrüßen, mit der Situation vor 40 Jahren aber nicht zu vergleichen: In Dublin waren die wichtigsten Hersteller und Anwender von Streubomben - die Vereinigten Staaten, Russland, China, Israel, Indien und Pakistan - gar nicht erst vertreten und ob sie sich je einer solchen Konvention anschließen werden, steht weiterhin in den Sternen.

Todbringende Hinterlassenschaft

Peter Philipp
Peter Philipp

Aus Washington ist die Ablehnung inzwischen sogar amtlich zu hören. Man bedient sich dabei eines Arguments, das ebenso alt wie abgenützt und falsch ist: Streubomben seien zum Schutz der eigenen Truppen in Kriegsgebieten unerlässlich und deswegen könne und werde man nicht darauf verzichten. Was man von solchen Erklärungen zu halten hat, wird mehr als deutlich im Libanon demonstriert - dem jüngsten in einer langen Reihe von Fällen, wo nicht in erster Linie gegnerische Kombattanten, sondern unschuldige Zivilisten die Opfer von Streubomben sind. Und das noch Jahre nach dem Ende ihres Einsatzes.

Israel hatte rund vier Millionen Streubomben über dem Libanon abgeworfen und man schätzt, dass rund anderthalb Millionen davon als Blindgänger herumliegen und auch zwei Jahre nach dem Krieg fast 4000 Hektar zur Gefahrenzone machen: Dutzende von Zivilisten sind seit dem Krieg durch solche Bomben getötet und Hunderte verletzt worden und es dürfte Jahre dauern, bis das Land - wenn überhaupt je - von dieser todbringenden Hinterlassenschaft des Sommers 2006 gesäubert sein wird.

Gefährlich wie Landminen

Das Infame bei den Streubomben ist, das ihre großen Kanister über hundert kleine Bomben über ein weites Gebiet verstreuen und über 25 Prozent davon nicht beim Einsatz explodiert, sondern als Blindgänger in Obstgärten, Plantagen, am Wegrand oder auf Hausdächern schlummert, bis ahnungslose Zivilisten - unter ihnen oft auch Kinder - damit in Berührung kommen. Die Armeen haben sich längst zurückgezogen, die militärischen Konflikte sind oft auch schon offiziell beendet, das Sterben aber geht weiter.

Die Situation ist in etwa vergleichbar mit dem Einsatz von Landminen: Auch hier werden auf Jahre hinaus weite Landstriche unbegehbar gemacht und in erster Linie Zivilisten geschädigt. Dennoch sind die wichtigsten Hersteller und Benützer bisher nicht bereit, der "Ottawa-Konvention" beizutreten, die den Einsatz von Landminen seit 1999 verbietet. Es sind dieselben Staaten, die jetzt auch nicht nach Dublin gefahren sind. Dass sich bei den Streubomben wiederholen dürfte, was schon im Fall der Landminen geschah, ist sicher entmutigend, aber dennoch ist begrüßenswert, dass endlich ein Anfang gemacht wurde gegen solche Waffen.